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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686.

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Judas Anfangs ein kleiner/
seine Arglist begangen; vnder anderen ist folgendes sehr
denckwürdig gewesen. Er begabe sich in bemelter Statt
zu einem sehr reichen vnnd wolbegüten Kauffmann/ von
dem er die gewisse Nachricht eingebracht/ daß er innerhalb
zwey Tagen werde auff einen vornehmen Jahrmarckt ver-
raisen: bittet demnach denselbigen Handlsmann/ er wolle
doch sambt seinen Wahren ihme auch eine Truhen mit-
nemmen/ worinnen sehr kostbare Sachen/ verspricht nit
nur allein allen Raiß-vnnd Fuhr-Unkosten abzustatten/
sondern noch darzu ein beliebige Gratification zuezuse-
tzen/ so bald er in fünff oder sechs Tagen auch dahin wer-
de abraisen/ der gute vnd ehrliche Kauffmann wolt ihm
dise Bitt nit abschlagen/ zaigt sich in allweg gantz willfäh-
rig/ mit dem Verlaut/ er wolle die Truhen nur lassen her-
bey bringen. Das ware nun dem Ertz-Schalck ein ge-
wünschte Sach/ welcher sich dann bald durch ihrer zwey
gleichen Glisster hat lassen einsperren/ in ein grosse Truhen/
oder Verschlag/ vnd folgends in das Gewölb gedachten
Handlsmann tragen lassen/ welcher deß guten Glaubens
war/ als seyen hierinnen vornehme Wahren verschlossen;
in deme nun die finstere Nacht herbey kommen/ vnd das
Handls Gewölb allerseits versperret/ vnd verriglet war/
da sucht diser Haupt-Dieb/ wie er möcht auß disem hül-
tzernen Arrest herauß kommen/ vnd den Kauffladen auß-
raumen. Weilen er aber/ nach Gewonheit der Handlsmän-
ner/ alle Nacht pflegte einen wachtsamen Hund in das
Gewölb zu sperren/ vnd solcher das Geräusch in diser Tru-
hen vermerckt/ hat er mit vngestimmem beissen vnd bel-
len den Dieb verrathen. Wie dann bereits derenthalben
alle im Hauß erwacht/ vnd vnverweilt in das Gewölb her-
under gestigen. Da sie mit Verwunderung den Augen-
schein eingenommen/ wie vngewöhnlich/ vnd gleichsamb
gantz rasend der Hund gegen diser frembden Truhen sich

ver-
Z z 3

Judas Anfangs ein kleiner/
ſeine Argliſt begangen; vnder anderen iſt folgendes ſehr
denckwuͤrdig geweſen. Er begabe ſich in bemelter Statt
zu einem ſehr reichen vnnd wolbeguͤten Kauffmann/ von
dem er die gewiſſe Nachricht eingebracht/ daß er innerhalb
zwey Tagen werde auff einen vornehmen Jahrmarckt ver-
raiſen: bittet demnach denſelbigen Handlsmann/ er wolle
doch ſambt ſeinen Wahren ihme auch eine Truhen mit-
nemmen/ worinnen ſehr koſtbare Sachen/ verſpricht nit
nur allein allen Raiß-vnnd Fuhr-Unkoſten abzuſtatten/
ſondern noch darzu ein beliebige Gratification zuezuſe-
tzen/ ſo bald er in fuͤnff oder ſechs Tagen auch dahin wer-
de abraiſen/ der gute vnd ehrliche Kauffmann wolt ihm
diſe Bitt nit abſchlagen/ zaigt ſich in allweg gantz willfaͤh-
rig/ mit dem Verlaut/ er wolle die Truhen nur laſſen her-
bey bringen. Das ware nun dem Ertz-Schalck ein ge-
wuͤnſchte Sach/ welcher ſich dann bald durch ihrer zwey
gleichen Gliſſter hat laſſen einſperren/ in ein groſſe Truhen/
oder Verſchlag/ vnd folgends in das Gewoͤlb gedachten
Handlsmann tragen laſſen/ welcher deß guten Glaubens
war/ als ſeyen hierinnen vornehme Wahren verſchloſſen;
in deme nun die finſtere Nacht herbey kommen/ vnd das
Handls Gewoͤlb allerſeits verſperret/ vnd verriglet war/
da ſucht diſer Haupt-Dieb/ wie er moͤcht auß diſem huͤl-
tzernen Arreſt herauß kommen/ vnd den Kauffladen auß-
raumen. Weilen er aber/ nach Gewonheit der Handlsmaͤn-
ner/ alle Nacht pflegte einen wachtſamen Hund in das
Gewoͤlb zu ſperren/ vnd ſolcher das Geraͤuſch in diſer Tru-
hen vermerckt/ hat er mit vngeſtimmem beiſſen vnd bel-
len den Dieb verrathen. Wie dann bereits derenthalben
alle im Hauß erwacht/ vnd vnverweilt in das Gewoͤlb her-
under geſtigen. Da ſie mit Verwunderung den Augen-
ſchein eingenommen/ wie vngewoͤhnlich/ vnd gleichſamb
gantz raſend der Hund gegen diſer frembden Truhen ſich

