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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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Diensts und Ehre wegen vorgenommen sey, nicht
unglücklich werden lassen. Derowegen wurden Da-
vid
und die andern Stamm-Väter zu Rathe gezo-
gen, und endlich beschlossen wir ingesammt, unser leich-
tes Schiff in guten Stand zu setzen, auf welchen
mich David nebst 30. Mann biß auf die Jnsul St.
Helenae
bringen, daselbst aussetzen, und nachhero
mit seiner Mannschafft so gleich wieder zurück auf
Felsenburg seegeln solten.

Mittlerweile, da fast alle starcke Leute keine Zeit
noch Mühe spareten, das Schiff nach meinem An-
geben auszubessern, und Seegel-fertig zu machen,
nahm ich alle Abend Gelegenheit, mich mit der schö-
nen Sophie in Gesprächen zu vergnügen, auch endlich
die Kühnheit, derselben mein Hertz anzubieten, weil
nun der liebe Alt-Vater allbereit die Bahne vor
mich gebrochen hatte, konte mein verliebtes Ansin-
nen um desto weniger unglücklich seyn, sondern, kurtz
zu sagen, wir vertauschten bey einem öffentlichen
Verlöbnisse unsere Hertzen mit solcher Zärtlichkeit,
die mir auszusprechen unmöglich ist, und verschoben
die Vollziehung dieses ehelichen Bündnisses biß auf
meine, in der Hoffnung, glückliche Zurück kunfft.

Gegen Michaelis-Tag des verwichenen 1724ten
Jahres wurden wir also mit Ausrüstung unseres
Schiffs, welches ich die Taube benennete, und dem-
selben Holländische Flaggen aufsteckte, vollkom-
men fertig, es war bereits mit Proviant | und allem
andern wohl versehen, der gute alte David Julius,
der jedoch an Leibes-und Gemüths-Kräfften es
noch manchen jungen Manne zuvor that/ hielt sich

mit

Dienſts und Ehre wegen vorgenommen ſey, nicht
ungluͤcklich werden laſſen. Derowegen wurden Da-
vid
und die andern Stamm-Vaͤter zu Rathe gezo-
gen, und endlich beſchloſſen wir ingeſam̃t, unſer leich-
tes Schiff in guten Stand zu ſetzen, auf welchen
mich David nebſt 30. Mann biß auf die Jnſul St.
Helenæ
bringen, daſelbſt ausſetzen, und nachhero
mit ſeiner Mannſchafft ſo gleich wieder zuruͤck auf
Felſenburg ſeegeln ſolten.

Mittlerweile, da faſt alle ſtarcke Leute keine Zeit
noch Muͤhe ſpareten, das Schiff nach meinem An-
geben auszubeſſern, und Seegel-fertig zu machen,
nahm ich alle Abend Gelegenheit, mich mit der ſchoͤ-
nen Sophie in Geſpraͤchen zu vergnuͤgen, auch endlich
die Kuͤhnheit, derſelben mein Hertz anzubieten, weil
nun der liebe Alt-Vater allbereit die Bahne vor
mich gebrochen hatte, konte mein verliebtes Anſin-
nen um deſto weniger ungluͤcklich ſeyn, ſondern, kurtz
zu ſagen, wir vertauſchten bey einem oͤffentlichen
Verloͤbniſſe unſere Hertzen mit ſolcher Zaͤrtlichkeit,
die mir auszuſprechen unmoͤglich iſt, und verſchoben
die Vollziehung dieſes ehelichen Buͤndniſſes biß auf
meine, in der Hoffnung, gluͤckliche Zuruͤck kunfft.

Gegen Michaelis-Tag des verwichenen 1724ten
Jahres wurden wir alſo mit Ausruͤſtung unſeres
Schiffs, welches ich die Taube benennete, und dem-
ſelben Hollaͤndiſche Flaggen aufſteckte, vollkom-
men fertig, es war bereits mit Proviant | und allem
andern wohl verſehen, der gute alte David Julius,
der jedoch an Leibes-und Gemuͤths-Kraͤfften es
noch manchen jungen Manne zuvor that/ hielt ſich

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[444/0458] Dienſts und Ehre wegen vorgenommen ſey, nicht ungluͤcklich werden laſſen. Derowegen wurden Da- vid und die andern Stamm-Vaͤter zu Rathe gezo- gen, und endlich beſchloſſen wir ingeſam̃t, unſer leich- tes Schiff in guten Stand zu ſetzen, auf welchen mich David nebſt 30. Mann biß auf die Jnſul St. Helenæ bringen, daſelbſt ausſetzen, und nachhero mit ſeiner Mannſchafft ſo gleich wieder zuruͤck auf Felſenburg ſeegeln ſolten. Mittlerweile, da faſt alle ſtarcke Leute keine Zeit noch Muͤhe ſpareten, das Schiff nach meinem An- geben auszubeſſern, und Seegel-fertig zu machen, nahm ich alle Abend Gelegenheit, mich mit der ſchoͤ- nen Sophie in Geſpraͤchen zu vergnuͤgen, auch endlich die Kuͤhnheit, derſelben mein Hertz anzubieten, weil nun der liebe Alt-Vater allbereit die Bahne vor mich gebrochen hatte, konte mein verliebtes Anſin- nen um deſto weniger ungluͤcklich ſeyn, ſondern, kurtz zu ſagen, wir vertauſchten bey einem oͤffentlichen Verloͤbniſſe unſere Hertzen mit ſolcher Zaͤrtlichkeit, die mir auszuſprechen unmoͤglich iſt, und verſchoben die Vollziehung dieſes ehelichen Buͤndniſſes biß auf meine, in der Hoffnung, gluͤckliche Zuruͤck kunfft. Gegen Michaelis-Tag des verwichenen 1724ten Jahres wurden wir alſo mit Ausruͤſtung unſeres Schiffs, welches ich die Taube benennete, und dem- ſelben Hollaͤndiſche Flaggen aufſteckte, vollkom- men fertig, es war bereits mit Proviant | und allem andern wohl verſehen, der gute alte David Julius, der jedoch an Leibes-und Gemuͤths-Kraͤfften es noch manchen jungen Manne zuvor that/ hielt ſich mit

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/458>, abgerufen am 22.11.2024.