Hans Sachs: Königin Deudalinda mit dem Meerwunder. In: ‚SG 15‘ (Spruchgedichtband 15). [s. l.], 1562, Bl. 104ff. Hrsg. und übersetzt von Anja Braun et al. Stuttgart, 2017.Vers 100"Darumb bekenn lauter und pur, Vers 100„Darumb bekenn lauter und pur, <TEI> <text> <body> <div> <lg type="poem"> <lg n="1"> <pb facs="#f0004" n="59d"/> <l n="100">„Darumb bekenn lauter und pur,<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „‚Darum bekenne klar und rein,“</note></l><lb/> <l n="101">Von wem du den entpfangen hast!<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „von wem du diesen empfangen hast!“</note></l><lb/> <l n="102">Deß ehbruchs solt kein uberlast<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „Du sollst nicht übermäßig am Ehebruch leiden,“</note></l><lb/> <l n="103">Haben, sey dir warhafft vergeben,<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „er sei dir wahrhaft vergeben,“</note></l><lb/> <l n="104">Nicht mehr zu dencken dein gantz leben.“<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „dass du nicht dein ganzes Leben daran denken musst.‘“</note></l><lb/> <l n="105">Da sagt die köngin her besunder,<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „Da berichtete die Königin ausführlich,“</note></l><lb/> <l n="106">Was sich mit dem schendling meerwunder<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „was sich mit dem schändlichen Meerwunder“</note></l><lb/> <l n="107">Vor diser zeit begeben het,<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „vor Zeiten begeben hatte;“</note></l><lb/> <l n="108">Und den ritter anzeygen thet,<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „und sie benannte den Ritter,“</note></l><lb/> <l n="109">Der auch irem gschrey zu war kommen,<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „der ihrem Geschrei gefolgt war,“</note></l><lb/> <l n="110">Als das meerwundr die flucht het gnommen.<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „(und) wie das Meerwunder die Flucht ergriffen hatte.“</note></l><lb/> <l n="111">Der ritter da bekennen thet,<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „Der Ritter bestätigte dies,“</note></l><lb/> <l n="112">Der hinderwertling gsehen het<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „welcher das Meerwunder von hinten“</note></l><lb/> <l n="113">Das meerwunder ins meere springen.<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „ins Meer springen gesehen hatte.“</note></l><lb/> <l n="114">Der köng gelaubet disen dingen.<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „Der König glaubte diesen Darstellungen“</note></l><lb/> <l n="115">Aller sach wol zufrieden war.<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „(und) war mit den Dingen hochzufrieden.“</note></l><lb/> <l n="116">Doch hett er lust auch mit gefahr,<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „Doch hatte er, um ihm zu schaden, Lust darauf,“</note></l><lb/> <l n="117">Dises meerwunder selbst zu sehen,<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „dieses Meerwunder selbst zu sehen,“</note></l><lb/> <l n="118">Von dem diser grewl war geschehen.<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „von dem diese Gräueltat geschehen war.“</note></l><lb/> <l n="119">Und reit mit seinem son außhin.<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „Und (er) ritt mit seinem Sohn hinaus“</note></l><lb/> <l n="120">Namb auch mit ihm die königin<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „(und) nahm auch die Königin mit sich“</note></l><lb/> <l n="121">Gleich zu dem gstreuß, da ir vor jarn<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „direkt zu dem Gesträuch, wo ihr vor Jahren“</note></l><lb/> <l n="122">Die grewligkeit war widerfahrn<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „die Grausamkeit von diesem schrecklichen Meerwunder“</note></l><lb/> <l n="123">Von disem schröcklichen meerwunder.<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „widerfahren war.“</note></l><lb/> <l n="124">Die zwen verhielten sich besunder<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „Die beiden versteckten sich abseits“</note></l><lb/> <l n="125">Im gstreuß. die köngin gieng einwertz,<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „im Gesträuch; die Königin ging hinein,“</note></l><lb/> <l n="126">Doch war ir darzu schwer das hertz.<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „doch war ihr dabei das Herz schwer.“</note></l><lb/> <l n="127">Indems meerwunder auß dem meer<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „Im selben Augenblick sprang das Meerwunder aus dem Meer“</note></l><lb/> <l n="128">Sprang und eylt auff die köngin sehr.