Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

daselbst an. Ohne Zweiffel hatten meine zwey letz-
tern Verfolger, bey dem traurigen Verhängnisse
ihrer Vorläuffer, einen Eckel geschöpfft, mir wei-
ter nachzueilen.

So bald ich in meinem Quartiere, das ist, in ei-
ner derer Hütten, welche nicht weit vom Cap zur
Bequemlichkeit der See-Fahrenden errichtet sind,
arriviret war, kleidete ich mich aus, und gieng in
meiner Commoditee spatziren, setzte mich am Ufer
des Caffarischen Meeres zwischen etliche dick-be-
laubte Sträucher, machte meine heut erworbene
Gold-Bourse auf, und hatte mein besonderes Ver-
gnügen, die schönen gelben Pfennige zu betrachten,
indem mir aber die Liebe zu meiner charmanten
Brunette darbey in die Gedancken kam, sprach ich:
Ach du liebes Geld! wie viel schöner wärest du,
wenn ich dich nur mit ruhigen Hertzen besässe. Jch
machte meinen Beutel, nachdem ich das Geld hin-
ein, den saubern Ring aber an meine Finger ge-
steckt hatte, wieder zu, stützte den Kopff mit beyden
Händen, und sonne nach; ob ich meiner hefftigen
Liebe ferner nachhängen, und Mittel, selbige völlig
zu vergnügen, suchen, oder wegen der damit ver-
knüpfften grausamen Gefährlichkeiten gantz und
gar davon abstrahiren wolte.

Es wolte schon anfangen Nacht zu werden, da
ich mich aus meinen tieffen Gedancken zwar in et-
was ermuntert, jedoch deßwegen noch gar keinen
richtigen Schluß gefasset hatte, stund aber auf, um
in meinem Logis die Ruhe zu suchen. Jch hatte selbi-
ges noch lange nicht einmahl erreicht, da ein Offci-
er
mit 6. Mann von der Guarnison gegen mich ka-

men,
D

daſelbſt an. Ohne Zweiffel hatten meine zwey letz-
tern Verfolger, bey dem traurigen Verhaͤngniſſe
ihrer Vorlaͤuffer, einen Eckel geſchoͤpfft, mir wei-
ter nachzueilen.

So bald ich in meinem Quartiere, das iſt, in ei-
ner derer Huͤtten, welche nicht weit vom Cap zur
Bequemlichkeit der See-Fahrenden errichtet ſind,
arriviret war, kleidete ich mich aus, und gieng in
meiner Commoditeé ſpatziren, ſetzte mich am Ufer
des Caffariſchen Meeres zwiſchen etliche dick-be-
laubte Straͤucher, machte meine heut erworbene
Gold-Bourſe auf, und hatte mein beſonderes Ver-
gnuͤgen, die ſchoͤnen gelben Pfennige zu betrachten,
indem mir aber die Liebe zu meiner charmanten
Brunette darbey in die Gedancken kam, ſprach ich:
Ach du liebes Geld! wie viel ſchoͤner waͤreſt du,
wenn ich dich nur mit ruhigen Hertzen beſaͤſſe. Jch
machte meinen Beutel, nachdem ich das Geld hin-
ein, den ſaubern Ring aber an meine Finger ge-
ſteckt hatte, wieder zu, ſtuͤtzte den Kopff mit beyden
Haͤnden, und ſonne nach; ob ich meiner hefftigen
Liebe ferner nachhaͤngen, und Mittel, ſelbige voͤllig
zu vergnuͤgen, ſuchen, oder wegen der damit ver-
knuͤpfften grauſamen Gefaͤhrlichkeiten gantz und
gar davon abſtrahiren wolte.

Es wolte ſchon anfangen Nacht zu werden, da
ich mich aus meinen tieffen Gedancken zwar in et-
was ermuntert, jedoch deßwegen noch gar keinen
richtigen Schluß gefaſſet hatte, ſtund aber auf, um
in meinem Logis die Ruhe zu ſuchen. Jch hatte ſelbi-
ges noch lange nicht einmahl erreicht, da ein Offci-
er
mit 6. Mann von der Guarniſon gegen mich ka-

