Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite


und Cap. 16,16-21. mit Veränderung etlicher Worte, als statt Jerusalem, Rostock; statt Holofernes, Obrister; und statt ihr, mich; wobei er sich zwar den Zweifel machte, daß Holofernes ein Tyrann, der Obriste Hazfeld aber ein christlich frommer Herr, und ihr Beschützer wäre, jedoch durch einen geheimen Trieb abermal die Antwort erhielte: "es wäre gleichviel, Holofernes oder Hazfeld, er sollte nur die That, wie die Judith, ohne Wissen des Predigers noch eines andern Menschen, verrichten und nicht dafür halten, daß es sein, oder eines Menschen, sondern Gottes Werk wäre."

Mit Beten und Fasten, um damit verschont zu bleiben, brachte er diesen und den folgenden Tag zu, allein auch in der Nacht darauf und am Sonnabend frühe -- war der 22ste Januar -- erneuerte sich der Antrieb, daß es nemlich noch an diesem Tage geschehen müste, weil es nicht sein, sondern ein allgemeines Stadt- und Landwerk wäre. Er entwarf demnach folgende Gebetsformel:

"Es wird begehret, ein christliches Gebet zu thun für eine hochwichtige Sache, die Gottes Ehre und dieses ganzen Landes Wohlfahrt betrifft, welches im Namen der heiligen Dreifaltigkeit forderlichst zu traktiren obhanden ist. Der Allerhöchste wolle dieselbe zu seines heiligen Namens Ehre, Wiedererlangung des lieben Friedens und der bedrängten Christenheit Aushelfung mäch-


und Cap. 16,16-21. mit Veraͤnderung etlicher Worte, als statt Jerusalem, Rostock; statt Holofernes, Obrister; und statt ihr, mich; wobei er sich zwar den Zweifel machte, daß Holofernes ein Tyrann, der Obriste Hazfeld aber ein christlich frommer Herr, und ihr Beschuͤtzer waͤre, jedoch durch einen geheimen Trieb abermal die Antwort erhielte: »es waͤre gleichviel, Holofernes oder Hazfeld, er sollte nur die That, wie die Judith, ohne Wissen des Predigers noch eines andern Menschen, verrichten und nicht dafuͤr halten, daß es sein, oder eines Menschen, sondern Gottes Werk waͤre.«

Mit Beten und Fasten, um damit verschont zu bleiben, brachte er diesen und den folgenden Tag zu, allein auch in der Nacht darauf und am Sonnabend fruͤhe — war der 22ste Januar — erneuerte sich der Antrieb, daß es nemlich noch an diesem Tage geschehen muͤste, weil es nicht sein, sondern ein allgemeines Stadt- und Landwerk waͤre. Er entwarf demnach folgende Gebetsformel:

»Es wird begehret, ein christliches Gebet zu thun fuͤr eine hochwichtige Sache, die Gottes Ehre und dieses ganzen Landes Wohlfahrt betrifft, welches im Namen der heiligen Dreifaltigkeit forderlichst zu traktiren obhanden ist. Der Allerhoͤchste wolle dieselbe zu seines heiligen Namens Ehre, Wiedererlangung des lieben Friedens und der bedraͤngten Christenheit Aushelfung maͤch-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0006" n="6"/><lb/>
und Cap. 16,16-21. mit Vera&#x0364;nderung etlicher Worte, als statt Jerusalem, Rostock;                   statt Holofernes, Obrister; und statt ihr, mich; wobei er sich zwar den Zweifel                   machte, daß Holofernes ein Tyrann, der Obriste Hazfeld aber ein christlich frommer                   Herr, und ihr Beschu&#x0364;tzer wa&#x0364;re, jedoch durch einen geheimen Trieb abermal die                   Antwort erhielte: »es wa&#x0364;re gleichviel, Holofernes oder Hazfeld, er sollte nur die                   That, wie die Judith, ohne Wissen des Predigers noch eines andern Menschen,                   verrichten und nicht dafu&#x0364;r halten, daß es sein, oder eines Menschen, sondern                   Gottes Werk wa&#x0364;re.« </p>
            <p>Mit Beten und Fasten, um damit verschont zu bleiben, brachte er diesen und den                   folgenden Tag zu, allein auch in der Nacht darauf und am Sonnabend fru&#x0364;he &#x2014; war der                   22ste Januar &#x2014; erneuerte sich der Antrieb, daß es nemlich noch an diesem Tage                   geschehen mu&#x0364;ste, weil es nicht sein, sondern ein allgemeines Stadt- und Landwerk                   wa&#x0364;re. Er entwarf demnach folgende Gebetsformel: </p>
            <p rend="indention2">»Es wird begehret, ein christliches Gebet zu thun fu&#x0364;r eine                   hochwichtige Sache, die Gottes Ehre und dieses ganzen Landes Wohlfahrt betrifft,                   welches im Namen der heiligen Dreifaltigkeit forderlichst zu traktiren obhanden                   ist. Der Allerho&#x0364;chste wolle dieselbe zu seines heiligen Namens Ehre,                   Wiedererlangung des lieben Friedens und der bedra&#x0364;ngten Christenheit Aushelfung                      ma&#x0364;ch-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0006] und Cap. 16,16-21. mit Veraͤnderung etlicher Worte, als statt Jerusalem, Rostock; statt Holofernes, Obrister; und statt ihr, mich; wobei er sich zwar den Zweifel machte, daß Holofernes ein Tyrann, der Obriste Hazfeld aber ein christlich frommer Herr, und ihr Beschuͤtzer waͤre, jedoch durch einen geheimen Trieb abermal die Antwort erhielte: »es waͤre gleichviel, Holofernes oder Hazfeld, er sollte nur die That, wie die Judith, ohne Wissen des Predigers noch eines andern Menschen, verrichten und nicht dafuͤr halten, daß es sein, oder eines Menschen, sondern Gottes Werk waͤre.« Mit Beten und Fasten, um damit verschont zu bleiben, brachte er diesen und den folgenden Tag zu, allein auch in der Nacht darauf und am Sonnabend fruͤhe — war der 22ste Januar — erneuerte sich der Antrieb, daß es nemlich noch an diesem Tage geschehen muͤste, weil es nicht sein, sondern ein allgemeines Stadt- und Landwerk waͤre. Er entwarf demnach folgende Gebetsformel: »Es wird begehret, ein christliches Gebet zu thun fuͤr eine hochwichtige Sache, die Gottes Ehre und dieses ganzen Landes Wohlfahrt betrifft, welches im Namen der heiligen Dreifaltigkeit forderlichst zu traktiren obhanden ist. Der Allerhoͤchste wolle dieselbe zu seines heiligen Namens Ehre, Wiedererlangung des lieben Friedens und der bedraͤngten Christenheit Aushelfung maͤch-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0302_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0302_1785/6
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0302_1785/6>, abgerufen am 25.04.2024.