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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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dem sie meinen Mund zum öfftern liebreich geküsset
hatte! Wie ists, mein liebster Schatz, seyd ihr der
glückseeligen Lebens-Art, und eurer bißhero so hertz-
lich geliebten Concordia, vielleicht schon auch gäntz-
lich überdrüßig, weil sich eure Sehnsucht nach ande-
rer Gesellschafft, aufs neue so starck verräth? Jhr
irret euch, meine Allerliebste, gab ich zur Antwort,
oder wollet etwa die erste Probe machen mich zu
kräncken. Glaubet aber sicherlich, zumahl wenn
ich GOTT zum Zeugen anruffe, daß mir gar nicht
in die Gedancken kommen ist, von hier hinweg zu
reisen, oder euch zum Verdruß mich nach anderer
Gesellschafft zu sehnen, sondern ich wünschte von
Hertzen, meine übrige Lebens-Zeit auf dieser glück-
seeligen Stelle mit euch in Ruhe und Friede hin zu
bringen, zumal da wir das schwerste nunmehro mit
GOTTES Hülffe überwunden, und das gröste
Vergnügen an unsern schönen Kindern, annoch in
Hoffnung, vor uns haben. Allein sagt mir um
GOttes willen, warum sollen wir uns nicht nun-
mehro, da unsere Kinder ihre mannbaren Jahre
zu erreichen beginnen, nach andern Menschen um-
sehen, glaubet ihr etwa, GOTT werde sogleich 4.
Männer und 5. Weiber vom Himmel herab fallen
lassen, um unsere Kinder mit selbigen zu begatten?
Oder wollet ihr, daß dieselben, so bald der natürliche
Trieb die Vernunfft und Frömmigkeit übermei-
stert, Blut-Schande begehen, und einander selbst
heyrathen sollen? Da sey GOTT vor! Jhr aber,
Mein Schatz, saget mir nun, wie eure Meynung über
meine höchst wichtigen Sorgen ist, ob wir nicht
Sünde und Schande von unsern bißhero wohlerzo-

genen

dem ſie meinen Mund zum oͤfftern liebreich gekuͤſſet
hatte! Wie iſts, mein liebſter Schatz, ſeyd ihr der
gluͤckſeeligen Lebens-Art, und eurer bißhero ſo hertz-
lich geliebten Concordia, vielleicht ſchon auch gaͤntz-
lich uͤberdruͤßig, weil ſich eure Sehnſucht nach ande-
rer Geſellſchafft, aufs neue ſo ſtarck verraͤth? Jhr
irret euch, meine Allerliebſte, gab ich zur Antwort,
oder wollet etwa die erſte Probe machen mich zu
kraͤncken. Glaubet aber ſicherlich, zumahl wenn
ich GOTT zum Zeugen anruffe, daß mir gar nicht
in die Gedancken kommen iſt, von hier hinweg zu
reiſen, oder euch zum Verdruß mich nach anderer
Geſellſchafft zu ſehnen, ſondern ich wuͤnſchte von
Hertzen, meine uͤbrige Lebens-Zeit auf dieſer gluͤck-
ſeeligen Stelle mit euch in Ruhe und Friede hin zu
bringen, zumal da wir das ſchwerſte nunmehro mit
GOTTES Huͤlffe uͤberwunden, und das groͤſte
Vergnuͤgen an unſern ſchoͤnen Kindern, annoch in
Hoffnung, vor uns haben. Allein ſagt mir um
GOttes willen, warum ſollen wir uns nicht nun-
mehro, da unſere Kinder ihre mannbaren Jahre
zu erreichen beginnen, nach andern Menſchen um-
ſehen, glaubet ihr etwa, GOTT werde ſogleich 4.
Maͤnner und 5. Weiber vom Himmel herab fallen
laſſen, um unſere Kinder mit ſelbigen zu begatten?
Oder wollet ihr, daß dieſelben, ſo bald der natuͤrliche
Trieb die Vernunfft und Froͤmmigkeit uͤbermei-
ſtert, Blut-Schande begehen, und einander ſelbſt
heyrathen ſollen? Da ſey GOTT vor! Jhr aber,
Mein Schatz, ſaget mir nun, wie eure Meynung uͤber
meine hoͤchſt wichtigen Sorgen iſt, ob wir nicht
Suͤnde und Schande von unſern bißhero wohlerzo-

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[287/0301] dem ſie meinen Mund zum oͤfftern liebreich gekuͤſſet hatte! Wie iſts, mein liebſter Schatz, ſeyd ihr der gluͤckſeeligen Lebens-Art, und eurer bißhero ſo hertz- lich geliebten Concordia, vielleicht ſchon auch gaͤntz- lich uͤberdruͤßig, weil ſich eure Sehnſucht nach ande- rer Geſellſchafft, aufs neue ſo ſtarck verraͤth? Jhr irret euch, meine Allerliebſte, gab ich zur Antwort, oder wollet etwa die erſte Probe machen mich zu kraͤncken. Glaubet aber ſicherlich, zumahl wenn ich GOTT zum Zeugen anruffe, daß mir gar nicht in die Gedancken kommen iſt, von hier hinweg zu reiſen, oder euch zum Verdruß mich nach anderer Geſellſchafft zu ſehnen, ſondern ich wuͤnſchte von Hertzen, meine uͤbrige Lebens-Zeit auf dieſer gluͤck- ſeeligen Stelle mit euch in Ruhe und Friede hin zu bringen, zumal da wir das ſchwerſte nunmehro mit GOTTES Huͤlffe uͤberwunden, und das groͤſte Vergnuͤgen an unſern ſchoͤnen Kindern, annoch in Hoffnung, vor uns haben. Allein ſagt mir um GOttes willen, warum ſollen wir uns nicht nun- mehro, da unſere Kinder ihre mannbaren Jahre zu erreichen beginnen, nach andern Menſchen um- ſehen, glaubet ihr etwa, GOTT werde ſogleich 4. Maͤnner und 5. Weiber vom Himmel herab fallen laſſen, um unſere Kinder mit ſelbigen zu begatten? Oder wollet ihr, daß dieſelben, ſo bald der natuͤrliche Trieb die Vernunfft und Froͤmmigkeit uͤbermei- ſtert, Blut-Schande begehen, und einander ſelbſt heyrathen ſollen? Da ſey GOTT vor! Jhr aber, Mein Schatz, ſaget mir nun, wie eure Meynung uͤber meine hoͤchſt wichtigen Sorgen iſt, ob wir nicht Suͤnde und Schande von unſern bißhero wohlerzo- genen

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/301>, abgerufen am 24.11.2024.