lieben Altvaters gesprochene Worte: Jch werde versuchen, ob ichNicolaummit der frommen Sophievereheligen kan, den allergrösten Kum- mer, denn erstlich hatte ich als ein elender Einkömm- ling noch die gröste Ursach zu zweiffeln, ob ich der schönen Sophie Gegen-Gunst erlangen, und vors andere schwerlich zu hoffen, daß mich der Altvater seinem Enckel Nicolao vorziehen würde. Nach- dem ich mich aber dieserwegen noch eine gute Weile auf meinem Lager herum geworffen, und meiner neuen Liebe nachgedacht hatte, fassete ich endlich den festen Vorsatz keine Zeit zu versäumen, sondern mei- nem aufrichtigen Wohlthäter mein gantzes Hertze, gleich Morgen früh zu offenbahren, nachhero, auf dessen redliches Gutachten, selbiges der schönen So- phie ohne alle Weitläufftigkeiten ehelich anzutra- gen.
Hierauf liessen sich endlich meine Furcht-und Hoffnungs-volle Sinnen durch den Schlaff über- wältigen doch die Einbildungs-Kräffte machten ih- nen das Vergnügen, die schöne Sophie auch im Traume darzustellen, so, daß sich mein Geist den gantzen übrigen Theil der Nacht hindurch mit der- selben unterredete, und so wohl an ihrer äusserlichen schönen Gestalt, als innerlichen vortreflichen Ge- müths-Gaben ergötzte. Jch wachte gegen Mor- gen auf, schlieff aber unter dem Wunsche, derglei- chen Traum öffter zu haben, bald wieder ein, da mir denn vorkam, als ob meine auf der Jnsul Bon- air seelig verstorbene Salome, die tugendhaffte Sophie in meine Kammer geführet brächte, und derselben ihren Trau-Ring, den ich ihr mit in den
Sarg
lieben Altvaters geſprochene Worte: Jch werde verſuchen, ob ichNicolaummit der frommen Sophievereheligen kan, den allergroͤſten Kum- mer, denn erſtlich hatte ich als ein elender Einkoͤmm- ling noch die groͤſte Urſach zu zweiffeln, ob ich der ſchoͤnen Sophie Gegen-Gunſt erlangen, und vors andere ſchwerlich zu hoffen, daß mich der Altvater ſeinem Enckel Nicolao vorziehen wuͤrde. Nach- dem ich mich aber dieſerwegen noch eine gute Weile auf meinem Lager herum geworffen, und meiner neuen Liebe nachgedacht hatte, faſſete ich endlich den feſten Vorſatz keine Zeit zu verſaͤumen, ſondern mei- nem aufrichtigen Wohlthaͤter mein gantzes Hertze, gleich Morgen fruͤh zu offenbahren, nachhero, auf deſſen redliches Gutachten, ſelbiges der ſchoͤnen So- phie ohne alle Weitlaͤufftigkeiten ehelich anzutra- gen.
Hierauf lieſſen ſich endlich meine Furcht-und Hoffnungs-volle Sinnen durch den Schlaff uͤber- waͤltigen doch die Einbildungs-Kraͤffte machten ih- nen das Vergnuͤgen, die ſchoͤne Sophie auch im Traume darzuſtellen, ſo, daß ſich mein Geiſt den gantzen uͤbrigen Theil der Nacht hindurch mit der- ſelben unterredete, und ſo wohl an ihrer aͤuſſerlichen ſchoͤnen Geſtalt, als innerlichen vortreflichen Ge- muͤths-Gaben ergoͤtzte. Jch wachte gegen Mor- gen auf, ſchlieff aber unter dem Wunſche, derglei- chen Traum oͤffter zu haben, bald wieder ein, da mir denn vorkam, als ob meine auf der Jnſul Bon- air ſeelig verſtorbene Salome, die tugendhaffte Sophie in meine Kammer gefuͤhret braͤchte, und derſelben ihren Trau-Ring, den ich ihr mit in den
Sarg
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0452"n="438"/>
lieben Altvaters geſprochene Worte: <hirendition="#fr">Jch werde<lb/>
verſuchen, ob ich</hi><hirendition="#aq">Nicolaum</hi><hirendition="#fr">mit der frommen</hi><lb/><hirendition="#aq">Sophie</hi><hirendition="#fr">vereheligen kan,</hi> den allergroͤſten Kum-<lb/>
mer, denn erſtlich hatte ich als ein elender Einkoͤmm-<lb/>
