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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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Mein Vetter,

EShat mir ein vertrauter Freund vom
Hofe in geheim gesteckt, daß sich entsetz-
liche Geschichte auf eutem Schlosse begeben
hätten, worüber jederman, der es hörete, er-
staunen müste. Jhr habt starcke Feinde, die
dem, euch ohne dieses schon ungnädigen Kö-
nige, solche Sache noch heute Abends vor-
tragen und den Befehl auswürcken werden,
daß der Königl. Blut-Richter nebst seinen
und des Heil.
Officii Bedienten, vermuthlich
noch Morgen vor Mittags bey euch einspre-
chen müssen. Derowegen bedencket euer
Bestes, machet euch bey Zeiten aus dem
Staube, und glaubet sicherlich, daß man, ihr
möget auch recht oder unrecht haben, den-
noch euer Guth und Blut aussaugen wird.
Reiset glücklich, führet eure Sachen in besse-
rer Sicherheit aus, und wisset, daß ich be-
ständig sey

euer getreuer Freund
Don Alphonso de Cordua.

Nunmehro wolte es Kunst heissen, in meinem
verwirrten Angelegenheiten einen vortheilhafften
Schluß zu fassen, jedoch da alle Augenbliche kostba-
rer zu werden schienen, kam mir endlich meines ge-
treuen Vetters Rath am vernünftigsten vor, zu-
mahlen da mein Bruder denselben gleichfalls bil-
ligte: Also nahm ich einen eintzigen getreuen Die-
ner zum Gefährden, ließ zwey der besten Pferde
satteln, und so viel Geld und Kleinodien darauf pa-

cken,
Mein Vetter,

EShat mir ein vertrauter Freund vom
Hofe in geheim geſteckt, daß ſich entſetz-
liche Geſchichte auf eutem Schloſſe begeben
haͤtten, woruͤber jederman, der es hoͤrete, er-
ſtaunen muͤſte. Jhr habt ſtarcke Feinde, die
dem, euch ohne dieſes ſchon ungnaͤdigen Koͤ-
nige, ſolche Sache noch heute Abends vor-
tragen und den Befehl auswuͤrcken werden,
daß der Koͤnigl. Blut-Richter nebſt ſeinen
und des Heil.
Officii Bedienten, vermuthlich
noch Morgen vor Mittags bey euch einſpre-
chen muͤſſen. Derowegen bedencket euer
Beſtes, machet euch bey Zeiten aus dem
Staube, und glaubet ſicherlich, daß man, ihr
moͤget auch recht oder unrecht haben, den-
noch euer Guth und Blut ausſaugen wird.
Reiſet gluͤcklich, fuͤhret eure Sachen in beſſe-
rer Sicherheit aus, und wiſſet, daß ich be-
ſtaͤndig ſey

euer getreuer Freund
Don Alphonſo de Cordua.

Nunmehro wolte es Kunſt heiſſen, in meinem
verwirrten Angelegenheiten einen vortheilhafften
Schluß zu faſſen, jedoch da alle Augenbliche koſtba-
rer zu werden ſchienen, kam mir endlich meines ge-
treuen Vetters Rath am vernuͤnftigſten vor, zu-
mahlen da mein Bruder denſelben gleichfalls bil-
ligte: Alſo nahm ich einen eintzigen getreuen Die-
ner zum Gefaͤhrden, ließ zwey der beſten Pferde
ſatteln, und ſo viel Geld und Kleinodien darauf pa-

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[544/0558] Mein Vetter, EShat mir ein vertrauter Freund vom Hofe in geheim geſteckt, daß ſich entſetz- liche Geſchichte auf eutem Schloſſe begeben haͤtten, woruͤber jederman, der es hoͤrete, er- ſtaunen muͤſte. Jhr habt ſtarcke Feinde, die dem, euch ohne dieſes ſchon ungnaͤdigen Koͤ- nige, ſolche Sache noch heute Abends vor- tragen und den Befehl auswuͤrcken werden, daß der Koͤnigl. Blut-Richter nebſt ſeinen und des Heil. Officii Bedienten, vermuthlich noch Morgen vor Mittags bey euch einſpre- chen muͤſſen. Derowegen bedencket euer Beſtes, machet euch bey Zeiten aus dem Staube, und glaubet ſicherlich, daß man, ihr moͤget auch recht oder unrecht haben, den- noch euer Guth und Blut ausſaugen wird. Reiſet gluͤcklich, fuͤhret eure Sachen in beſſe- rer Sicherheit aus, und wiſſet, daß ich be- ſtaͤndig ſey euer getreuer Freund Don Alphonſo de Cordua. Nunmehro wolte es Kunſt heiſſen, in meinem verwirrten Angelegenheiten einen vortheilhafften Schluß zu faſſen, jedoch da alle Augenbliche koſtba- rer zu werden ſchienen, kam mir endlich meines ge- treuen Vetters Rath am vernuͤnftigſten vor, zu- mahlen da mein Bruder denſelben gleichfalls bil- ligte: Alſo nahm ich einen eintzigen getreuen Die- ner zum Gefaͤhrden, ließ zwey der beſten Pferde ſatteln, und ſo viel Geld und Kleinodien darauf pa- cken,

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 544. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/558>, abgerufen am 19.05.2024.