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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796.

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nen Kopf hereinlocken. Der Mensch ist taub
und kann mich nicht reden hören; aber wozu
brauchen Menschen die Sprache? Sie ist unnütz
und eine seltsame Erfindung. Sie ist erfunden,
um zu lügen, nicht um die Wahrheit zu reden,
denn sonst wäre sie besser und verständlicher;
ein boshafter Lügner weiß alles damit zu ma-
chen, dem Verständigen fällt sie zur Last.

Wir leben wie Brüder bey einander und er
hat gar kluge Einfälle. Uns beiden kommt die
Welt anders vor, wie den übrigen Leuten, und
doch ist die Kunst nur so klein und einfach.

Ich halte mir auch Tauben, die ganz zahm
geworden sind und doch ihren natürlichen Muth
und Verstand behalten haben. Ich habe sehr viel
von ihnen gelernt, wenn sie manchmal so unter
sich mit dem Kopfe nickten und girrten und sich
ihre Zeichen machten, mit denen sie manchmal
über den Menschen spotten. Diese und die
Lämmer, die mit mir essen, sind die unschul-
digsten und besten Geschöpfe von der Welt, und
wenn sie Dich kennten, würden sie Dich grüßen
lassen. Es ist nur um die Reise zu thun, so
könntest du hier mit mir leben.


nen Kopf hereinlocken. Der Menſch iſt taub
und kann mich nicht reden hoͤren; aber wozu
brauchen Menſchen die Sprache? Sie iſt unnuͤtz
und eine ſeltſame Erfindung. Sie iſt erfunden,
um zu luͤgen, nicht um die Wahrheit zu reden,
denn ſonſt waͤre ſie beſſer und verſtaͤndlicher;
ein boshafter Luͤgner weiß alles damit zu ma-
chen, dem Verſtaͤndigen faͤllt ſie zur Laſt.

Wir leben wie Bruͤder bey einander und er
hat gar kluge Einfaͤlle. Uns beiden kommt die
Welt anders vor, wie den uͤbrigen Leuten, und
doch iſt die Kunſt nur ſo klein und einfach.

Ich halte mir auch Tauben, die ganz zahm
geworden ſind und doch ihren natuͤrlichen Muth
und Verſtand behalten haben. Ich habe ſehr viel
von ihnen gelernt, wenn ſie manchmal ſo unter
ſich mit dem Kopfe nickten und girrten und ſich
ihre Zeichen machten, mit denen ſie manchmal
uͤber den Menſchen ſpotten. Dieſe und die
Laͤmmer, die mit mir eſſen, ſind die unſchul-
digſten und beſten Geſchoͤpfe von der Welt, und
wenn ſie Dich kennten, wuͤrden ſie Dich gruͤßen
laſſen. Es iſt nur um die Reiſe zu thun, ſo
koͤnnteſt du hier mit mir leben.


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[349/0355] nen Kopf hereinlocken. Der Menſch iſt taub und kann mich nicht reden hoͤren; aber wozu brauchen Menſchen die Sprache? Sie iſt unnuͤtz und eine ſeltſame Erfindung. Sie iſt erfunden, um zu luͤgen, nicht um die Wahrheit zu reden, denn ſonſt waͤre ſie beſſer und verſtaͤndlicher; ein boshafter Luͤgner weiß alles damit zu ma- chen, dem Verſtaͤndigen faͤllt ſie zur Laſt. Wir leben wie Bruͤder bey einander und er hat gar kluge Einfaͤlle. Uns beiden kommt die Welt anders vor, wie den uͤbrigen Leuten, und doch iſt die Kunſt nur ſo klein und einfach. Ich halte mir auch Tauben, die ganz zahm geworden ſind und doch ihren natuͤrlichen Muth und Verſtand behalten haben. Ich habe ſehr viel von ihnen gelernt, wenn ſie manchmal ſo unter ſich mit dem Kopfe nickten und girrten und ſich ihre Zeichen machten, mit denen ſie manchmal uͤber den Menſchen ſpotten. Dieſe und die Laͤmmer, die mit mir eſſen, ſind die unſchul- digſten und beſten Geſchoͤpfe von der Welt, und wenn ſie Dich kennten, wuͤrden ſie Dich gruͤßen laſſen. Es iſt nur um die Reiſe zu thun, ſo koͤnnteſt du hier mit mir leben.

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/355>, abgerufen am 22.11.2024.