men, und meine Personalität mit Gewalt in die Festung einsühreten. Die gantze Nacht hindurch hatte ich eine eigene Schildwacht neben mir sitzen/ welche auf meine allergeringste Movements Ach- tung gab, und niemanden, weder mit mir zu spre- chen, oder an mich zu kommen, erlaubte.
Wer solte nicht vermeinen, daß ich um der mit dem Adjutanten und den Hottentotten gehabten Händel halber in Arrest kommen wäre, ich zum wenigsten hatte mich dessen in meinem Hertzen völ- lig überredet/ jedoch an der Haupt-Ursache weit gefehlet. Denn, kurtz zu sagen, folgenden Mor- gens, in aller frühe, ließ mich unser Schiffs-Capi- tain zu sich bringen, und that mir, jedoch ohne je- mands Beyseyn, folgende Proposition: Mein lie- ber Monsieur Wolffgang! Jch weiß, daß ihr ein armer Teuffel seyd, derowegen mag euch die Be- gierde, reich zu werden, verleitet haben, einen Diebstahl zu begehen. Glaubet mir, daß ich et- was von euch halte, indem ich mehr als zu viel Commiseration und Liebe vor euch hege, allein, seyd nur auch aufrichtig, und stellet mir den Beutel mit den 100 Ducaten, so dem William van Raac verwichene Nacht entwendet worden, mit frey- müthiger Bekändtniß, in meine sichern Hände, ich schwöre bey GOtt, die Sache auf eine listige Art zu vermänteln, und euch völlig bey Ehren zu erhal- ten, weil es Schade um eure Jugend und Ge- schicklichkeit ist.
Jch hätte wegen hefftiger Alteration über diese Reden den Augenblick in Ohnmacht sincken mö- gen. Mein Gewissen war rein, indem ich mit
Wahr-
men, und meine Perſonalitaͤt mit Gewalt in die Feſtung einſuͤhreten. Die gantze Nacht hindurch hatte ich eine eigene Schildwacht neben mir ſitzen/ welche auf meine allergeringſte Movements Ach- tung gab, und niemanden, weder mit mir zu ſpre- chen, oder an mich zu kommen, erlaubte.
Wer ſolte nicht vermeinen, daß ich um der mit dem Adjutanten und den Hottentotten gehabten Haͤndel halber in Arreſt kommen waͤre, ich zum wenigſten hatte mich deſſen in meinem Hertzen voͤl- lig uͤberredet/ jedoch an der Haupt-Urſache weit gefehlet. Denn, kurtz zu ſagen, folgenden Mor- gens, in aller fruͤhe, ließ mich unſer Schiffs-Capi- tain zu ſich bringen, und that mir, jedoch ohne je- mands Beyſeyn, folgende Propoſition: Mein lie- ber Monſieur Wolffgang! Jch weiß, daß ihr ein armer Teuffel ſeyd, derowegen mag euch die Be- gierde, reich zu werden, verleitet haben, einen Diebſtahl zu begehen. Glaubet mir, daß ich et- was von euch halte, indem ich mehr als zu viel Commiſeration und Liebe vor euch hege, allein, ſeyd nur auch aufrichtig, und ſtellet mir den Beutel mit den 100 Ducaten, ſo dem William van Raac verwichene Nacht entwendet worden, mit frey- muͤthiger Bekaͤndtniß, in meine ſichern Haͤnde, ich ſchwoͤre bey GOtt, die Sache auf eine liſtige Art zu vermaͤnteln, und euch voͤllig bey Ehren zu erhal- ten, weil es Schade um eure Jugend und Ge- ſchicklichkeit iſt.
