erschoß, und selbiges in eine Stein-Klufft werffen ließ, die beyden Viehisch-Menschlichen Cörper aber begrub ich vor der Hütte, zerstörete dieselbe, und nahm die nützlichsten Sachen daraus mit zurück in unsere Haußhaltung. Dieses geschahe in der Wein- lese-Zeit im Jahre 1527.
Von nun an führete ich mit meinen beyden ge- treuen christlichen Jndianern die allerordentlichste Lebens-Art, denn wir beteten täglich etliche Stun- den mit einander, die übrige Zeit aber wurde theils mit nöthigen Verrichtungen, theils aber in ver- gnügter Nuhe zugebracht. Jch merckte an keinen von beyden, daß sie sonderliche Lust hätten, wie- derum zu andern Menschen zu gelangen, und noch vielweniger war eine Begierde zum Frauen-Volck an ihnen zu spüren, sondern sie lebten in ihrer guten Einfalt schlecht und gerecht. Jch vor meine Per- sohn empfand in meinem Hertzen den allergrösten Eckel an der Vermischung mit dem Weiblichen Geschlechte, und weil mir ausserdem der Appetit zu aller weltlichen Ehre, Würde, und den darmit verknüpfften Lustbarkeiten vergangen war, so fas- sete den gäntzlichen Schluß, daß, wenn mich ja der Höchste von dieser Jnsul hinweg, und etwa an an- [de]re christliche Oerter führen würde, daselbst zu sei- nen Ehren, vermittelst meiner kostbaren Schätze, ein Closter aufzubauen, und darinnen meine Lebens- Zeit in lauter GOttes-Furcht zuzubringen.
Jm Jahr Christi 1538. starb auch der ehrliche ge- tauffte Christ, PetrusGutmann, welchen ich nebst dem Christiano hertzlich bewe[eine]te, und ihn
aufs
erſchoß, und ſelbiges in eine Stein-Klufft werffen ließ, die beyden Viehiſch-Menſchlichen Coͤrper aber begrub ich vor der Huͤtte, zerſtoͤrete dieſelbe, und nahm die nuͤtzlichſten Sachen daraus mit zuruͤck in unſere Haußhaltung. Dieſes geſchahe in der Wein- leſe-Zeit im Jahre 1527.
Von nun an fuͤhrete ich mit meinen beyden ge- treuen chriſtlichen Jndianern die allerordentlichſte Lebens-Art, denn wir beteten taͤglich etliche Stun- den mit einander, die uͤbrige Zeit aber wurde theils mit noͤthigen Verrichtungen, theils aber in ver- gnuͤgter Nuhe zugebracht. Jch merckte an keinen von beyden, daß ſie ſonderliche Luſt haͤtten, wie- derum zu andern Menſchen zu gelangen, und noch vielweniger war eine Begierde zum Frauen-Volck an ihnen zu ſpuͤren, ſondern ſie lebten in ihrer guten Einfalt ſchlecht und gerecht. Jch vor meine Per- ſohn empfand in meinem Hertzen den allergroͤſten Eckel an der Vermiſchung mit dem Weiblichen Geſchlechte, und weil mir auſſerdem der Appetit zu aller weltlichen Ehre, Wuͤrde, und den darmit verknuͤpfften Luſtbarkeiten vergangen war, ſo faſ- ſete den gaͤntzlichen Schluß, daß, wenn mich ja der Hoͤchſte von dieſer Jnſul hinweg, und etwa an an- [de]re chriſtliche Oerter fuͤhren wuͤrde, daſelbſt zu ſei- nen Ehren, vermittelſt meiner koſtbaren Schaͤtze, ein Cloſter aufzubauen, und darinnen meine Lebens- Zeit in lauter GOttes-Furcht zuzubringen.
Jm Jahr Chriſti 1538. ſtarb auch der ehrliche ge- tauffte Chriſt, PetrusGutmann, welchen ich nebſt dem Chriſtiano hertzlich bewe[eine]te, und ihn
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erſchoß, und ſelbiges in eine Stein-Klufft werffen
ließ, die beyden Viehiſch-Menſchlichen Coͤrper aber
begrub ich vor der Huͤtte, zerſtoͤrete dieſelbe, und
nahm die nuͤtzlichſten Sachen daraus mit zuruͤck in
unſere Haußhaltung. Dieſes geſchahe in der Wein-
leſe-Zeit im Jahre 1527.
Von nun an fuͤhrete ich mit meinen beyden ge-
treuen chriſtlichen Jndianern die allerordentlichſte
Lebens-Art, denn wir beteten taͤglich etliche Stun-
den mit einander, die uͤbrige Zeit aber wurde theils
mit noͤthigen Verrichtungen, theils aber in ver-
gnuͤgter Nuhe zugebracht. Jch merckte an keinen
von beyden, daß ſie ſonderliche Luſt haͤtten, wie-
derum zu andern Menſchen zu gelangen, und noch
vielweniger war eine Begierde zum Frauen-Volck
an ihnen zu ſpuͤren, ſondern ſie lebten in ihrer guten
Einfalt ſchlecht und gerecht. Jch vor meine Per-
ſohn empfand in meinem Hertzen den allergroͤſten
Eckel an der Vermiſchung mit dem Weiblichen
Geſchlechte, und weil mir auſſerdem der Appetit
zu aller weltlichen Ehre, Wuͤrde, und den darmit
verknuͤpfften Luſtbarkeiten vergangen war, ſo faſ-
ſete den gaͤntzlichen Schluß, daß, wenn mich ja der
Hoͤchſte von dieſer Jnſul hinweg, und etwa an an-
dere chriſtliche Oerter fuͤhren wuͤrde, daſelbſt zu ſei-
nen Ehren, vermittelſt meiner koſtbaren Schaͤtze,
ein Cloſter aufzubauen, und darinnen meine Lebens-
Zeit in lauter GOttes-Furcht zuzubringen.
Jm Jahr Chriſti 1538. ſtarb auch der ehrliche ge-
tauffte Chriſt, Petrus Gutmann, welchen ich
nebſt dem Chriſtiano hertzlich beweeinete, und ihn
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 602. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/616>, abgerufen am 24.11.2024.
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