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Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801.

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Daß alles sich der neu aufgeh'nden Sonne
Zuwendete, und ich --

Maria.
Regiert in Frieden!
Jedwedem Anspruch auf dieß Reich entsag' ich.
Ach, meines Geistes Schwingen sind gelähmt,
Nicht Größe lockt mich mehr -- Ihr habts erreicht,
Ich bin nur noch der Schatten der Maria.
Gebrochen ist in langer Kerkerschmach
Der edle Muth -- Ihr habt das äußerste an mir
Gethan, habt mich zerstört in meiner Blüthe!
-- Jetzt macht ein Ende, Schwester. Sprecht es aus,
Das Wort, um dessentwillen ihr gekommen,
Denn nimmer will ich glauben, daß ihr kamt,
Um euer Opfer grausam zu verhöhnen.
Sprecht dieses Wort aus. Sagt mir: "Ihr seid frey,
"Maria! Meine Macht habt ihr gefühlt,
"Jetzt lernet meinen Edelmuth verehren."
Sagt's, und ich will mein Leben, meine Freiheit
Als ein Geschenk aus eurer Hand empfangen.
-- Ein Wort macht alles ungeschehn. Ich warte
Darauf. O laßt michs nicht zu lang erharren!
Weh euch, wenn ihr mit diesem Wort nicht endet!
Denn wenn ihr jetzt nicht segenbringend, herrlich,
Wie eine Gottheit von mir scheidet -- Schwester!
Daß alles ſich der neu aufgeh'nden Sonne
Zuwendete, und ich —

Maria.
Regiert in Frieden!
Jedwedem Anſpruch auf dieß Reich entſag' ich.
Ach, meines Geiſtes Schwingen ſind gelaͤhmt,
Nicht Groͤße lockt mich mehr — Ihr habts erreicht,
Ich bin nur noch der Schatten der Maria.
Gebrochen iſt in langer Kerkerſchmach
Der edle Muth — Ihr habt das aͤußerſte an mir
Gethan, habt mich zerſtoͤrt in meiner Bluͤthe!
— Jetzt macht ein Ende, Schweſter. Sprecht es aus,
Das Wort, um deſſentwillen ihr gekommen,
Denn nimmer will ich glauben, daß ihr kamt,
Um euer Opfer grauſam zu verhoͤhnen.
Sprecht dieſes Wort aus. Sagt mir: „Ihr ſeid frey,
„Maria! Meine Macht habt ihr gefuͤhlt,
„Jetzt lernet meinen Edelmuth verehren.“
Sagt's, und ich will mein Leben, meine Freiheit
Als ein Geſchenk aus eurer Hand empfangen.
— Ein Wort macht alles ungeſchehn. Ich warte
Darauf. O laßt michs nicht zu lang erharren!
Weh euch, wenn ihr mit dieſem Wort nicht endet!
Denn wenn ihr jetzt nicht ſegenbringend, herrlich,
Wie eine Gottheit von mir ſcheidet — Schweſter!
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[133/0139] Daß alles ſich der neu aufgeh'nden Sonne Zuwendete, und ich — Maria. Regiert in Frieden! Jedwedem Anſpruch auf dieß Reich entſag' ich. Ach, meines Geiſtes Schwingen ſind gelaͤhmt, Nicht Groͤße lockt mich mehr — Ihr habts erreicht, Ich bin nur noch der Schatten der Maria. Gebrochen iſt in langer Kerkerſchmach Der edle Muth — Ihr habt das aͤußerſte an mir Gethan, habt mich zerſtoͤrt in meiner Bluͤthe! — Jetzt macht ein Ende, Schweſter. Sprecht es aus, Das Wort, um deſſentwillen ihr gekommen, Denn nimmer will ich glauben, daß ihr kamt, Um euer Opfer grauſam zu verhoͤhnen. Sprecht dieſes Wort aus. Sagt mir: „Ihr ſeid frey, „Maria! Meine Macht habt ihr gefuͤhlt, „Jetzt lernet meinen Edelmuth verehren.“ Sagt's, und ich will mein Leben, meine Freiheit Als ein Geſchenk aus eurer Hand empfangen. — Ein Wort macht alles ungeſchehn. Ich warte Darauf. O laßt michs nicht zu lang erharren! Weh euch, wenn ihr mit dieſem Wort nicht endet! Denn wenn ihr jetzt nicht ſegenbringend, herrlich, Wie eine Gottheit von mir ſcheidet — Schweſter!

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Zitationshilfe: Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_stuart_1801/139>, abgerufen am 22.11.2024.