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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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stilien Gnade oder Ungnade gar nichts bekümmer-
ten, nächst diesen möchten sie zwar gern das Vergnü-
gen haben in ihrem Lande mit frembden Vöickern
umzugehen, und denenselben ihre überflüßigen Reich-
thümer zuzuwenden, doch müsten sich selbige freund-
lich, fromm und tugendhafft aufführen. Da aber
die Spanier seit ihrer ersten Ankunfft etliche Jahre
daher nichts als Tyranney, Geitz, Morden, Blut-
vergiessen, rauben, stehlen, sängen und brennen, nebst
andern schändlichen Lastern von sich spüren lassen,
nähmen sie sich ein billiges Bedencken, dergleichen
verdächtiges Christenthum, Sitten und Gebräuche
anzunehmen. Demnach möchten wir nur alsofort
zurücke kehren und ihre Gräntzen verlassen, widri-
genfalls sie sich genöthiget sähen ihre Waffen zu er-
greiffen, und uns mit Gewalt von dannen zu treiben.

Jch vor meine Person wuste diesen sehr ver-
nunfftmäßigen Entschluß nicht im geringsten zu ta-
deln, zumahlen da die gottlose und unchristiliche Auf-
führung meiner Lands-Leute mehr als zu bekannt
worden. Dem ohngeacht ließ der Gouverneur al-
sobald sein Kriegs-Volck an Land steigen, fieng aller
Orten zu sängen, zu brennen, todt zu schlagen und zu
verfolgen an, verschonete auch weder Jung noch Alt,
Reich noch Arm, Männ- oder Weibliches Geschlech-
te, sondern es muste alles ohne Unterscheid seiner Ty-
ranney herhalten.

Meine Hände hüteten sich so viel als möglich
war, dieses unschuldige Blut vergiessen zu helffen,
ja ich beklagte von Grunde meiner Seelen, daß mich
ein unglückliches Verhängniß eben in dieses jam-

mer-
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ſtilien Gnade oder Ungnade gar nichts bekuͤmmer-
ten, naͤchſt dieſen moͤchten ſie zwar gern das Vergnuͤ-
gen haben in ihrem Lande mit frembden Voͤickern
umzugehen, und denenſelben ihre uͤberfluͤßigen Reich-
thuͤmer zuzuwenden, doch muͤſten ſich ſelbige freund-
lich, fromm und tugendhafft auffuͤhren. Da aber
die Spanier ſeit ihrer erſten Ankunfft etliche Jahre
daher nichts als Tyranney, Geitz, Morden, Blut-
vergieſſen, rauben, ſtehlen, ſaͤngen und brennen, nebſt
andern ſchaͤndlichen Laſtern von ſich ſpuͤren laſſen,
naͤhmen ſie ſich ein billiges Bedencken, dergleichen
verdaͤchtiges Chriſtenthum, Sitten und Gebraͤuche
anzunehmen. Demnach moͤchten wir nur alſofort
zuruͤcke kehren und ihre Graͤntzen verlaſſen, widri-
genfalls ſie ſich genoͤthiget ſaͤhen ihre Waffen zu er-
greiffen, und uns mit Gewalt von dannen zu treiben.

Jch vor meine Perſon wuſte dieſen ſehr ver-
nunfftmaͤßigen Entſchluß nicht im geringſten zu ta-
deln, zumahlen da die gottloſe und unchriſtiliche Auf-
fuͤhrung meiner Lands-Leute mehr als zu bekannt
worden. Dem ohngeacht ließ der Gouverneur al-
ſobald ſein Kriegs-Volck an Land ſteigen, fieng aller
Orten zu ſaͤngen, zu brennen, todt zu ſchlagen und zu
verfolgen an, verſchonete auch weder Jung noch Alt,
Reich noch Arm, Maͤnn- oder Weibliches Geſchlech-
te, ſondern es muſte alles ohne Unterſcheid ſeiner Ty-
ranney herhalten.

Meine Haͤnde huͤteten ſich ſo viel als moͤglich
war, dieſes unſchuldige Blut vergieſſen zu helffen,
ja ich beklagte von Grunde meiner Seelen, daß mich
ein ungluͤckliches Verhaͤngniß eben in dieſes jam-

mer-
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[549/0563] ſtilien Gnade oder Ungnade gar nichts bekuͤmmer- ten, naͤchſt dieſen moͤchten ſie zwar gern das Vergnuͤ- gen haben in ihrem Lande mit frembden Voͤickern umzugehen, und denenſelben ihre uͤberfluͤßigen Reich- thuͤmer zuzuwenden, doch muͤſten ſich ſelbige freund- lich, fromm und tugendhafft auffuͤhren. Da aber die Spanier ſeit ihrer erſten Ankunfft etliche Jahre daher nichts als Tyranney, Geitz, Morden, Blut- vergieſſen, rauben, ſtehlen, ſaͤngen und brennen, nebſt andern ſchaͤndlichen Laſtern von ſich ſpuͤren laſſen, naͤhmen ſie ſich ein billiges Bedencken, dergleichen verdaͤchtiges Chriſtenthum, Sitten und Gebraͤuche anzunehmen. Demnach moͤchten wir nur alſofort zuruͤcke kehren und ihre Graͤntzen verlaſſen, widri- genfalls ſie ſich genoͤthiget ſaͤhen ihre Waffen zu er- greiffen, und uns mit Gewalt von dannen zu treiben. Jch vor meine Perſon wuſte dieſen ſehr ver- nunfftmaͤßigen Entſchluß nicht im geringſten zu ta- deln, zumahlen da die gottloſe und unchriſtiliche Auf- fuͤhrung meiner Lands-Leute mehr als zu bekannt worden. Dem ohngeacht ließ der Gouverneur al- ſobald ſein Kriegs-Volck an Land ſteigen, fieng aller Orten zu ſaͤngen, zu brennen, todt zu ſchlagen und zu verfolgen an, verſchonete auch weder Jung noch Alt, Reich noch Arm, Maͤnn- oder Weibliches Geſchlech- te, ſondern es muſte alles ohne Unterſcheid ſeiner Ty- ranney herhalten. Meine Haͤnde huͤteten ſich ſo viel als moͤglich war, dieſes unſchuldige Blut vergieſſen zu helffen, ja ich beklagte von Grunde meiner Seelen, daß mich ein ungluͤckliches Verhaͤngniß eben in dieſes jam- mer- M m 3

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 549. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/563>, abgerufen am 22.11.2024.