Schmid, Hermann: Mohrenfranzl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 88–178. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Gesicht bekannt vor; während ich mich aber gerade besann, wo ich ihm begegnet sein mochte, kam der Mann auf mich zu und redete mich grüßend an. Ich mein' alleweil, ich soll' Euch kennen, Herr, sagte er, und als ich erwiderte, daß es mir ebenso mit ihm erginge, fuhr er fort: Seid Ihr vor ein paar Jahren in Tittmoning gewesen? Seid Ihr nicht der Herr, dem ich die Geschichte vom Mohrenfranzel erzählt habe? Nun waren wir schnell im Klaren, die Bekanntschaft wurde erneuert und hinter einem Kruge Tölzerbier bestärkt. Er erzählte mir Vieles von den Wasser- und Bühnen-Fahrten seiner Genossen und wie er Heuer den Rummel noch mitmachen, dann aber sich zur Ruhe begeben wolle, denn "der Kopf läßt aus und die Füß' auch!" Er unterbrach sich dann selbst und rief: Sakra, die Geschichte vom Mohrenfranzel muß ich Euch doch ganz aus erzählen: die hat seitdem eine Fortsetzung bekommen. Ich hörte zu, und eben war mein Schiffer zu Ende, als das Zeichen zum Beginn des Pferderennens gegeben wurde. Das sollte nicht versäumt werden; wir gingen, waren aber im Nu durch das Gedräng von einander getrennt, um uns nicht wieder zu begegnen. Ich war der Sorge enthoben, erneut Schluß der Erzählung erfinden zu müssen. Hier ist, was mir der Schiffer als solchen gab. Ein halbes Jahr mochte vorübergegangen sein, seit Hanney und Franzel verschwunden waren. Es war Gesicht bekannt vor; während ich mich aber gerade besann, wo ich ihm begegnet sein mochte, kam der Mann auf mich zu und redete mich grüßend an. Ich mein' alleweil, ich soll' Euch kennen, Herr, sagte er, und als ich erwiderte, daß es mir ebenso mit ihm erginge, fuhr er fort: Seid Ihr vor ein paar Jahren in Tittmoning gewesen? Seid Ihr nicht der Herr, dem ich die Geschichte vom Mohrenfranzel erzählt habe? Nun waren wir schnell im Klaren, die Bekanntschaft wurde erneuert und hinter einem Kruge Tölzerbier bestärkt. Er erzählte mir Vieles von den Wasser- und Bühnen-Fahrten seiner Genossen und wie er Heuer den Rummel noch mitmachen, dann aber sich zur Ruhe begeben wolle, denn „der Kopf läßt aus und die Füß' auch!“ Er unterbrach sich dann selbst und rief: Sakra, die Geschichte vom Mohrenfranzel muß ich Euch doch ganz aus erzählen: die hat seitdem eine Fortsetzung bekommen. Ich hörte zu, und eben war mein Schiffer zu Ende, als das Zeichen zum Beginn des Pferderennens gegeben wurde. Das sollte nicht versäumt werden; wir gingen, waren aber im Nu durch das Gedräng von einander getrennt, um uns nicht wieder zu begegnen. Ich war der Sorge enthoben, erneut Schluß der Erzählung erfinden zu müssen. Hier ist, was mir der Schiffer als solchen gab. Ein halbes Jahr mochte vorübergegangen sein, seit Hanney und Franzel verschwunden waren. Es war <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="4"> <p><pb facs="#f0083"/> Gesicht bekannt vor; während ich mich aber gerade besann, wo ich ihm begegnet sein mochte, kam der Mann auf mich zu und redete mich grüßend an. Ich mein' alleweil, ich soll' Euch kennen, Herr, sagte er, und als ich erwiderte, daß es mir ebenso mit ihm erginge, fuhr er fort: Seid Ihr vor ein paar Jahren in Tittmoning gewesen? Seid Ihr nicht der Herr, dem ich die Geschichte vom Mohrenfranzel erzählt habe? Nun waren wir schnell im Klaren, die Bekanntschaft wurde erneuert und hinter einem Kruge Tölzerbier bestärkt. Er erzählte mir Vieles von den Wasser- und Bühnen-Fahrten seiner Genossen und wie er Heuer den Rummel noch mitmachen, dann aber sich zur Ruhe begeben wolle, denn „der Kopf läßt aus und die Füß' auch!“ Er unterbrach sich dann selbst und rief: Sakra, die Geschichte vom Mohrenfranzel muß ich Euch doch ganz aus erzählen: die hat seitdem eine Fortsetzung bekommen. Ich hörte zu, und eben war mein Schiffer zu Ende, als das Zeichen zum Beginn des Pferderennens gegeben wurde. Das sollte nicht versäumt werden; wir gingen, waren aber im Nu durch das Gedräng von einander getrennt, um uns nicht wieder zu begegnen.</p><lb/> <p>Ich war der Sorge enthoben, erneut Schluß der Erzählung erfinden zu müssen.</p><lb/> <p>Hier ist, was mir der Schiffer als solchen gab.</p><lb/> <p>Ein halbes Jahr mochte vorübergegangen sein, seit Hanney und Franzel verschwunden waren. Es war<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0083]
Gesicht bekannt vor; während ich mich aber gerade besann, wo ich ihm begegnet sein mochte, kam der Mann auf mich zu und redete mich grüßend an. Ich mein' alleweil, ich soll' Euch kennen, Herr, sagte er, und als ich erwiderte, daß es mir ebenso mit ihm erginge, fuhr er fort: Seid Ihr vor ein paar Jahren in Tittmoning gewesen? Seid Ihr nicht der Herr, dem ich die Geschichte vom Mohrenfranzel erzählt habe? Nun waren wir schnell im Klaren, die Bekanntschaft wurde erneuert und hinter einem Kruge Tölzerbier bestärkt. Er erzählte mir Vieles von den Wasser- und Bühnen-Fahrten seiner Genossen und wie er Heuer den Rummel noch mitmachen, dann aber sich zur Ruhe begeben wolle, denn „der Kopf läßt aus und die Füß' auch!“ Er unterbrach sich dann selbst und rief: Sakra, die Geschichte vom Mohrenfranzel muß ich Euch doch ganz aus erzählen: die hat seitdem eine Fortsetzung bekommen. Ich hörte zu, und eben war mein Schiffer zu Ende, als das Zeichen zum Beginn des Pferderennens gegeben wurde. Das sollte nicht versäumt werden; wir gingen, waren aber im Nu durch das Gedräng von einander getrennt, um uns nicht wieder zu begegnen.
Ich war der Sorge enthoben, erneut Schluß der Erzählung erfinden zu müssen.
Hier ist, was mir der Schiffer als solchen gab.
Ein halbes Jahr mochte vorübergegangen sein, seit Hanney und Franzel verschwunden waren. Es war
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