Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686.

Bild:
<< vorherige Seite

nachmahlen ein grosser Dieb.
verhalte. In deme nun solches der Anwesenden Gedan-
cken zu vnderschidlichen Argwohn veranlasset/ hat der ver-
schmitzte Bößwicht in diser seiner Noth disen Arglist er-
dencket/ gantz in der Stille zwey Schlüsselen auß dem Sack
gezogen/ vnd dieselbe zwölffmahl auffeinander geschlagen/
welches allen Gegenwertigen den gefasten Argwohn be-
nommen/ forderist/ weilen der Handlsmann der gäntzli-
chen Mainung war/ als seyen neben anderen Sachen auch
kostbare Uhrwerck in diser Truhen/ wie sie dann bereits ha-
ben hören 12. schlagen. Damit nun der Hund wegen sol-
cher Uhrwerck nit fernere Ungelegenheit mache/ vnd allen
den übrigen Schlaff benemme/ ist solcher treue Melampus
auß dem Gewölb geschafft worden/ welches dem schlim-
men Gesellen ein gewünschter Handl war/ wie er dann
bald hernach auß diser Truhen herauß geschlossen/ vnnd
vmb vil tausend Gulden auß dem Gewölb geraubt. Das
war ja ein Haupt-Dieb/ der ein besonderen Galgen ver-
dienet. Aber glaubst du/ daß er auff einmahl ein so grosser
Dieb worden? O nein! Nemo repente fit pessimus.
Er hat/ wie alle andere grosse Dieb/ mit kleinen Sachen
angefangen. Anfangs stihlt man ein Federkiel/ vom Fe-
derkiel kombt man zum Federmesserl/ vom Federmesserl
kombt man zum Federbusch/ vom Federbusch kombt man
zum Federbeth/ etc. allzeit weiter. Anfangs stihlt man ein
Handschuh/ vom Handschuh kombt man zum Handtuch/
vom Handtuch kombt man zum Handbeck/ vom Hand-
beck kombt man zum Hand-Pferdt/ etc. allezeit weiter.
Gleichwie man pflegt in anderen Sachen zu steigen. Ex-
grat:
Anfangs ist einer ein Schuler/ nachmahls ein Stu-
dent/ nachmahls ein Baccalaureus, nachmahls ein Ma-
gister,
nachmahls ein Licentiat, nachmahls ein Doctor.
Erstlich ist einer ein Lehr-Jung/ alsdann ein Gesell/ als-
dann ein Maister/ alsdann ein Burger/ alsdann ein Raths-

herr/

nachmahlen ein groſſer Dieb.
verhalte. In deme nun ſolches der Anweſenden Gedan-
cken zu vnderſchidlichen Argwohn veranlaſſet/ hat der ver-
ſchmitzte Boͤßwicht in diſer ſeiner Noth diſen Argliſt er-
dencket/ gantz in der Stille zwey Schluͤſſelen auß dem Sack
gezogen/ vnd dieſelbe zwoͤlffmahl auffeinander geſchlagen/
welches allen Gegenwertigen den gefaſten Argwohn be-
nommen/ forderiſt/ weilen der Handlsmann der gaͤntzli-
chen Mainung war/ als ſeyen neben anderen Sachen auch
koſtbare Uhrwerck in diſer Truhen/ wie ſie dann bereits ha-
ben hoͤren 12. ſchlagen. Damit nun der Hund wegen ſol-
cher Uhrwerck nit fernere Ungelegenheit mache/ vnd allen
den uͤbrigen Schlaff benemme/ iſt ſolcher treue Melampus
auß dem Gewoͤlb geſchafft worden/ welches dem ſchlim-
men Geſellen ein gewuͤnſchter Handl war/ wie er dann
bald hernach auß diſer Truhen herauß geſchloſſen/ vnnd
vmb vil tauſend Gulden auß dem Gewoͤlb geraubt. Das
war ja ein Haupt-Dieb/ der ein beſonderen Galgen ver-
dienet. Aber glaubſt du/ daß er auff einmahl ein ſo groſſer
Dieb worden? O nein! Nemo repentè fit peſſimus.
Er hat/ wie alle andere groſſe Dieb/ mit kleinen Sachen
angefangen. Anfangs ſtihlt man ein Federkiel/ vom Fe-
derkiel kombt man zum Federmeſſerl/ vom Federmeſſerl
kombt man zum Federbuſch/ vom Federbuſch kombt man
zum Federbeth/ ꝛc. allzeit weiter. Anfangs ſtihlt man ein
Handſchuh/ vom Handſchuh kombt man zum Handtuch/
vom Handtuch kombt man zum Handbeck/ vom Hand-
beck kombt man zum Hand-Pferdt/ ꝛc. allezeit weiter.
Gleichwie man pflegt in anderen Sachen zu ſteigen. Ex-
grat:
Anfangs iſt einer ein Schuler/ nachmahls ein Stu-
dent/ nachmahls ein Baccalaureus, nachmahls ein Ma-
giſter,
nachmahls ein Licentiat, nachmahls ein Doctor.
Erſtlich iſt einer ein Lehr-Jung/ alsdann ein Geſell/ als-
dann ein Maiſter/ alsdann ein Burger/ alsdann ein Raths-

