befände, wünschete ich der schönen Sophie nebst den übrigen eine gute Nacht, und begab mich zu ihm. Jndem er mir nun das Geleite biß auf die Alberts- Burg zu unserm Altvater gab, erzehlete ich ihm un- terwegens seiner tugendhafften Tochter vernünffti- ges Bedencken über die angetragene Heyrath, so wohl als ihren ernstlich gefasseten Schluß, worüber er sich ebenfalls nicht wenig verwunderte, und deß- falls erstlich den Altvater um Rath fragen wolte. Derselbe nun that nach einigen überlegen diesen Aus- spruch: Zwinge dein Kind nicht, mein Sohn Chri- stian, denn Sophie ist eine keusche und Gottesfürch- tige Tochter, deren Eigensinn in diesem Stück un- sträfflich ist, ich werde ihren Liebhaber Andream an- derweit berathen/ und versuchen, ob ich Nicolaum, deines seel. Bruders Johannis dritten Sohn, der einige Jahre älter ist, mit der frommen Sophie ver- eheligen kan.
Wir geriethen demnach auf andere Gespräche, allein ich weiß nicht wie es so geschwinde bey mir zu- gieng, daß ich auf einmahl gantz tieffsinnig wurde, welches der liebe Altvater sogleich merckte, und sich um meine jählinge Veränderung nicht wenig be- kümmerte, doch da ich sonst nichts als einen kleinen Kopff-Schmertzen vorzuwenden wuste, ließ er mich in Hoffnung baldiger Besserung zu Bette gehen. Allein ich lage lange biß nach Mitternacht, ehe die geringste Lust zum Schlaffe in meine Augen kommen wolte, und, nur kurtz von der Sache zu reden, ich spürete nichts richtigers in meinem Hertzen, als daß es sich vollkommen in die schöne und tugendhaffte Sophie verliebt hätte. Hergegen machten wir des
lieben
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befaͤnde, wuͤnſchete ich der ſchoͤnen Sophie nebſt den uͤbrigen eine gute Nacht, und begab mich zu ihm. Jndem er mir nun das Geleite biß auf die Alberts- Burg zu unſerm Altvater gab, erzehlete ich ihm un- terwegens ſeiner tugendhafften Tochter vernuͤnffti- ges Bedencken uͤber die angetragene Heyrath, ſo wohl als ihren ernſtlich gefaſſeten Schluß, woruͤber er ſich ebenfalls nicht wenig verwunderte, und deß- falls erſtlich den Altvater um Rath fragen wolte. Derſelbe nun that nach einigen uͤberlegen dieſen Aus- ſpruch: Zwinge dein Kind nicht, mein Sohn Chri- ſtian, denn Sophie iſt eine keuſche und Gottesfuͤrch- tige Tochter, deren Eigenſinn in dieſem Stuͤck un- ſtraͤfflich iſt, ich werde ihren Liebhaber Andream an- derweit berathen/ und verſuchen, ob ich Nicolaum, deines ſeel. Bruders Johannis dritten Sohn, der einige Jahre aͤlter iſt, mit der frommen Sophie ver- eheligen kan.
Wir geriethen demnach auf andere Geſpraͤche, allein ich weiß nicht wie es ſo geſchwinde bey mir zu- gieng, daß ich auf einmahl gantz tieffſinnig wurde, welches der liebe Altvater ſogleich merckte, und ſich um meine jaͤhlinge Veraͤnderung nicht wenig be- kuͤmmerte, doch da ich ſonſt nichts als einen kleinen Kopff-Schmertzen vorzuwenden wuſte, ließ er mich in Hoffnung baldiger Beſſerung zu Bette gehen. Allein ich lage lange biß nach Mitternacht, ehe die geringſte Luſt zum Schlaffe in meine Augen kom̃en wolte, und, nur kurtz von der Sache zu reden, ich ſpuͤrete nichts richtigers in meinem Hertzen, als daß es ſich vollkommen in die ſchoͤne und tugendhaffte Sophie verliebt haͤtte. Hergegen machten wir des
lieben
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befaͤnde, wuͤnſchete ich der ſchoͤnen Sophie nebſt den
uͤbrigen eine gute Nacht, und begab mich zu ihm.
Jndem er mir nun das Geleite biß auf die Alberts-
Burg zu unſerm Altvater gab, erzehlete ich ihm un-
terwegens ſeiner tugendhafften Tochter vernuͤnffti-
ges Bedencken uͤber die angetragene Heyrath, ſo
wohl als ihren ernſtlich gefaſſeten Schluß, woruͤber
er ſich ebenfalls nicht wenig verwunderte, und deß-
falls erſtlich den Altvater um Rath fragen wolte.
Derſelbe nun that nach einigen uͤberlegen dieſen Aus-
ſpruch: Zwinge dein Kind nicht, mein Sohn Chri-
ſtian, denn Sophie iſt eine keuſche und Gottesfuͤrch-
tige Tochter, deren Eigenſinn in dieſem Stuͤck un-
ſtraͤfflich iſt, ich werde ihren Liebhaber Andream an-
derweit berathen/ und verſuchen, ob ich Nicolaum,
deines ſeel. Bruders Johannis dritten Sohn, der
einige Jahre aͤlter iſt, mit der frommen Sophie ver-
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Wir geriethen demnach auf andere Geſpraͤche,
allein ich weiß nicht wie es ſo geſchwinde bey mir zu-
gieng, daß ich auf einmahl gantz tieffſinnig wurde,
welches der liebe Altvater ſogleich merckte, und ſich
um meine jaͤhlinge Veraͤnderung nicht wenig be-
kuͤmmerte, doch da ich ſonſt nichts als einen kleinen
Kopff-Schmertzen vorzuwenden wuſte, ließ er mich
in Hoffnung baldiger Beſſerung zu Bette gehen.
Allein ich lage lange biß nach Mitternacht, ehe die
geringſte Luſt zum Schlaffe in meine Augen kom̃en
wolte, und, nur kurtz von der Sache zu reden, ich
ſpuͤrete nichts richtigers in meinem Hertzen, als daß
es ſich vollkommen in die ſchoͤne und tugendhaffte
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/451>, abgerufen am 25.11.2024.
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