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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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antraff, entbrannte sogleich eine Begierde in mir,
diese Geschicht selbst vor die Hand zu nehmen, in
möglichste Ordnung zu bringen, und hernach dem
Drucke zu überlassen, es möchte gleich einem oder
dem andern viel, wenig oder gar nichts daran ge-
legen seyn, denn mein Gewissen rieth mir, diese
Sachen nicht liederlicher Weise zu vertuschen.

Etliche Wochen hierauf, da mich das Glück
unverhofft nach Hamburg führete, gerieth ich gar
bald mit dem Herrn W. in Bekandschafft, eröff-
nete demselben also die gantze Begebenheit des
verunglückten Passagiers, wie nicht weniger, daß
mir derselbe vor seinem Ende die und die Schriff-
ten anvertrauet hätte, wurde auch alsobald von
diesem ehrlichen Manne durch allerhand Vorstal-
lungen und Persuasoria in meinem Vorhaben ge-
stärckt, anbey der Richtigkeit dieser Geschichte,
vermittelst vieler Beweißthümer, vollkommen ver-
sichert, und belehret, wie ich mich bey Edirung
derselben zu verhalten hätte.

Also siehest du, mein Leser, daß ich zu dieser
Arbeit gekommen bin, wie jener zur Maulschelle,
und merckest wohl, daß mein Gewissen von keiner
Spinnewebe gewürckt ist, indem ich eine Sache,
die man mir mit vielen Gründen als wahr und
unfabelhafft erwiesen, dennoch niemanden anders,
als solchergestalt vorlegen will, daß er darvon glau-
ben kan, wie viel ihm beliebt. Demnach wird
hoffentlich jeder mit meiner Generosite zu frieden
seyn können.

Von dem übrigen, was sonsten in Vorreden
pflegt angeführet zu werden, noch etwas weniges

zu

antraff, entbrannte ſogleich eine Begierde in mir,
dieſe Geſchicht ſelbſt vor die Hand zu nehmen, in
moͤglichſte Ordnung zu bringen, und hernach dem
Drucke zu uͤberlaſſen, es moͤchte gleich einem oder
dem andern viel, wenig oder gar nichts daran ge-
legen ſeyn, denn mein Gewiſſen rieth mir, dieſe
Sachen nicht liederlicher Weiſe zu vertuſchen.

Etliche Wochen hierauf, da mich das Gluͤck
unverhofft nach Hamburg fuͤhrete, gerieth ich gar
bald mit dem Herrn W. in Bekandſchafft, eroͤff-
nete demſelben alſo die gantze Begebenheit des
verungluͤckten Paſſagiers, wie nicht weniger, daß
mir derſelbe vor ſeinem Ende die und die Schriff-
ten anvertrauet haͤtte, wurde auch alſobald von
dieſem ehrlichen Manne durch allerhand Vorſtal-
lungen und Perſuaſoria in meinem Vorhaben ge-
ſtaͤrckt, anbey der Richtigkeit dieſer Geſchichte,
vermittelſt vieler Beweißthuͤmer, vollkommen ver-
ſichert, und belehret, wie ich mich bey Edirung
derſelben zu verhalten haͤtte.

Alſo ſieheſt du, mein Leſer, daß ich zu dieſer
Arbeit gekommen bin, wie jener zur Maulſchelle,
und merckeſt wohl, daß mein Gewiſſen von keiner
Spinnewebe gewuͤrckt iſt, indem ich eine Sache,
die man mir mit vielen Gruͤnden als wahr und
unfabelhafft erwieſen, dennoch niemanden anders,
als ſolchergeſtalt vorlegen will, daß er darvon glau-
ben kan, wie viel ihm beliebt. Demnach wird
hoffentlich jeder mit meiner Generoſité zu frieden
ſeyn koͤnnen.

Von dem uͤbrigen, was ſonſten in Vorreden
pflegt angefuͤhret zu werden, noch etwas weniges

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/9>, abgerufen am 29.03.2024.