Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.
Um 1 Uhr bemerkten Tages verfügte er sich zu dem Obristen von Hazfeld in der alleinigen Absicht, Schuzbriefe für einige Personen zu bewirken. Verweilte in dem Vorgemache bei dem Zimmer desselben, und mit dem Gedanken oder Antriebe, daß die That durch ihn und mit keinem andern Jnstrument, als einem Beile, geschehen müste, beschäftiget, erblickte er im Gebet und Weggehen drei neue Beile vor dem Fenster, nahm das größte davon zu sich, jedoch mit dem Vorsatze, wenn Gott ihn von diesem Gedanken befreiet hätte, solches wieder dahin zu bringen. Bei seiner Rückkunft erneuerte sich derselbe dahin, wie es von Gott beschlossen wäre, daß er die Exekution an dem Obristen verrichten und den Stiel zum Beile auf seinem Hausboden finden würde; er fand solchen würklich daselbst völlig geschickt dazu und bevestigte ihn in dem Beile mit wiederholten Flehen zu Gott, es nicht dahin kommen zu lassen. Selbst der Anblick der Bibel auf seinem Zimmer vermehrte den Enthusiasmus; er las die Mordgeschichte Holofernes zu dreienmalen und exzerpirte einige Stellen aus dem Buche Judith Cap. 8,28. Cap.9,2-15. Cap. 10,9. Cap. 13,6.
Um 1 Uhr bemerkten Tages verfuͤgte er sich zu dem Obristen von Hazfeld in der alleinigen Absicht, Schuzbriefe fuͤr einige Personen zu bewirken. Verweilte in dem Vorgemache bei dem Zimmer desselben, und mit dem Gedanken oder Antriebe, daß die That durch ihn und mit keinem andern Jnstrument, als einem Beile, geschehen muͤste, beschaͤftiget, erblickte er im Gebet und Weggehen drei neue Beile vor dem Fenster, nahm das groͤßte davon zu sich, jedoch mit dem Vorsatze, wenn Gott ihn von diesem Gedanken befreiet haͤtte, solches wieder dahin zu bringen. Bei seiner Ruͤckkunft erneuerte sich derselbe dahin, wie es von Gott beschlossen waͤre, daß er die Exekution an dem Obristen verrichten und den Stiel zum Beile auf seinem Hausboden finden wuͤrde; er fand solchen wuͤrklich daselbst voͤllig geschickt dazu und bevestigte ihn in dem Beile mit wiederholten Flehen zu Gott, es nicht dahin kommen zu lassen. Selbst der Anblick der Bibel auf seinem Zimmer vermehrte den Enthusiasmus; er las die Mordgeschichte Holofernes zu dreienmalen und exzerpirte einige Stellen aus dem Buche Judith Cap. 8,28. Cap.9,2-15. Cap. 10,9. Cap. 13,6. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0005" n="5"/><lb/> spuͤrte er Tages darauf, den 21sten d.M., als er sich vorgenommen, seinen Beichtvater hieruͤber zu Rathe ziehen, eine neue sogenannte Jnstruktion, daß es niemand vor vollbrachter That wissen und er solche verrichten muͤste. </p> <p>Um 1 Uhr bemerkten Tages verfuͤgte er sich zu dem Obristen von Hazfeld in der alleinigen Absicht, Schuzbriefe fuͤr einige Personen zu bewirken. Verweilte in dem Vorgemache bei dem Zimmer desselben, und mit dem Gedanken oder Antriebe, daß die That durch ihn und mit keinem andern Jnstrument, als einem Beile, geschehen muͤste, beschaͤftiget, erblickte er im Gebet und Weggehen drei neue Beile vor dem Fenster, nahm das groͤßte davon zu sich, jedoch mit dem Vorsatze, wenn Gott ihn von diesem Gedanken befreiet haͤtte, solches wieder dahin zu bringen. </p> <p>Bei seiner Ruͤckkunft erneuerte sich derselbe dahin, wie es von Gott beschlossen waͤre, daß er die Exekution an dem Obristen verrichten und den Stiel zum Beile auf seinem Hausboden finden wuͤrde; er fand solchen wuͤrklich daselbst voͤllig geschickt dazu und bevestigte ihn in dem Beile mit wiederholten Flehen zu Gott, es nicht dahin kommen zu lassen. </p> <p>Selbst der Anblick der Bibel auf seinem Zimmer vermehrte den Enthusiasmus; er las die Mordgeschichte Holofernes zu dreienmalen und exzerpirte einige Stellen aus dem Buche Judith Cap. 8,28. Cap.9,2-15. Cap. 10,9. Cap. 13,6.<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [5/0005]
spuͤrte er Tages darauf, den 21sten d.M., als er sich vorgenommen, seinen Beichtvater hieruͤber zu Rathe ziehen, eine neue sogenannte Jnstruktion, daß es niemand vor vollbrachter That wissen und er solche verrichten muͤste.
Um 1 Uhr bemerkten Tages verfuͤgte er sich zu dem Obristen von Hazfeld in der alleinigen Absicht, Schuzbriefe fuͤr einige Personen zu bewirken. Verweilte in dem Vorgemache bei dem Zimmer desselben, und mit dem Gedanken oder Antriebe, daß die That durch ihn und mit keinem andern Jnstrument, als einem Beile, geschehen muͤste, beschaͤftiget, erblickte er im Gebet und Weggehen drei neue Beile vor dem Fenster, nahm das groͤßte davon zu sich, jedoch mit dem Vorsatze, wenn Gott ihn von diesem Gedanken befreiet haͤtte, solches wieder dahin zu bringen.
Bei seiner Ruͤckkunft erneuerte sich derselbe dahin, wie es von Gott beschlossen waͤre, daß er die Exekution an dem Obristen verrichten und den Stiel zum Beile auf seinem Hausboden finden wuͤrde; er fand solchen wuͤrklich daselbst voͤllig geschickt dazu und bevestigte ihn in dem Beile mit wiederholten Flehen zu Gott, es nicht dahin kommen zu lassen.
Selbst der Anblick der Bibel auf seinem Zimmer vermehrte den Enthusiasmus; er las die Mordgeschichte Holofernes zu dreienmalen und exzerpirte einige Stellen aus dem Buche Judith Cap. 8,28. Cap.9,2-15. Cap. 10,9. Cap. 13,6.
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0302_1785/5>, abgerufen am 16.07.2024. |