standen? Es ist jetzt in der ganzen Welt ein unglückliches Jahr, ein Mißwachs an Glück, das Unkraut, das zwar auch Blüthen hat, hat den Weitzen verdrängt, -- und keiner von den Arbeitern will es merken, und wenn einer hie und da über die herrliche Erndte die Achseln zuckt, so wird er noch obenein für einen Feld- dieb erklärt, und mit Hunden gehetzt und mit Verwünschungen verfolgt.
Ich reiste von London hieher, um ruhiger zu werden, und ich bin nun unzufriedener, als je. O Emilie, verzeihen Sie den rauhen Ton meines Briefes, verzeihen Sie den ganzen Brief, ach verzeihen Sie mir, daß ich so un- beschreiblich an Ihnen hange. --
Wir sprechen täglich von Ihnen und von Ihrem lieben Bruder, wir ersetzen uns durch häufige Erzählungen von Ihnen Ihre Gegen- wart, so gut wir es können: aber ich denke leider nur desto öfter an Sie, je mehr von Ih- nen gesprochen wird, um so mehr fühl' ich Ihre Entfernung. --
Wir pflanzen und säen im Garten, und ha- ben alle eine glückliche Hand. Meine Schwe- ster wird hier ganz zur Bäuerinn, und lebt in
Lovell. 2r Bd. S
ſtanden? Es iſt jetzt in der ganzen Welt ein ungluͤckliches Jahr, ein Mißwachs an Gluͤck, das Unkraut, das zwar auch Bluͤthen hat, hat den Weitzen verdraͤngt, — und keiner von den Arbeitern will es merken, und wenn einer hie und da uͤber die herrliche Erndte die Achſeln zuckt, ſo wird er noch obenein fuͤr einen Feld- dieb erklaͤrt, und mit Hunden gehetzt und mit Verwuͤnſchungen verfolgt.
Ich reiſte von London hieher, um ruhiger zu werden, und ich bin nun unzufriedener, als je. O Emilie, verzeihen Sie den rauhen Ton meines Briefes, verzeihen Sie den ganzen Brief, ach verzeihen Sie mir, daß ich ſo un- beſchreiblich an Ihnen hange. —
Wir ſprechen taͤglich von Ihnen und von Ihrem lieben Bruder, wir erſetzen uns durch haͤufige Erzaͤhlungen von Ihnen Ihre Gegen- wart, ſo gut wir es koͤnnen: aber ich denke leider nur deſto oͤfter an Sie, je mehr von Ih- nen geſprochen wird, um ſo mehr fuͤhl’ ich Ihre Entfernung. —
Wir pflanzen und ſaͤen im Garten, und ha- ben alle eine gluͤckliche Hand. Meine Schwe- ſter wird hier ganz zur Baͤuerinn, und lebt in
Lovell. 2r Bd. S
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ſtanden? Es iſt jetzt in der ganzen Welt ein
ungluͤckliches Jahr, ein Mißwachs an Gluͤck,
das Unkraut, das zwar auch Bluͤthen hat, hat
den Weitzen verdraͤngt, — und keiner von den
Arbeitern will es merken, und wenn einer hie
und da uͤber die herrliche Erndte die Achſeln
zuckt, ſo wird er noch obenein fuͤr einen Feld-
dieb erklaͤrt, und mit Hunden gehetzt und mit
Verwuͤnſchungen verfolgt.
Ich reiſte von London hieher, um ruhiger
zu werden, und ich bin nun unzufriedener, als
je. O Emilie, verzeihen Sie den rauhen Ton
meines Briefes, verzeihen Sie den ganzen
Brief, ach verzeihen Sie mir, daß ich ſo un-
beſchreiblich an Ihnen hange. —
Wir ſprechen taͤglich von Ihnen und von
Ihrem lieben Bruder, wir erſetzen uns durch
haͤufige Erzaͤhlungen von Ihnen Ihre Gegen-
wart, ſo gut wir es koͤnnen: aber ich denke
leider nur deſto oͤfter an Sie, je mehr von Ih-
nen geſprochen wird, um ſo mehr fuͤhl’ ich Ihre
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/279>, abgerufen am 22.11.2024.
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