<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „und stürzte auf die Königin zu.“</note></l><lb/> <l n="129">Die fieng mit krefften an zu schreyen<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „Die fing aus Leibeskräften an,“</note></l><lb/> <l n="130">Umb hilff, gar kleglich disen zweyen.<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „um Hilfe zu schreien, was diese beiden beklagenswert fanden.“</note></l><lb/> <l n="131">Vatter und son von leder zugen,<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „Vater und Sohn zogen das Schwert,“</note></l><lb/> <l n="132">Auffs meerwunder stachen und schlugen.<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „stachen und schlugen auf das Meerwunder ein,“</note></l><lb/> <l n="133">Das sich ernstlich zu wehr ward stellen<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „das sich erbittert zur Wehr setzte“</note></l><lb/> <l n="134">Mit beissen, werffen und mit krellen,<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „mit Beißen, Schleudern und mit Krallen,“</note></l><lb/> <l n="135">Wann es war sehr krefftig und starck<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „denn es war sehr kräftig und stark“</note></l><lb/> <l n="136">Und sehr schwind, gantz mördisch und arg.<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „und sehr geschwind, überaus mordgierig und hinterlistig.“</note></l><lb/> <l n="137">Wehrt sich ihr auff ein gantze stund,<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „(Es) erwehrte sich ihrer fast eine ganze Stunde lang,“</note></l><lb/> <l n="138">Biß sie es doch hawten todwund,<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „bis sie ihm doch tödliche Wunden schlugen,“</note></l><lb/> <l n="139">Daß es fiel und lag todt zuletzt.<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „so dass es stürzte und schließlich tot dalag.“</note></l><lb/> <l n="140">Der köng sich seiner gstalt entsetzt.<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „Der König entsetzte sich vor seinem Anblick.“</note></l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [59d/0004]
„Darumb bekenn lauter und pur,
Von wem du den entpfangen hast!
Deß ehbruchs solt kein uberlast
Haben, sey dir warhafft vergeben,
Nicht mehr zu dencken dein gantz leben.“
Da sagt die köngin her besunder,
Was sich mit dem schendling meerwunder
Vor diser zeit begeben het,
Und den ritter anzeygen thet,
Der auch irem gschrey zu war kommen,
Als das meerwundr die flucht het gnommen.
Der ritter da bekennen thet,
Der hinderwertling gsehen het
Das meerwunder ins meere springen.
Der köng gelaubet disen dingen.
Aller sach wol zufrieden war.
Doch hett er lust auch mit gefahr,
Dises meerwunder selbst zu sehen,
Von dem diser grewl war geschehen.
Und reit mit seinem son außhin.
Namb auch mit ihm die königin
Gleich zu dem gstreuß, da ir vor jarn
Die grewligkeit war widerfahrn
Von disem schröcklichen meerwunder.
Die zwen verhielten sich besunder
Im gstreuß. die köngin gieng einwertz,
Doch war ir darzu schwer das hertz.
Indems meerwunder auß dem meer
Sprang und eylt auff die köngin sehr.
Die fieng mit krefften an zu schreyen
Umb hilff, gar kleglich disen zweyen.
Vatter und son von leder zugen,
Auffs meerwunder stachen und schlugen.
Das sich ernstlich zu wehr ward stellen
Mit beissen, werffen und mit krellen,
Wann es war sehr krefftig und starck
Und sehr schwind, gantz mördisch und arg.
Wehrt sich ihr auff ein gantze stund,
Biß sie es doch hawten todwund,
Daß es fiel und lag todt zuletzt.
Der köng sich seiner gstalt entsetzt.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Anja Braun, Nora Ketschik, Matthias Kirchhoff, Anne Kirchhoff, Stephanie Seidl: Edition und Übersetzung dreier Fassungen
des „Meerwunders“
(2018-02-22T15:10:46Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle
Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand
zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen
muss.
Nora Ketschik, Christian Thomas: Konvertierung der Ausgangsdaten (HTML)
nach DTABf und Nachbearbeitung des XML-Dokuments.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst). Der Sangspruchband SG 15 des Stadtarchivs Zwickau, der auf Blatt 104ff. das Gedicht „Königin Deudalinda mit dem Meerwunder“ enthält, ist seit mindestens 1853 verschollen. Der Text ist daher nur noch durch eine Edition von Keller/Goetze aus dem Jahr 1886 erschließbar. Ein kritischer Apparat ist dem Text nicht beigegeben, so dass Aussagen über eventuelle Eingriffe der Herausgeber in den ursprünglichen Wortlaut der Handschrift nicht möglich sind.
Zeilenanfänge werden immer, ggf. auch entgegen der Vorlage, groß geschrieben.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |