Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686.

Bild:
<< vorherige Seite

Judas ein angehender
der Kirchen abgeschriben/ ohne Beyhülff eines Liechts/
weilen seine Finger lauter brinnende Facklen scheinten.
Gleich zur selben Zeit wolt ein Discipul deß H. Fridiani
das Buch von Columba wider zuruck begehren; findet
aber/ daß sich der H. Columba in der Kirchen verschlossen;
schaut demnach durch ein kleines Loch/ oder offne Klumb-
sen hinein/ verwundert sich höchlich über den seltzamen
Glantz seiner Finger/ welches seinen Vorwitz noch mehrer
angesporrt/ daß er länger durch das Loch hinein gugt/ der
Hoffnung/ er werde noch andere dergleichen Wunderding
erwarten; aber der Allerhöchste hat disen ohnnöthigen
Vorwitz gar arthlich gestraffet/ massen eben dazumahlen
ein Krä (diser Vogel ist dem Raaben nit vil ohngleich) in
der Kirchen ware/ welche ohne das gantz haimblich in dem
Kloster herumb geflogen. Diser Vogel/ auß Befelch Got-
tes/ schleichte gantz still zu der Kirchen-Thür/ beckt vnver-
sehens zu dem Loch hinauß/ vnd haut auff einmahl dem
vorwitzigen Frater ein Aug auß. Diser arme Tropff hat
alsbald mit einem Aug besser/ als vorhero mit zwey Au-
gen gesehen/ daß er nit hätte sollen vorwitzig seyn.

Wann durch Schickung Gottes ein jeder solt ein
Aug verliehren/ welcher vorwitziger Weiß nicht durch ein
Kirchen-Thür/ sondern gar durch die Himmels-Thür hin-
ein schaut/ vnd Achtung gibt/ was GOtt für gehaimbe
Urthel in seinem Göttlichen Consistorio verborgen. O
wie vil wären einaugige Menschen! wie vil hatten nur
ein Fenster im obern Zimmer! wie vil gab es gute Schü-
tzen/ welche nicht mehr nöthig hätten ein Aug zu zuschlies-
sen/ wann sie zihlen vnd abtrucken! dann was findt man
mehrer/ als solche vorwitzige/ nasenwitzige/ überwitzige
Adams-Kinder/ die immerzu das Warumb im Maul
herumb tragen/ wie ein Budlhund den Brügl. Solchen
aber gib ich keinen anderen Beschaid/ als da geben hat

Christus

Judas ein angehender
der Kirchen abgeſchriben/ ohne Beyhuͤlff eines Liechts/
weilen ſeine Finger lauter brinnende Facklen ſcheinten.
Gleich zur ſelben Zeit wolt ein Diſcipul deß H. Fridiani
das Buch von Columba wider zuruck begehren; findet
aber/ daß ſich der H. Columba in der Kirchen verſchloſſen;
ſchaut demnach durch ein kleines Loch/ oder offne Klumb-
ſen hinein/ verwundert ſich hoͤchlich uͤber den ſeltzamen
Glantz ſeiner Finger/ welches ſeinen Vorwitz noch mehrer
angeſporꝛt/ daß er laͤnger durch das Loch hinein gugt/ der
Hoffnung/ er werde noch andere dergleichen Wunderding
erwarten; aber der Allerhoͤchſte hat diſen ohnnoͤthigen
Vorwitz gar arthlich geſtraffet/ maſſen eben dazumahlen
ein Kraͤ (diſer Vogel iſt dem Raaben nit vil ohngleich) in
der Kirchen ware/ welche ohne das gantz haimblich in dem
Kloſter herumb geflogen. Diſer Vogel/ auß Befelch Got-
tes/ ſchleichte gantz ſtill zu der Kirchen-Thuͤr/ beckt vnver-
ſehens zu dem Loch hinauß/ vnd haut auff einmahl dem
vorwitzigen Frater ein Aug auß. Diſer arme Tropff hat
alsbald mit einem Aug beſſer/ als vorhero mit zwey Au-
gen geſehen/ daß er nit haͤtte ſollen vorwitzig ſeyn.