men,
D
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0061" n="49"/>
da&#x017F;elb&#x017F;t an. Ohne Zweiffel hatten meine zwey letz-<lb/>
tern Verfolger, bey dem traurigen Verha&#x0364;ngni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
ihrer Vorla&#x0364;uffer, einen Eckel ge&#x017F;cho&#x0364;pfft, mir wei-<lb/>
ter nachzueilen.</p><lb/>
        <p>So bald ich in meinem Quartiere, das i&#x017F;t, in ei-<lb/>
ner derer Hu&#x0364;tten, welche nicht weit vom <hi rendition="#aq">Cap</hi> zur<lb/>
Bequemlichkeit der See-Fahrenden errichtet &#x017F;ind,<lb/><hi rendition="#aq">arrivir</hi>et war, kleidete ich mich aus, und gieng in<lb/>
meiner <hi rendition="#aq">Commoditeé</hi> &#x017F;patziren, &#x017F;etzte mich am Ufer<lb/>
des <hi rendition="#aq">Caffari</hi>&#x017F;chen Meeres zwi&#x017F;chen etliche dick-be-<lb/>
laubte Stra&#x0364;ucher, machte meine heut erworbene<lb/>
Gold-<hi rendition="#aq">Bour&#x017F;e</hi> auf, und hatte mein be&#x017F;onderes Ver-<lb/>
gnu&#x0364;gen, die &#x017F;cho&#x0364;nen gelben Pfennige zu betrachten,<lb/>
indem mir aber die Liebe zu meiner <hi rendition="#aq">charmant</hi>en<lb/><hi rendition="#aq">Brunette</hi> darbey in die Gedancken kam, &#x017F;prach ich:<lb/>
Ach du liebes Geld! wie viel &#x017F;cho&#x0364;ner wa&#x0364;re&#x017F;t du,<lb/>
wenn ich dich nur mit ruhigen Hertzen be&#x017F;a&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Jch<lb/>
machte meinen Beutel, nachdem ich das Geld hin-<lb/>
ein, den &#x017F;aubern Ring aber an meine Finger ge-<lb/>
&#x017F;teckt hatte, wieder zu, &#x017F;tu&#x0364;tzte den Kopff mit beyden<lb/>
Ha&#x0364;nden, und &#x017F;onne nach; ob ich meiner hefftigen<lb/>
Liebe ferner nachha&#x0364;ngen, und Mittel, &#x017F;elbige vo&#x0364;llig<lb/>
zu vergnu&#x0364;gen, &#x017F;uchen, oder wegen der damit ver-<lb/>
knu&#x0364;pfften grau&#x017F;amen Gefa&#x0364;hrlichkeiten gantz und<lb/>
gar davon <hi rendition="#aq">ab&#x017F;trahir</hi>en wolte.</p><lb/>
        <p>Es wolte &#x017F;chon anfangen Nacht zu werden, da<lb/>
ich mich aus meinen tieffen Gedancken zwar in et-<lb/>
was ermuntert, jedoch deßwegen noch gar keinen<lb/>
richtigen Schluß gefa&#x017F;&#x017F;et hatte, &#x017F;tund aber auf, um<lb/>
in meinem <hi rendition="#aq">Logis</hi> die Ruhe zu &#x017F;uchen. Jch hatte &#x017F;elbi-<lb/>
ges noch lange nicht einmahl erreicht, da ein <hi rendition="#aq">Offci-<lb/>
er</hi> mit 6. Mann von der <hi rendition="#aq">Guarni&#x017F;on</hi> gegen mich ka-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D</fw><fw place="bottom" type="catch">men,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[49/0061] daſelbſt an. Ohne Zweiffel hatten meine zwey letz- tern Verfolger, bey dem traurigen Verhaͤngniſſe ihrer Vorlaͤuffer, einen Eckel geſchoͤpfft, mir wei- ter nachzueilen. So bald ich in meinem Quartiere, das iſt, in ei- ner derer Huͤtten, welche nicht weit vom Cap zur Bequemlichkeit der See-Fahrenden errichtet ſind, arriviret war, kleidete ich mich aus, und gieng in meiner Commoditeé ſpatziren, ſetzte mich am Ufer des Caffariſchen Meeres zwiſchen etliche dick-be- laubte Straͤucher, machte meine heut erworbene Gold-Bourſe auf, und hatte mein beſonderes Ver- gnuͤgen, die ſchoͤnen gelben Pfennige zu betrachten, indem mir aber die Liebe zu meiner charmanten Brunette darbey in die Gedancken kam, ſprach ich: Ach du liebes Geld! wie viel ſchoͤner waͤreſt du, wenn ich dich nur mit ruhigen Hertzen beſaͤſſe. Jch machte meinen Beutel, nachdem ich das Geld hin- ein, den ſaubern Ring aber an meine Finger ge- ſteckt hatte, wieder zu, ſtuͤtzte den Kopff mit beyden Haͤnden, und ſonne nach; ob ich meiner hefftigen Liebe ferner nachhaͤngen, und Mittel, ſelbige voͤllig zu vergnuͤgen, ſuchen, oder wegen der damit ver- knuͤpfften grauſamen Gefaͤhrlichkeiten gantz und gar davon abſtrahiren wolte. Es wolte ſchon anfangen Nacht zu werden, da ich mich aus meinen tieffen Gedancken zwar in et- was ermuntert, jedoch deßwegen noch gar keinen richtigen Schluß gefaſſet hatte, ſtund aber auf, um in meinem Logis die Ruhe zu ſuchen. Jch hatte ſelbi- ges noch lange nicht einmahl erreicht, da ein Offci- er mit 6. Mann von der Guarniſon gegen mich ka- men, D

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/61
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/61>, abgerufen am 06.05.2024.