oder mir einen tödlichen Streich beyzubringen. Jedoch ich nahm die Gelegenheit in acht, machte, in- dem ich ihm den einen Fuß auf die Kehle setzte, seine verfluchten Hände wehrloß und dieselben nebst den Füssen mit Stricken vest zusammen, und ließ das Aaß solchergestalt eine gute zeitlang zappeln, nicht zweiffelnd, daß er sich bald eines andern besinnen würde. Allein es hatte fast das Ansehen, als ob er in eine würckliche Raserey verfallen wäre, denn als mir Concordia meine Wunden, so gut sie konte, verbunden und das hefftige Bluten ziemlich ge- stillet hatte, stieß er aus seinem verfluchten Rachen die entsetzlichsten Gotteslästerungen und gegen uns beyde die heßlichsten Schand-Reden aus, ruffte anbey unzähligmal den Satan um Hülffe an, ver- schwur sich demselben auf ewig mit Leib und Seele zum Eigenthume, woferne nur derselbe ihm die Freude machen und seinen Tod an uns rachen wolte.
Jch hielte ihm hierauff eine ziemlich lange Pre- digt, mahlete sein verruchtes Leben mit lebendigen Farben ab, und stellete ihm sein unglückseliges Ver- hängniß vor Augen, in dem er, da er mich zu ermor- den getrachtet, sein selbst eigener Mörder worden, ich aber von GOTTES Hand erhalten wäre. Concordia that das ihrige auch mit grösten Eifer darbey, verwiese ihn aber letzlich auf wahre Busse und Erkäntniß seiner Sünden, vielleicht, sagte sie, liesse sich die Barmhertzigkeit GOTTES noch in seiner letzten Todes-Stunde erweichen, ihm Gna- de und Vergebung wiederfahren zulassen; Doch dieser Bösewicht drückte die Augen veste zu, kuir-
schete
O 2
oder mir einen toͤdlichen Streich beyzubringen. Jedoch ich nahm die Gelegenheit in acht, machte, in- dem ich ihm den einen Fuß auf die Kehle ſetzte, ſeine verfluchten Haͤnde wehrloß und dieſelben nebſt den Fuͤſſen mit Stricken veſt zuſammen, und ließ das Aaß ſolchergeſtalt eine gute zeitlang zappeln, nicht zweiffelnd, daß er ſich bald eines andern beſinnen wuͤrde. Allein es hatte faſt das Anſehen, als ob er in eine wuͤrckliche Raſerey verfallen waͤre, denn als mir Concordia meine Wunden, ſo gut ſie konte, verbunden und das hefftige Bluten ziemlich ge- ſtillet hatte, ſtieß er aus ſeinem verfluchten Rachen die entſetzlichſten Gotteslaͤſterungen und gegen uns beyde die heßlichſten Schand-Reden aus, ruffte anbey unzaͤhligmal den Satan um Huͤlffe an, ver- ſchwur ſich demſelben auf ewig mit Leib und Seele zum Eigenthume, woferne nur derſelbe ihm die Freude machen und ſeinen Tod an uns rachen wolte.
Jch hielte ihm hierauff eine ziemlich lange Pre- digt, mahlete ſein verruchtes Leben mit lebendigen Farben ab, und ſtellete ihm ſein ungluͤckſeliges Ver- haͤngniß vor Augen, in dem er, da er mich zu ermor- den getrachtet, ſein ſelbſt eigener Moͤrder worden, ich aber von GOTTES Hand erhalten waͤre. Concordia that das ihrige auch mit groͤſten Eifer darbey, verwieſe ihn aber letzlich auf wahre Buſſe und Erkaͤntniß ſeiner Suͤnden, vielleicht, ſagte ſie, lieſſe ſich die Barmhertzigkeit GOTTES noch in ſeiner letzten Todes-Stunde erweichen, ihm Gna- de und Vergebung wiederfahren zulaſſen; Doch dieſer Boͤſewicht druͤckte die Augen veſte zu, kuir-
ſchete
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oder mir einen toͤdlichen Streich beyzubringen.
Jedoch ich nahm die Gelegenheit in acht, machte, in-
dem ich ihm den einen Fuß auf die Kehle ſetzte, ſeine
verfluchten Haͤnde wehrloß und dieſelben nebſt den
Fuͤſſen mit Stricken veſt zuſammen, und ließ das
Aaß ſolchergeſtalt eine gute zeitlang zappeln, nicht
zweiffelnd, daß er ſich bald eines andern beſinnen
wuͤrde. Allein es hatte faſt das Anſehen, als ob er
in eine wuͤrckliche Raſerey verfallen waͤre, denn als
mir Concordia meine Wunden, ſo gut ſie konte,
verbunden und das hefftige Bluten ziemlich ge-
ſtillet hatte, ſtieß er aus ſeinem verfluchten Rachen
die entſetzlichſten Gotteslaͤſterungen und gegen uns
beyde die heßlichſten Schand-Reden aus, ruffte
anbey unzaͤhligmal den Satan um Huͤlffe an, ver-
ſchwur ſich demſelben auf ewig mit Leib und Seele
zum Eigenthume, woferne nur derſelbe ihm die
Freude machen und ſeinen Tod an uns rachen
wolte.
Jch hielte ihm hierauff eine ziemlich lange Pre-
digt, mahlete ſein verruchtes Leben mit lebendigen
Farben ab, und ſtellete ihm ſein ungluͤckſeliges Ver-
haͤngniß vor Augen, in dem er, da er mich zu ermor-
den getrachtet, ſein ſelbſt eigener Moͤrder worden,
ich aber von GOTTES Hand erhalten waͤre.
Concordia that das ihrige auch mit groͤſten Eifer
darbey, verwieſe ihn aber letzlich auf wahre Buſſe
und Erkaͤntniß ſeiner Suͤnden, vielleicht, ſagte ſie,
lieſſe ſich die Barmhertzigkeit GOTTES noch in
ſeiner letzten Todes-Stunde erweichen, ihm Gna-
de und Vergebung wiederfahren zulaſſen; Doch
dieſer Boͤſewicht druͤckte die Augen veſte zu, kuir-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/225>, abgerufen am 27.11.2024.
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