ver-
Z z 3
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[365/0401] Judas Anfangs ein kleiner/ ſeine Argliſt begangen; vnder anderen iſt folgendes ſehr denckwuͤrdig geweſen. Er begabe ſich in bemelter Statt zu einem ſehr reichen vnnd wolbeguͤten Kauffmann/ von dem er die gewiſſe Nachricht eingebracht/ daß er innerhalb zwey Tagen werde auff einen vornehmen Jahrmarckt ver- raiſen: bittet demnach denſelbigen Handlsmann/ er wolle doch ſambt ſeinen Wahren ihme auch eine Truhen mit- nemmen/ worinnen ſehr koſtbare Sachen/ verſpricht nit nur allein allen Raiß-vnnd Fuhr-Unkoſten abzuſtatten/ ſondern noch darzu ein beliebige Gratification zuezuſe- tzen/ ſo bald er in fuͤnff oder ſechs Tagen auch dahin wer- de abraiſen/ der gute vnd ehrliche Kauffmann wolt ihm diſe Bitt nit abſchlagen/ zaigt ſich in allweg gantz willfaͤh- rig/ mit dem Verlaut/ er wolle die Truhen nur laſſen her- bey bringen. Das ware nun dem Ertz-Schalck ein ge- wuͤnſchte Sach/ welcher ſich dann bald durch ihrer zwey gleichen Gliſſter hat laſſen einſperren/ in ein groſſe Truhen/ oder Verſchlag/ vnd folgends in das Gewoͤlb gedachten Handlsmann tragen laſſen/ welcher deß guten Glaubens war/ als ſeyen hierinnen vornehme Wahren verſchloſſen; in deme nun die finſtere Nacht herbey kommen/ vnd das Handls Gewoͤlb allerſeits verſperret/ vnd verriglet war/ da ſucht diſer Haupt-Dieb/ wie er moͤcht auß diſem huͤl- tzernen Arreſt herauß kommen/ vnd den Kauffladen auß- raumen. Weilen er aber/ nach Gewonheit der Handlsmaͤn- ner/ alle Nacht pflegte einen wachtſamen Hund in das Gewoͤlb zu ſperren/ vnd ſolcher das Geraͤuſch in diſer Tru- hen vermerckt/ hat er mit vngeſtimmem beiſſen vnd bel- len den Dieb verrathen. Wie dann bereits derenthalben alle im Hauß erwacht/ vnd vnverweilt in das Gewoͤlb her- under geſtigen. Da ſie mit Verwunderung den Augen- ſchein eingenommen/ wie vngewoͤhnlich/ vnd gleichſamb gantz raſend der Hund gegen diſer frembden Truhen ſich ver- Z z 3

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686/401>, abgerufen am 04.06.2024.