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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.

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auch in dem schrecklichsten Zeitpunkte seines Lebens, welchem ich mich jetzo nähere.

Schon oben ist bemerket, daß er bei seiner Schwiegermutter seine Wohnung gehabt. Dieses bequeme und am Markte in Rostock belegene Haus war für den dasigen Kommendanten, den Kaiserl. Obristen Heinrich Ludwig von Hazfeld zum Quartier ausersehen, daher er und seine Schwiegermutter auf Verlangen des Magistrats solches räumen mußten. Hiedurch, vielleicht auch durch seine Wissenschaften, wovon der Obriste ein Liebhaber war, erhielt er Gelegenheit, dessen Bekanntschaft und Zutrauen sich zu erwerben, so daß er die Erlaubniß hatte, unangemeldet zu ihm kommen zu dürfen. Unglückliche Erlaubniß!

Jm Jahr 1631 den 20sten Januar Donnerstags in der Nacht erwachte Jakob Varmeier um 12 Uhr mit den Gedanken, wegen des betrübten Kriegswesens und daß Gott den Obristen von Hazfeld durch einen schleunigen Tod von dieser Welt abfodern wollte, wobei ein grausamer Antrieb, welchen er, auch unter der Marter, für eine göttliche Eingebung, vel singularem Inspirationem divinam hielt, daß jene That durch ihn geschehen sollte, sich seiner ganzen Seele bemächtigte.

Gebet, Seufzen und Thränen, sowohl in dieser Nacht, als nachher, solcher Gedanken und deren Ausführung überhoben zu seyn, konnten den öfteren Antrieb dazu nicht hemmen, vielmehr ver-


auch in dem schrecklichsten Zeitpunkte seines Lebens, welchem ich mich jetzo naͤhere.

Schon oben ist bemerket, daß er bei seiner Schwiegermutter seine Wohnung gehabt. Dieses bequeme und am Markte in Rostock belegene Haus war fuͤr den dasigen Kommendanten, den Kaiserl. Obristen Heinrich Ludwig von Hazfeld zum Quartier ausersehen, daher er und seine Schwiegermutter auf Verlangen des Magistrats solches raͤumen mußten. Hiedurch, vielleicht auch durch seine Wissenschaften, wovon der Obriste ein Liebhaber war, erhielt er Gelegenheit, dessen Bekanntschaft und Zutrauen sich zu erwerben, so daß er die Erlaubniß hatte, unangemeldet zu ihm kommen zu duͤrfen. Ungluͤckliche Erlaubniß!

Jm Jahr 1631 den 20sten Januar Donnerstags in der Nacht erwachte Jakob Varmeier um 12 Uhr mit den Gedanken, wegen des betruͤbten Kriegswesens und daß Gott den Obristen von Hazfeld durch einen schleunigen Tod von dieser Welt abfodern wollte, wobei ein grausamer Antrieb, welchen er, auch unter der Marter, fuͤr eine goͤttliche Eingebung, vel singularem Inspirationem divinam hielt, daß jene That durch ihn geschehen sollte, sich seiner ganzen Seele bemaͤchtigte.

Gebet, Seufzen und Thraͤnen, sowohl in dieser Nacht, als nachher, solcher Gedanken und deren Ausfuͤhrung uͤberhoben zu seyn, konnten den oͤfteren Antrieb dazu nicht hemmen, vielmehr ver-

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[4/0004] auch in dem schrecklichsten Zeitpunkte seines Lebens, welchem ich mich jetzo naͤhere. Schon oben ist bemerket, daß er bei seiner Schwiegermutter seine Wohnung gehabt. Dieses bequeme und am Markte in Rostock belegene Haus war fuͤr den dasigen Kommendanten, den Kaiserl. Obristen Heinrich Ludwig von Hazfeld zum Quartier ausersehen, daher er und seine Schwiegermutter auf Verlangen des Magistrats solches raͤumen mußten. Hiedurch, vielleicht auch durch seine Wissenschaften, wovon der Obriste ein Liebhaber war, erhielt er Gelegenheit, dessen Bekanntschaft und Zutrauen sich zu erwerben, so daß er die Erlaubniß hatte, unangemeldet zu ihm kommen zu duͤrfen. Ungluͤckliche Erlaubniß! Jm Jahr 1631 den 20sten Januar Donnerstags in der Nacht erwachte Jakob Varmeier um 12 Uhr mit den Gedanken, wegen des betruͤbten Kriegswesens und daß Gott den Obristen von Hazfeld durch einen schleunigen Tod von dieser Welt abfodern wollte, wobei ein grausamer Antrieb, welchen er, auch unter der Marter, fuͤr eine goͤttliche Eingebung, vel singularem Inspirationem divinam hielt, daß jene That durch ihn geschehen sollte, sich seiner ganzen Seele bemaͤchtigte. Gebet, Seufzen und Thraͤnen, sowohl in dieser Nacht, als nachher, solcher Gedanken und deren Ausfuͤhrung uͤberhoben zu seyn, konnten den oͤfteren Antrieb dazu nicht hemmen, vielmehr ver-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0302_1785/4>, abgerufen am 29.03.2024.