Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

solches so gleich merckte, sagte: Mein Schatz, ich
verlange nicht ohne Ursache, diesen übel-berüch-
tigten Edelmann einmahl zu besuchen, um welchen
es schade ist, daß er in so offenbahrer Schande und
Lastern lebt, vielleicht aber können wir ihn durch
treuhertzige Zuredungen auf andere Wege leiten, u.
dahin dereden, daß er sich eine Gemahlin aussu-
chet, mithin den Lastern absaget. Jhr habt recht,
gab ich zur Antwort, ja ich glaube, daß niemand
auf der Welt, als ihr, geschickter seyn wird, die-
sen Cavalier zu bekehren, von dessen Ledens-Art,
ausser der schändlichen Geilheit, ich sonst sehr viel
halte, besinnet euch derowegen auf gute Vermah-
nungen, ich will indessen meine nöthigsten Ge-
schäfte besorgen, und so dann gleich Anstalt zu un-
serer Reise machen lassen. Hierauf ließ ich den
Kercker-Meister zu mir kommen, und erkaufte ihn
mit 200. Cronen, wegen des Briefs und Apollo-
ni
ens weitern Geschichten, zum äusersten Still-
schweigen, welches er mit einem theuren Eyde
angelobte. Mit dem Pater Laurentio, der mein
Beicht-Vater und Pfarrer war, wurde durch
Geld alles geschlichtet, was des todten Cörpers
halber zu veranstalten war. Nach diesen befahl
meinem allergetreusten Leib-Diener, daß er bin-
nen der Zeit unserer Abwesenheit eine kleine schmale
Thür aus einem Neben-Zimmer in dasjenige Ge-
mach durchbrechen, und mit Bretern wohl ver-
wahren solte, allwo die Beata nebst ihrer Tochter
von meiner Gemahlin gewöhnlich verborgen ge-
halten wurde, und zwar solchergestalt, daß nie-
mand von dem andern Gefinde etwas davon er-

führe,

ſolches ſo gleich merckte, ſagte: Mein Schatz, ich
verlange nicht ohne Urſache, dieſen uͤbel-beruͤch-
tigten Edelmann einmahl zu beſuchen, um welchen
es ſchade iſt, daß er in ſo offenbahrer Schande und
Laſtern lebt, vielleicht aber koͤnnen wir ihn durch
treuhertzige Zuredungen auf andere Wege leiten, u.
dahin dereden, daß er ſich eine Gemahlin ausſu-
chet, mithin den Laſtern abſaget. Jhr habt recht,
gab ich zur Antwort, ja ich glaube, daß niemand
auf der Welt, als ihr, geſchickter ſeyn wird, die-
ſen Cavalier zu bekehren, von deſſen Ledens-Art,
auſſer der ſchaͤndlichen Geilheit, ich ſonſt ſehr viel
halte, beſinnet euch derowegen auf gute Vermah-
nungen, ich will indeſſen meine noͤthigſten Ge-
ſchaͤfte beſorgen, und ſo dann gleich Anſtalt zu un-
ſerer Reiſe machen laſſen. Hierauf ließ ich den
Kercker-Meiſter zu mir kommen, und erkaufte ihn
mit 200. Cronen, wegen des Briefs und Apollo-
ni
ens weitern Geſchichten, zum aͤuſerſten Still-
ſchweigen, welches er mit einem theuren Eyde
angelobte. Mit dem Pater Laurentio, der mein
Beicht-Vater und Pfarrer war, wurde durch
Geld alles geſchlichtet, was des todten Coͤrpers
halber zu veranſtalten war. Nach dieſen befahl
meinem allergetreuſten Leib-Diener, daß er bin-
nen der Zeit unſerer Abweſenheit eine kleine ſchmale
Thuͤr aus einem Neben-Zimmer in dasjenige Ge-
mach durchbrechen, und mit Bretern wohl ver-
wahren ſolte, allwo die Beata nebſt ihrer Tochter
von meiner Gemahlin gewoͤhnlich verborgen ge-
halten wurde, und zwar ſolchergeſtalt, daß nie-
mand von dem andern Gefinde etwas davon er-