herꝛ/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0402" n="366"/><fw place="top" type="header">nachmahlen ein gro&#x017F;&#x017F;er Dieb.</fw><lb/>
verhalte. In deme nun &#x017F;olches der Anwe&#x017F;enden Gedan-<lb/>
cken zu vnder&#x017F;chidlichen Argwohn veranla&#x017F;&#x017F;et/ hat der ver-<lb/>
&#x017F;chmitzte Bo&#x0364;ßwicht in di&#x017F;er &#x017F;einer Noth di&#x017F;en Argli&#x017F;t er-<lb/>
dencket/ gantz in der Stille zwey Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;elen auß dem Sack<lb/>
gezogen/ vnd die&#x017F;elbe zwo&#x0364;lffmahl auffeinander ge&#x017F;chlagen/<lb/>
welches allen Gegenwertigen den gefa&#x017F;ten Argwohn be-<lb/>
nommen/ forderi&#x017F;t/ weilen der Handlsmann der ga&#x0364;ntzli-<lb/>
chen Mainung war/ als &#x017F;eyen neben anderen Sachen auch<lb/>
ko&#x017F;tbare Uhrwerck in di&#x017F;er Truhen/ wie &#x017F;ie dann bereits ha-<lb/>
ben ho&#x0364;ren 12. &#x017F;chlagen. Damit nun der Hund wegen &#x017F;ol-<lb/>
cher Uhrwerck nit fernere Ungelegenheit mache/ vnd allen<lb/>
den u&#x0364;brigen Schlaff benemme/ i&#x017F;t &#x017F;olcher treue <hi rendition="#aq">Melampus</hi><lb/>
auß dem Gewo&#x0364;lb ge&#x017F;chafft worden/ welches dem &#x017F;chlim-<lb/>
men Ge&#x017F;ellen ein gewu&#x0364;n&#x017F;chter Handl war/ wie er dann<lb/>
bald hernach auß di&#x017F;er Truhen herauß ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en/ vnnd<lb/>
vmb vil tau&#x017F;end Gulden auß dem Gewo&#x0364;lb geraubt. Das<lb/>
war ja ein Haupt-Dieb/ der ein be&#x017F;onderen Galgen ver-<lb/>
dienet. Aber glaub&#x017F;t du/ daß er auff einmahl ein &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;er<lb/>
Dieb worden? O nein! <hi rendition="#aq">Nemo repentè fit pe&#x017F;&#x017F;imus.</hi><lb/>
Er hat/ wie alle andere gro&#x017F;&#x017F;e Dieb/ mit kleinen Sachen<lb/>
angefangen. Anfangs &#x017F;tihlt man ein Federkiel/ vom Fe-<lb/>
derkiel kombt man zum Federme&#x017F;&#x017F;erl/ vom Federme&#x017F;&#x017F;erl<lb/>
kombt man zum Federbu&#x017F;ch/ vom Federbu&#x017F;ch kombt man<lb/>
zum Federbeth/ &#xA75B;c. allzeit weiter. Anfangs &#x017F;tihlt man ein<lb/>
Hand&#x017F;chuh/ vom Hand&#x017F;chuh kombt man zum Handtuch/<lb/>
vom Handtuch kombt man zum Handbeck/ vom Hand-<lb/>
beck kombt man zum Hand-Pferdt/ &#xA75B;c. allezeit weiter.<lb/>
Gleichwie man pflegt in anderen Sachen zu &#x017F;teigen. <hi rendition="#aq">Ex-<lb/>
grat:</hi> Anfangs i&#x017F;t einer ein Schuler/ nachmahls ein Stu-<lb/>
