Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801.
Frei und gerecht regieren, deren Namen Man nur zu nennen braucht, um jeden Zweifel, Um jeden Argwohn schleunig stumm zu machen? An ihrer Spitze steht der Völkerhirte, Der fromme Primas von Kanterbury, Der weise Talbot, der des Siegels wahret, Und Howard, der des Reiches Flotten führt. Sagt! Konnte die Beherrscherin von England Mehr thun, als aus der ganzen Monarchie Die edelsten auslesen und zu Richtern In diesem königlichen Streit bestellen? Und wär's zu denken, daß Partheienhaß Den einzelnen bestäche -- Können vierzig Erles'ne Männer sich in einem Spruche Der Leidenschaft vereinigen? Maria (nach einigem Stillschweigen). Ich höre staunend die Gewalt des Mundes, Der mir von je so unheilbringend war -- Wie werd' ich mich, ein ungelehrtes Weib, Mit so kunstfert'gem Redner messen können! -- Wohl' wären diese Lords, wie ihr sie schildert, Verstummen müßt' ich, hoffnungslos verloren Wär meine Sache, sprächen sie mich schuldig. Doch diese Namen, die ihr preisend nennt, Die mich durch ihr Gewicht zermalmen sollen,
Frei und gerecht regieren, deren Namen Man nur zu nennen braucht, um jeden Zweifel, Um jeden Argwohn ſchleunig ſtumm zu machen? An ihrer Spitze ſteht der Voͤlkerhirte, Der fromme Primas von Kanterbury, Der weiſe Talbot, der des Siegels wahret, Und Howard, der des Reiches Flotten fuͤhrt. Sagt! Konnte die Beherrſcherin von England Mehr thun, als aus der ganzen Monarchie Die edelſten ausleſen und zu Richtern In dieſem koͤniglichen Streit beſtellen? Und waͤr's zu denken, daß Partheienhaß Den einzelnen beſtaͤche — Koͤnnen vierzig Erleſ'ne Maͤnner ſich in einem Spruche Der Leidenſchaft vereinigen? Maria (nach einigem Stillſchweigen). Ich hoͤre ſtaunend die Gewalt des Mundes, Der mir von je ſo unheilbringend war — Wie werd' ich mich, ein ungelehrtes Weib, Mit ſo kunſtfert'gem Redner meſſen koͤnnen! — Wohl' waͤren dieſe Lords, wie ihr ſie ſchildert, Verſtummen muͤßt' ich, hoffnungslos verloren Waͤr meine Sache, ſpraͤchen ſie mich ſchuldig. Doch dieſe Namen, die ihr preiſend nennt, Die mich durch ihr Gewicht zermalmen ſollen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#BURL"> <p><pb facs="#f0051" n="45"/> Frei und gerecht regieren, deren Namen<lb/> Man nur zu nennen braucht, um jeden Zweifel,<lb/> Um jeden Argwohn ſchleunig ſtumm zu machen?<lb/> An ihrer Spitze ſteht der Voͤlkerhirte,<lb/> Der fromme Primas von Kanterbury,<lb/> Der weiſe Talbot, der des Siegels wahret,<lb/> Und <hi rendition="#g">Howard</hi>, der des Reiches Flotten fuͤhrt.<lb/> Sagt! Konnte die Beherrſcherin von England<lb/> Mehr thun, als aus der ganzen Monarchie<lb/> Die edelſten ausleſen und zu Richtern<lb/> In dieſem koͤniglichen Streit beſtellen?<lb/> Und waͤr's zu denken, daß Partheienhaß<lb/> Den einzelnen beſtaͤche — Koͤnnen vierzig<lb/> Erleſ'ne Maͤnner ſich in einem Spruche<lb/> Der Leidenſchaft vereinigen?</p><lb/> </sp> <sp who="#MARSTUA"> <speaker> <hi rendition="#g">Maria</hi> </speaker> <stage>(nach einigem Stillſchweigen).</stage><lb/> <p>Ich hoͤre ſtaunend die Gewalt des Mundes,<lb/> Der mir von je ſo unheilbringend war —<lb/> Wie werd' ich mich, ein ungelehrtes Weib,<lb/> Mit ſo kunſtfert'gem Redner meſſen koͤnnen! —<lb/> Wohl' waͤren dieſe Lords, wie ihr ſie ſchildert,<lb/> Verſtummen muͤßt' ich, hoffnungslos verloren<lb/> Waͤr meine Sache, ſpraͤchen ſie mich ſchuldig.<lb/> Doch dieſe Namen, die ihr preiſend nennt,<lb/> Die mich durch ihr Gewicht zermalmen ſollen,<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [45/0051]
Frei und gerecht regieren, deren Namen
Man nur zu nennen braucht, um jeden Zweifel,
Um jeden Argwohn ſchleunig ſtumm zu machen?
An ihrer Spitze ſteht der Voͤlkerhirte,
Der fromme Primas von Kanterbury,
Der weiſe Talbot, der des Siegels wahret,
Und Howard, der des Reiches Flotten fuͤhrt.
Sagt! Konnte die Beherrſcherin von England
Mehr thun, als aus der ganzen Monarchie
Die edelſten ausleſen und zu Richtern
In dieſem koͤniglichen Streit beſtellen?
Und waͤr's zu denken, daß Partheienhaß
Den einzelnen beſtaͤche — Koͤnnen vierzig
Erleſ'ne Maͤnner ſich in einem Spruche
Der Leidenſchaft vereinigen?
Maria (nach einigem Stillſchweigen).
Ich hoͤre ſtaunend die Gewalt des Mundes,
Der mir von je ſo unheilbringend war —
Wie werd' ich mich, ein ungelehrtes Weib,
Mit ſo kunſtfert'gem Redner meſſen koͤnnen! —
Wohl' waͤren dieſe Lords, wie ihr ſie ſchildert,
Verſtummen muͤßt' ich, hoffnungslos verloren
Waͤr meine Sache, ſpraͤchen ſie mich ſchuldig.
Doch dieſe Namen, die ihr preiſend nennt,
Die mich durch ihr Gewicht zermalmen ſollen,
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