Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801.

Bild:
<< vorherige Seite
Nie hab' ich eingewilligt, sie zu halten.
Ich bin nicht dieses Reiches Bürgerin,
Bin eine freie Königin des Auslands.

Burleigh.
Und denkt ihr, daß der königliche Name
Zum Freibrief dienen könne, blut'ge Zwietracht
In fremdem Lande straflos auszusäen?
Wie stünd' es um die Sicherheit der Staaten,
Wenn das gerechte Schwerdt der Themis nicht
Die schuld'ge Stirn des königlichen Gastes
Erreichen könnte, wie des Bettlers Haupt?

Maria.
Ich will mich nicht der Rechenschaft entziehn,
Die Richter sind es nur, die ich verwerfe.

Burleigh.
Die Richter! Wie Milady? Sind es etwa
Vom Pöbel aufgegriffene Verworfne,
Schaamlose Zungendrescher, denen Recht
Und Wahrheit feil ist, die sich zum Organ
Der Unterdrückung willig dingen lassen?
Sind's nicht die ersten Männer dieses Landes,
Selbstständig gnug, um wahrhaft seyn zu dürfen,
Um über Fürstenfurcht und niedrige
Bestechung weit erhaben sich zu sehn?
Sind's nicht dieselben, die ein edles Volk
Nie hab' ich eingewilligt, ſie zu halten.
Ich bin nicht dieſes Reiches Buͤrgerin,
Bin eine freie Koͤnigin des Auslands.

Burleigh.
Und denkt ihr, daß der koͤnigliche Name
Zum Freibrief dienen koͤnne, blut'ge Zwietracht
In fremdem Lande ſtraflos auszuſaͤen?
Wie ſtuͤnd' es um die Sicherheit der Staaten,
Wenn das gerechte Schwerdt der Themis nicht
Die ſchuld'ge Stirn des koͤniglichen Gaſtes
Erreichen koͤnnte, wie des Bettlers Haupt?

Maria.
Ich will mich nicht der Rechenſchaft entziehn,
Die Richter ſind es nur, die ich verwerfe.

Burleigh.
Die Richter! Wie Milady? Sind es etwa
Vom Poͤbel aufgegriffene Verworfne,
Schaamloſe Zungendreſcher, denen Recht
Und Wahrheit feil iſt, die ſich zum Organ
Der Unterdruͤckung willig dingen laſſen?
Sind's nicht die erſten Maͤnner dieſes Landes,
Selbſtſtaͤndig gnug, um wahrhaft ſeyn zu duͤrfen,
Um uͤber Fuͤrſtenfurcht und niedrige
Beſtechung weit erhaben ſich zu ſehn?
Sind's nicht dieſelben, die ein edles Volk
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#MARSTUA">
            <p><pb facs="#f0050" n="44"/>
Nie hab' ich eingewilligt, &#x017F;ie zu halten.<lb/>
Ich bin nicht die&#x017F;es Reiches Bu&#x0364;rgerin,<lb/>
Bin eine freie Ko&#x0364;nigin des Auslands.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#BURL">
            <speaker><hi rendition="#g">Burleigh</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Und denkt ihr, daß der ko&#x0364;nigliche Name<lb/>
Zum Freibrief dienen ko&#x0364;nne, blut'ge Zwietracht<lb/>
In fremdem Lande &#x017F;traflos auszu&#x017F;a&#x0364;en?<lb/>
Wie &#x017F;tu&#x0364;nd' es um die Sicherheit der Staaten,<lb/>
Wenn das gerechte Schwerdt der <hi rendition="#g">Themis</hi> nicht<lb/>
Die &#x017F;chuld'ge Stirn des ko&#x0364;niglichen Ga&#x017F;tes<lb/>
Erreichen ko&#x0364;nnte, wie des Bettlers Haupt?</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#MARSTUA">
            <speaker><hi rendition="#g">Maria</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Ich will mich nicht der Rechen&#x017F;chaft entziehn,<lb/>
Die Richter &#x017F;ind es nur, die ich verwerfe.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#BURL">
            <speaker><hi rendition="#g">Burleigh</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Die Richter! Wie Milady? Sind es etwa<lb/>
Vom Po&#x0364;bel aufgegriffene Verworfne,<lb/>
Schaamlo&#x017F;e Zungendre&#x017F;cher, denen Recht<lb/>
Und Wahrheit feil i&#x017F;t, die &#x017F;ich zum Organ<lb/>
Der Unterdru&#x0364;ckung willig dingen la&#x017F;&#x017F;en?<lb/>
Sind's nicht die er&#x017F;ten Ma&#x0364;nner die&#x017F;es Landes,<lb/>
Selb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;ndig gnug, um wahrhaft &#x017F;eyn zu du&#x0364;rfen,<lb/>
Um u&#x0364;ber Fu&#x0364;r&#x017F;tenfurcht und niedrige<lb/>
Be&#x017F;techung weit erhaben &#x017F;ich zu &#x017F;ehn?<lb/>
Sind's nicht die&#x017F;elben, die ein edles Volk<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[44/0050] Nie hab' ich eingewilligt, ſie zu halten. Ich bin nicht dieſes Reiches Buͤrgerin, Bin eine freie Koͤnigin des Auslands. Burleigh. Und denkt ihr, daß der koͤnigliche Name Zum Freibrief dienen koͤnne, blut'ge Zwietracht In fremdem Lande ſtraflos auszuſaͤen? Wie ſtuͤnd' es um die Sicherheit der Staaten, Wenn das gerechte Schwerdt der Themis nicht Die ſchuld'ge Stirn des koͤniglichen Gaſtes Erreichen koͤnnte, wie des Bettlers Haupt? Maria. Ich will mich nicht der Rechenſchaft entziehn, Die Richter ſind es nur, die ich verwerfe. Burleigh. Die Richter! Wie Milady? Sind es etwa Vom Poͤbel aufgegriffene Verworfne, Schaamloſe Zungendreſcher, denen Recht Und Wahrheit feil iſt, die ſich zum Organ Der Unterdruͤckung willig dingen laſſen? Sind's nicht die erſten Maͤnner dieſes Landes, Selbſtſtaͤndig gnug, um wahrhaft ſeyn zu duͤrfen, Um uͤber Fuͤrſtenfurcht und niedrige Beſtechung weit erhaben ſich zu ſehn? Sind's nicht dieſelben, die ein edles Volk

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_stuart_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_stuart_1801/50
Zitationshilfe: Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_stuart_1801/50>, abgerufen am 24.11.2024.