dent/ nachmahls ein <hi rendition="#aq">Baccalaureus,</hi> nachmahls ein <hi rendition="#aq">Ma-<lb/>
gi&#x017F;ter,</hi> nachmahls ein <hi rendition="#aq">Licentiat,</hi> nachmahls ein <hi rendition="#aq">Doctor.</hi><lb/>
Er&#x017F;tlich i&#x017F;t einer ein Lehr-Jung/ alsdann ein Ge&#x017F;ell/ als-<lb/>
dann ein Mai&#x017F;ter/ alsdann ein Burger/ alsdann ein Raths-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">her&#xA75B;/</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[366/0402] nachmahlen ein groſſer Dieb. verhalte. In deme nun ſolches der Anweſenden Gedan- cken zu vnderſchidlichen Argwohn veranlaſſet/ hat der ver- ſchmitzte Boͤßwicht in diſer ſeiner Noth diſen Argliſt er- dencket/ gantz in der Stille zwey Schluͤſſelen auß dem Sack gezogen/ vnd dieſelbe zwoͤlffmahl auffeinander geſchlagen/ welches allen Gegenwertigen den gefaſten Argwohn be- nommen/ forderiſt/ weilen der Handlsmann der gaͤntzli- chen Mainung war/ als ſeyen neben anderen Sachen auch koſtbare Uhrwerck in diſer Truhen/ wie ſie dann bereits ha- ben hoͤren 12. ſchlagen. Damit nun der Hund wegen ſol- cher Uhrwerck nit fernere Ungelegenheit mache/ vnd allen den uͤbrigen Schlaff benemme/ iſt ſolcher treue Melampus auß dem Gewoͤlb geſchafft worden/ welches dem ſchlim- men Geſellen ein gewuͤnſchter Handl war/ wie er dann bald hernach auß diſer Truhen herauß geſchloſſen/ vnnd vmb vil tauſend Gulden auß dem Gewoͤlb geraubt. Das war ja ein Haupt-Dieb/ der ein beſonderen Galgen ver- dienet. Aber glaubſt du/ daß er auff einmahl ein ſo groſſer Dieb worden? O nein! Nemo repentè fit peſſimus. Er hat/ wie alle andere groſſe Dieb/ mit kleinen Sachen angefangen. Anfangs ſtihlt man ein Federkiel/ vom Fe- derkiel kombt man zum Federmeſſerl/ vom Federmeſſerl kombt man zum Federbuſch/ vom Federbuſch kombt man zum Federbeth/ ꝛc. allzeit weiter. Anfangs ſtihlt man ein Handſchuh/ vom Handſchuh kombt man zum Handtuch/ vom Handtuch kombt man zum Handbeck/ vom Hand- beck kombt man zum Hand-Pferdt/ ꝛc. allezeit weiter. Gleichwie man pflegt in anderen Sachen zu ſteigen. Ex- grat: Anfangs iſt einer ein Schuler/ nachmahls ein Stu- dent/ nachmahls ein Baccalaureus, nachmahls ein Ma- giſter, nachmahls ein Licentiat, nachmahls ein Doctor. Erſtlich iſt einer ein Lehr-Jung/ alsdann ein Geſell/ als- dann ein Maiſter/ alsdann ein Burger/ alsdann ein Raths- herꝛ/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686/402
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686/402>, abgerufen am 04.06.2024.