Jch haͤtte wegen hefftiger Alteration uͤber dieſe Reden den Augenblick in Ohnmacht ſincken moͤ- gen. Mein Gewiſſen war rein, indem ich mit
Wahr-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0062"n="50"/>
men, und meine <hirendition="#aq">Perſonalit</hi>aͤt mit Gewalt in die<lb/>
Feſtung einſuͤhreten. Die gantze Nacht hindurch<lb/>
hatte ich eine eigene Schildwacht neben mir ſitzen/<lb/>
welche auf meine allergeringſte <hirendition="#aq">Movements</hi> Ach-<lb/>
tung gab, und niemanden, weder mit mir zu ſpre-<lb/>
chen, oder an mich zu kommen, erlaubte.</p><lb/><p>Wer ſolte nicht vermeinen, daß ich um der mit<lb/>
dem <hirendition="#aq">Adjutant</hi>en und den <hirendition="#aq">Hottentott</hi>en gehabten<lb/>
Haͤndel halber in <hirendition="#aq">Arreſt</hi> kommen waͤre, ich zum<lb/>
wenigſten hatte mich deſſen in meinem Hertzen voͤl-<lb/>
lig uͤberredet/ jedoch an der Haupt-Urſache weit<lb/>
gefehlet. Denn, kurtz zu ſagen, folgenden Mor-<lb/>
gens, in aller fruͤhe, ließ mich unſer Schiffs-<hirendition="#aq">Capi-<lb/>
tain</hi> zu ſich bringen, und that mir, jedoch ohne je-<lb/>
mands Beyſeyn, folgende <hirendition="#aq">Propoſition:</hi> Mein lie-<lb/>
ber <hirendition="#aq">Monſieur Wolffgang!</hi> Jch weiß, daß ihr ein<lb/>
armer Teuffel ſeyd, derowegen mag euch die Be-<lb/>
gierde, reich zu werden, verleitet haben, einen<lb/>
Diebſtahl zu begehen. Glaubet mir, daß ich et-<lb/>
was von euch halte, indem ich mehr als zu viel<lb/><hirendition="#aq">Commiſeration</hi> und Liebe vor euch hege, allein,<lb/>ſeyd nur auch aufrichtig, und ſtellet mir den Beutel<lb/>
mit den 100 <hirendition="#aq">Ducat</hi>en, ſo dem <hirendition="#aq">William van Raac</hi><lb/>
verwichene Nacht entwendet worden, mit frey-<lb/>
muͤthiger Bekaͤndtniß, in meine ſichern Haͤnde, ich<lb/>ſchwoͤre bey GOtt, die Sache auf eine liſtige Art<lb/>
zu vermaͤnteln, und euch voͤllig bey Ehren zu erhal-<lb/>
ten, weil es Schade um eure Jugend und Ge-<lb/>ſchicklichkeit iſt.</p><lb/><p>Jch haͤtte wegen hefftiger <hirendition="#aq">Alteration</hi> uͤber dieſe<lb/>
Reden den Augenblick in Ohnmacht ſincken moͤ-<lb/>
gen. Mein Gewiſſen war rein, indem ich mit<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Wahr-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[50/0062]
men, und meine Perſonalitaͤt mit Gewalt in die
Feſtung einſuͤhreten. Die gantze Nacht hindurch
hatte ich eine eigene Schildwacht neben mir ſitzen/
welche auf meine allergeringſte Movements Ach-
tung gab, und niemanden, weder mit mir zu ſpre-
chen, oder an mich zu kommen, erlaubte.
Wer ſolte nicht vermeinen, daß ich um der mit
dem Adjutanten und den Hottentotten gehabten
Haͤndel halber in Arreſt kommen waͤre, ich zum
wenigſten hatte mich deſſen in meinem Hertzen voͤl-
lig uͤberredet/ jedoch an der Haupt-Urſache weit
gefehlet. Denn, kurtz zu ſagen, folgenden Mor-
gens, in aller fruͤhe, ließ mich unſer Schiffs-Capi-
tain zu ſich bringen, und that mir, jedoch ohne je-
mands Beyſeyn, folgende Propoſition: Mein lie-
ber Monſieur Wolffgang! Jch weiß, daß ihr ein
armer Teuffel ſeyd, derowegen mag euch die Be-
gierde, reich zu werden, verleitet haben, einen
Diebſtahl zu begehen. Glaubet mir, daß ich et-
was von euch halte, indem ich mehr als zu viel
Commiſeration und Liebe vor euch hege, allein,
ſeyd nur auch aufrichtig, und ſtellet mir den Beutel
mit den 100 Ducaten, ſo dem William van Raac
verwichene Nacht entwendet worden, mit frey-
muͤthiger Bekaͤndtniß, in meine ſichern Haͤnde, ich
ſchwoͤre bey GOtt, die Sache auf eine liſtige Art
zu vermaͤnteln, und euch voͤllig bey Ehren zu erhal-
ten, weil es Schade um eure Jugend und Ge-
ſchicklichkeit iſt.
Jch haͤtte wegen hefftiger Alteration uͤber dieſe
Reden den Augenblick in Ohnmacht ſincken moͤ-
gen. Mein Gewiſſen war rein, indem ich mit
Wahr-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/62>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.