Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.
Als solches geschehen, fing er von den Pässen an zu reden, grif auch, von dem vorigen Gedanken wiederum gereitzt, nach dem Beile, bedachte sich jedoch wieder, zu Gott seufzend, daß die That unterbleiben möchte. Jndem aber der Obrist nach dem Fenster sahe, und der Antrieb bei ihm heftiger ward, ergrif er mit der rechten Hand jenes Mordgewehr, hieb demselben zuerst über den Kopf, ferner in den Hals, und da jener dadurch noch nicht völlig von dem Leibe getrennt war, schnitt er den übrigen Theil des Halses völlig ab, wickelte den Kopf in das bei sich gesteckte Stück der Gardine, ging damit, ohne von jemanden aufgehalten zu werden, über den Markt in das sogenannte Röslersche Haus, warf Kopf und Beil daselbst auf den Hausboden, verfügte sich hiernächst in den Keller desselben, und legte sich allda in ein Bett, mit fleißigem Gebete und in der Meinung, der Krieg könnte dadurch aufgehoben werden. Dieses wäre nun der ganze Zusammenhang einer so sonderbaren, als schrecklichen Handlung, welche ich aus seinem eigenen, ganz freiwillig abgelegten und unter aller Marter unverändert wiederholten Bekenntnisse möglichst genau anzuführen, zweckmäßig geachtet habe, um die Moralität derselben desto zutreffender beurtheilen zu können.
Als solches geschehen, fing er von den Paͤssen an zu reden, grif auch, von dem vorigen Gedanken wiederum gereitzt, nach dem Beile, bedachte sich jedoch wieder, zu Gott seufzend, daß die That unterbleiben moͤchte. Jndem aber der Obrist nach dem Fenster sahe, und der Antrieb bei ihm heftiger ward, ergrif er mit der rechten Hand jenes Mordgewehr, hieb demselben zuerst uͤber den Kopf, ferner in den Hals, und da jener dadurch noch nicht voͤllig von dem Leibe getrennt war, schnitt er den uͤbrigen Theil des Halses voͤllig ab, wickelte den Kopf in das bei sich gesteckte Stuͤck der Gardine, ging damit, ohne von jemanden aufgehalten zu werden, uͤber den Markt in das sogenannte Roͤslersche Haus, warf Kopf und Beil daselbst auf den Hausboden, verfuͤgte sich hiernaͤchst in den Keller desselben, und legte sich allda in ein Bett, mit fleißigem Gebete und in der Meinung, der Krieg koͤnnte dadurch aufgehoben werden. Dieses waͤre nun der ganze Zusammenhang einer so sonderbaren, als schrecklichen Handlung, welche ich aus seinem eigenen, ganz freiwillig abgelegten und unter aller Marter unveraͤndert wiederholten Bekenntnisse moͤglichst genau anzufuͤhren, zweckmaͤßig geachtet habe, um die Moralitaͤt derselben desto zutreffender beurtheilen zu koͤnnen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0008" n="8"/><lb/> gen haͤtte, mit Bitte, den am Tische sitzenden Sekretaͤr abtreten zu lassen. </p> <p>Als solches geschehen, fing er von den Paͤssen an zu reden, grif auch, von dem vorigen Gedanken wiederum gereitzt, nach dem Beile, bedachte sich jedoch wieder, zu Gott seufzend, daß die That unterbleiben moͤchte. Jndem aber der Obrist nach dem Fenster sahe, und der Antrieb bei ihm heftiger ward, ergrif er mit der rechten Hand jenes Mordgewehr, hieb demselben zuerst uͤber den Kopf, ferner in den Hals, und da jener dadurch noch nicht voͤllig von dem Leibe getrennt war, schnitt er den uͤbrigen Theil des Halses voͤllig ab, wickelte den Kopf in das bei sich gesteckte Stuͤck der Gardine, ging damit, ohne von jemanden aufgehalten zu werden, uͤber den Markt in das sogenannte Roͤslersche Haus, warf Kopf und Beil daselbst auf den Hausboden, verfuͤgte sich hiernaͤchst in den Keller desselben, und legte sich allda in ein Bett, mit fleißigem Gebete und in der Meinung, der Krieg koͤnnte dadurch aufgehoben werden. </p> <p>Dieses waͤre nun der ganze Zusammenhang einer so sonderbaren, als schrecklichen Handlung, welche ich aus seinem eigenen, ganz freiwillig abgelegten und unter aller Marter unveraͤndert wiederholten Bekenntnisse moͤglichst genau anzufuͤhren, zweckmaͤßig geachtet habe, um die Moralitaͤt derselben desto zutreffender beurtheilen zu koͤnnen. </p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [8/0008]
gen haͤtte, mit Bitte, den am Tische sitzenden Sekretaͤr abtreten zu lassen.
Als solches geschehen, fing er von den Paͤssen an zu reden, grif auch, von dem vorigen Gedanken wiederum gereitzt, nach dem Beile, bedachte sich jedoch wieder, zu Gott seufzend, daß die That unterbleiben moͤchte. Jndem aber der Obrist nach dem Fenster sahe, und der Antrieb bei ihm heftiger ward, ergrif er mit der rechten Hand jenes Mordgewehr, hieb demselben zuerst uͤber den Kopf, ferner in den Hals, und da jener dadurch noch nicht voͤllig von dem Leibe getrennt war, schnitt er den uͤbrigen Theil des Halses voͤllig ab, wickelte den Kopf in das bei sich gesteckte Stuͤck der Gardine, ging damit, ohne von jemanden aufgehalten zu werden, uͤber den Markt in das sogenannte Roͤslersche Haus, warf Kopf und Beil daselbst auf den Hausboden, verfuͤgte sich hiernaͤchst in den Keller desselben, und legte sich allda in ein Bett, mit fleißigem Gebete und in der Meinung, der Krieg koͤnnte dadurch aufgehoben werden.
Dieses waͤre nun der ganze Zusammenhang einer so sonderbaren, als schrecklichen Handlung, welche ich aus seinem eigenen, ganz freiwillig abgelegten und unter aller Marter unveraͤndert wiederholten Bekenntnisse moͤglichst genau anzufuͤhren, zweckmaͤßig geachtet habe, um die Moralitaͤt derselben desto zutreffender beurtheilen zu koͤnnen.
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0302_1785/8>, abgerufen am 16.07.2024. |