ling noch die groͤſte Urſach zu zweiffeln, ob ich der<lb/>ſchoͤnen <hirendition="#aq">Sophie</hi> Gegen-Gunſt erlangen, und vors<lb/>
andere ſchwerlich zu hoffen, daß mich der Altvater<lb/>ſeinem Enckel <hirendition="#aq">Nicolao</hi> vorziehen wuͤrde. Nach-<lb/>
dem ich mich aber dieſerwegen noch eine gute Weile<lb/>
auf meinem Lager herum geworffen, und meiner<lb/>
neuen Liebe nachgedacht hatte, faſſete ich endlich den<lb/>
feſten Vorſatz keine Zeit zu verſaͤumen, ſondern mei-<lb/>
nem aufrichtigen Wohlthaͤter mein gantzes Hertze,<lb/>
gleich Morgen fruͤh zu offenbahren, nachhero, auf<lb/>
deſſen redliches Gutachten, ſelbiges der ſchoͤnen <hirendition="#aq">So-<lb/>
phie</hi> ohne alle Weitlaͤufftigkeiten ehelich anzutra-<lb/>
gen.</p><lb/><p>Hierauf lieſſen ſich endlich meine Furcht-und<lb/>
Hoffnungs-volle Sinnen durch den Schlaff uͤber-<lb/>
waͤltigen doch die Einbildungs-Kraͤffte machten ih-<lb/>
nen das Vergnuͤgen, die ſchoͤne <hirendition="#aq">Sophie</hi> auch im<lb/>
Traume darzuſtellen, ſo, daß ſich mein Geiſt den<lb/>
gantzen uͤbrigen Theil der Nacht hindurch mit der-<lb/>ſelben unterredete, und ſo wohl an ihrer aͤuſſerlichen<lb/>ſchoͤnen Geſtalt, als innerlichen vortreflichen Ge-<lb/>
muͤths-Gaben ergoͤtzte. Jch wachte gegen Mor-<lb/>
gen auf, ſchlieff aber unter dem Wunſche, derglei-<lb/>
chen Traum oͤffter zu haben, bald wieder ein, da<lb/>
mir denn vorkam, als ob meine auf der Jnſul <hirendition="#aq">Bon-<lb/>
air</hi>ſeelig verſtorbene <hirendition="#aq">Salome,</hi> die tugendhaffte<lb/><hirendition="#aq">Sophie</hi> in meine Kammer gefuͤhret braͤchte, und<lb/>
derſelben ihren Trau-Ring, den ich ihr mit in den<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Sarg</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[438/0452]
lieben Altvaters geſprochene Worte: Jch werde
verſuchen, ob ich Nicolaum mit der frommen
Sophie vereheligen kan, den allergroͤſten Kum-
mer, denn erſtlich hatte ich als ein elender Einkoͤmm-
ling noch die groͤſte Urſach zu zweiffeln, ob ich der
ſchoͤnen Sophie Gegen-Gunſt erlangen, und vors
andere ſchwerlich zu hoffen, daß mich der Altvater
ſeinem Enckel Nicolao vorziehen wuͤrde. Nach-
dem ich mich aber dieſerwegen noch eine gute Weile
auf meinem Lager herum geworffen, und meiner
neuen Liebe nachgedacht hatte, faſſete ich endlich den
feſten Vorſatz keine Zeit zu verſaͤumen, ſondern mei-
nem aufrichtigen Wohlthaͤter mein gantzes Hertze,
gleich Morgen fruͤh zu offenbahren, nachhero, auf
deſſen redliches Gutachten, ſelbiges der ſchoͤnen So-
phie ohne alle Weitlaͤufftigkeiten ehelich anzutra-
gen.
Hierauf lieſſen ſich endlich meine Furcht-und
Hoffnungs-volle Sinnen durch den Schlaff uͤber-
waͤltigen doch die Einbildungs-Kraͤffte machten ih-
nen das Vergnuͤgen, die ſchoͤne Sophie auch im
Traume darzuſtellen, ſo, daß ſich mein Geiſt den
gantzen uͤbrigen Theil der Nacht hindurch mit der-
ſelben unterredete, und ſo wohl an ihrer aͤuſſerlichen
ſchoͤnen Geſtalt, als innerlichen vortreflichen Ge-
muͤths-Gaben ergoͤtzte. Jch wachte gegen Mor-
gen auf, ſchlieff aber unter dem Wunſche, derglei-
chen Traum oͤffter zu haben, bald wieder ein, da
mir denn vorkam, als ob meine auf der Jnſul Bon-
air ſeelig verſtorbene Salome, die tugendhaffte
Sophie in meine Kammer gefuͤhret braͤchte, und
derſelben ihren Trau-Ring, den ich ihr mit in den
Sarg
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/452>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.