Wann durch Schickung Gottes ein jeder ſolt ein
Aug verliehren/ welcher vorwitziger Weiß nicht durch ein
Kirchen-Thuͤr/ ſondern gar durch die Himmels-Thuͤr hin-
ein ſchaut/ vnd Achtung gibt/ was GOtt fuͤr gehaimbe
Urthel in ſeinem Goͤttlichen Conſiſtorio verborgen. O
wie vil waͤren einaugige Menſchen! wie vil hatten nur
ein Fenſter im obern Zimmer! wie vil gab es gute Schuͤ-
tzen/ welche nicht mehr noͤthig haͤtten ein Aug zu zuſchlieſ-
ſen/ wann ſie zihlen vnd abtrucken! dann was findt man
mehrer/ als ſolche vorwitzige/ naſenwitzige/ uͤberwitzige
Adams-Kinder/ die immerzu das Warumb im Maul
herumb tragen/ wie ein Budlhund den Bruͤgl. Solchen
aber gib ich keinen anderen Beſchaid/ als da geben hat

Chriſtus
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0300" n="264"/><fw place="top" type="header">Judas ein angehender</fw><lb/>
der Kirchen abge&#x017F;chriben/ ohne Beyhu&#x0364;lff eines Liechts/<lb/>
weilen &#x017F;eine Finger lauter brinnende Facklen &#x017F;cheinten.<lb/>
Gleich zur &#x017F;elben Zeit wolt ein <hi rendition="#aq">Di&#x017F;cipul</hi> deß H. <hi rendition="#aq">Fridiani</hi><lb/>
das Buch von <hi rendition="#aq">Columba</hi> wider zuruck begehren; findet<lb/>
aber/ daß &#x017F;ich der H. <hi rendition="#aq">Columba</hi> in der Kirchen ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en;<lb/>
&#x017F;chaut demnach durch ein kleines Loch/ oder offne Klumb-<lb/>
&#x017F;en hinein/ verwundert &#x017F;ich ho&#x0364;chlich u&#x0364;ber den &#x017F;eltzamen<lb/>
Glantz &#x017F;einer Finger/ welches &#x017F;einen Vorwitz noch mehrer<lb/>
ange&#x017F;por&#xA75B;t/ daß er la&#x0364;nger durch das Loch hinein gugt/ der<lb/>
Hoffnung/ er werde noch andere dergleichen Wunderding<lb/>
erwarten; aber der Allerho&#x0364;ch&#x017F;te hat di&#x017F;en ohnno&#x0364;thigen<lb/>
Vorwitz gar arthlich ge&#x017F;traffet/ ma&#x017F;&#x017F;en eben dazumahlen<lb/>
ein Kra&#x0364; (di&#x017F;er Vogel i&#x017F;t dem Raaben nit vil ohngleich) in<lb/>
der Kirchen ware/ welche ohne das gantz haimblich in dem<lb/>
Klo&#x017F;ter herumb geflogen. Di&#x017F;er Vogel/ auß Befelch Got-<lb/>
tes/ &#x017F;chleichte gantz &#x017F;till zu der Kirchen-Thu&#x0364;r/ beckt vnver-<lb/>
&#x017F;ehens zu dem Loch hinauß/ vnd haut auff einmahl dem<lb/>
vorwitzigen <hi rendition="#aq">Frater</hi> ein Aug auß. Di&#x017F;er arme Tropff hat<lb/>
alsbald mit einem Aug be&#x017F;&#x017F;er/ als vorhero mit zwey Au-<lb/>
gen ge&#x017F;ehen/ daß er nit ha&#x0364;tte &#x017F;ollen vorwitzig &#x017F;eyn.</p><lb/>
        <p>Wann durch Schickung Gottes ein jeder &#x017F;olt ein<lb/>
Aug verliehren/ welcher vorwitziger Weiß nicht durch ein<lb/>
Kirchen-Thu&#x0364;r/ &#x017F;ondern gar durch die Himmels-Thu&#x0364;r hin-<lb/>
ein &#x017F;chaut/ vnd Achtung gibt/ was GOtt fu&#x0364;r gehaimbe<lb/>