fuͤhre,
<TEI>
  <text>
    <back>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0548" n="534"/>
&#x017F;olches &#x017F;o gleich merckte, &#x017F;agte: Mein Schatz, ich<lb/>
verlange nicht ohne Ur&#x017F;ache, die&#x017F;en u&#x0364;bel-beru&#x0364;ch-<lb/>
tigten Edelmann einmahl zu be&#x017F;uchen, um welchen<lb/>
es &#x017F;chade i&#x017F;t, daß er in &#x017F;o offenbahrer Schande und<lb/>
La&#x017F;tern lebt, vielleicht aber ko&#x0364;nnen wir ihn durch<lb/>
treuhertzige Zuredungen auf andere Wege leiten, u.<lb/>
dahin dereden, daß er &#x017F;ich eine Gemahlin aus&#x017F;u-<lb/>
chet, mithin den La&#x017F;tern ab&#x017F;aget. Jhr habt recht,<lb/>
gab ich zur Antwort, ja ich glaube, daß niemand<lb/>
auf der Welt, als ihr, ge&#x017F;chickter &#x017F;eyn wird, die-<lb/>
&#x017F;en <hi rendition="#aq">Cavalier</hi> zu bekehren, von de&#x017F;&#x017F;en Ledens-Art,<lb/>
au&#x017F;&#x017F;er der &#x017F;cha&#x0364;ndlichen Geilheit, ich &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;ehr viel<lb/>
halte, be&#x017F;innet euch derowegen auf gute Vermah-<lb/>
nungen, ich will inde&#x017F;&#x017F;en meine no&#x0364;thig&#x017F;ten Ge-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;fte be&#x017F;orgen, und &#x017F;o dann gleich An&#x017F;talt zu un-<lb/>
&#x017F;erer Rei&#x017F;e machen la&#x017F;&#x017F;en. Hierauf ließ ich den<lb/>
Kercker-Mei&#x017F;ter zu mir kommen, und erkaufte ihn<lb/>
mit 200. Cronen, wegen des Briefs und <hi rendition="#aq">Apollo-<lb/>
ni</hi>ens weitern Ge&#x017F;chichten, zum a&#x0364;u&#x017F;er&#x017F;ten Still-<lb/>
&#x017F;chweigen, welches er mit einem theuren Eyde<lb/>
angelobte. Mit dem <hi rendition="#aq">Pater Laurentio,</hi> der mein<lb/>
Beicht-Vater und Pfarrer war, wurde durch<lb/>
Geld alles ge&#x017F;chlichtet, was des todten Co&#x0364;rpers<lb/>
halber zu veran&#x017F;talten war. Nach die&#x017F;en befahl<lb/>
meinem allergetreu&#x017F;ten Leib-Diener, daß er bin-<lb/>
nen der Zeit un&#x017F;erer Abwe&#x017F;enheit eine kleine &#x017F;chmale<lb/>
Thu&#x0364;r aus einem Neben-Zimmer in dasjenige Ge-<lb/>
mach durchbrechen, und mit Bretern wohl ver-<lb/>
wahren &#x017F;olte, allwo die <hi rendition="#aq">Beata</hi> neb&#x017F;t ihrer Tochter<lb/>
von meiner Gemahlin gewo&#x0364;hnlich verborgen ge-<lb/>
halten wurde, und zwar &#x017F;olcherge&#x017F;talt, daß nie-<lb/>
mand von dem andern Gefinde etwas davon er-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">fu&#x0364;hre,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </back>
  </text>
</TEI>
[534/0548] ſolches ſo gleich merckte, ſagte: Mein Schatz, ich verlange nicht ohne Urſache, dieſen uͤbel-beruͤch- tigten Edelmann einmahl zu beſuchen, um welchen es ſchade iſt, daß er in ſo offenbahrer Schande und Laſtern lebt, vielleicht aber koͤnnen wir ihn durch treuhertzige Zuredungen auf andere Wege leiten, u. dahin dereden, daß er ſich eine Gemahlin ausſu- chet, mithin den Laſtern abſaget. Jhr habt recht, gab ich zur Antwort, ja ich glaube, daß niemand auf der Welt, als ihr, geſchickter ſeyn wird, die- ſen Cavalier zu bekehren, von deſſen Ledens-Art, auſſer der ſchaͤndlichen Geilheit, ich ſonſt ſehr viel halte, beſinnet euch derowegen auf gute Vermah- nungen, ich will indeſſen meine noͤthigſten Ge- ſchaͤfte beſorgen, und ſo dann gleich Anſtalt zu un- ſerer Reiſe machen laſſen. Hierauf ließ ich den Kercker-Meiſter zu mir kommen, und erkaufte ihn mit 200. Cronen, wegen des Briefs und Apollo- niens weitern Geſchichten, zum aͤuſerſten Still- ſchweigen, welches er mit einem theuren Eyde angelobte. Mit dem Pater Laurentio, der mein Beicht-Vater und Pfarrer war, wurde durch Geld alles geſchlichtet, was des todten Coͤrpers halber zu veranſtalten war. Nach dieſen befahl meinem allergetreuſten Leib-Diener, daß er bin- nen der Zeit unſerer Abweſenheit eine kleine ſchmale Thuͤr aus einem Neben-Zimmer in dasjenige Ge- mach durchbrechen, und mit Bretern wohl ver- wahren ſolte, allwo die Beata nebſt ihrer Tochter von meiner Gemahlin gewoͤhnlich verborgen ge- halten wurde, und zwar ſolchergeſtalt, daß nie- mand von dem andern Gefinde etwas davon er- fuͤhre,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/548
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 534. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/548>, abgerufen am 25.11.2024.