Urthel in &#x017F;einem Go&#x0364;ttlichen <hi rendition="#aq">Con&#x017F;i&#x017F;torio</hi> verborgen. O<lb/>
wie vil wa&#x0364;ren einaugige Men&#x017F;chen! wie vil hatten nur<lb/>
ein Fen&#x017F;ter im obern Zimmer! wie vil gab es gute Schu&#x0364;-<lb/>
tzen/ welche nicht mehr no&#x0364;thig ha&#x0364;tten ein Aug zu zu&#x017F;chlie&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en/ wann &#x017F;ie zihlen vnd abtrucken! dann was findt man<lb/>
mehrer/ als &#x017F;olche vorwitzige/ na&#x017F;enwitzige/ u&#x0364;berwitzige<lb/>
Adams-Kinder/ die immerzu das <hi rendition="#fr">Warumb</hi> im Maul<lb/>
herumb tragen/ wie ein Budlhund den Bru&#x0364;gl. Solchen<lb/>
aber gib ich keinen anderen Be&#x017F;chaid/ als da geben hat<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Chri&#x017F;tus</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[264/0300] Judas ein angehender der Kirchen abgeſchriben/ ohne Beyhuͤlff eines Liechts/ weilen ſeine Finger lauter brinnende Facklen ſcheinten. Gleich zur ſelben Zeit wolt ein Diſcipul deß H. Fridiani das Buch von Columba wider zuruck begehren; findet aber/ daß ſich der H. Columba in der Kirchen verſchloſſen; ſchaut demnach durch ein kleines Loch/ oder offne Klumb- ſen hinein/ verwundert ſich hoͤchlich uͤber den ſeltzamen Glantz ſeiner Finger/ welches ſeinen Vorwitz noch mehrer angeſporꝛt/ daß er laͤnger durch das Loch hinein gugt/ der Hoffnung/ er werde noch andere dergleichen Wunderding erwarten; aber der Allerhoͤchſte hat diſen ohnnoͤthigen Vorwitz gar arthlich geſtraffet/ maſſen eben dazumahlen ein Kraͤ (diſer Vogel iſt dem Raaben nit vil ohngleich) in der Kirchen ware/ welche ohne das gantz haimblich in dem Kloſter herumb geflogen. Diſer Vogel/ auß Befelch Got- tes/ ſchleichte gantz ſtill zu der Kirchen-Thuͤr/ beckt vnver- ſehens zu dem Loch hinauß/ vnd haut auff einmahl dem vorwitzigen Frater ein Aug auß. Diſer arme Tropff hat alsbald mit einem Aug beſſer/ als vorhero mit zwey Au- gen geſehen/ daß er nit haͤtte ſollen vorwitzig ſeyn. Wann durch Schickung Gottes ein jeder ſolt ein Aug verliehren/ welcher vorwitziger Weiß nicht durch ein Kirchen-Thuͤr/ ſondern gar durch die Himmels-Thuͤr hin- ein ſchaut/ vnd Achtung gibt/ was GOtt fuͤr gehaimbe Urthel in ſeinem Goͤttlichen Conſiſtorio verborgen. O wie vil waͤren einaugige Menſchen! wie vil hatten nur ein Fenſter im obern Zimmer! wie vil gab es gute Schuͤ- tzen/ welche nicht mehr noͤthig haͤtten ein Aug zu zuſchlieſ- ſen/ wann ſie zihlen vnd abtrucken! dann was findt man mehrer/ als ſolche vorwitzige/ naſenwitzige/ uͤberwitzige Adams-Kinder/ die immerzu das Warumb im Maul herumb tragen/ wie ein Budlhund den Bruͤgl. Solchen aber gib ich keinen anderen Beſchaid/ als da geben hat Chriſtus

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686/300
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686/300>, abgerufen am 25.11.2024.