Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.
Hierzu mochte etwa ein Freund, der ihn besuchte, einige Veranlassung gegeben haben, welcher, durch seinen freundlichen Empfang getäuscht, ihn zur Zerstreuung von diesem und jenem, also auch unter andern vom Soldatenstande unterhalten hatte, das er sogleich mit freudiger Regung ergriff, da er so nun nicht mehr studiren könne, höchstens etwa eine der niedrigsten Stufen bei einem Collegio zu erhalten vermöchte, und also Soldat zu werden das beste sey; und von der Zeit an blieb diese Jdee die herrschende während der Krankheit; seine Schlafmütze war die Husarenmütze, die Wärter mußten ihm Knoten in die Haare knüpfen, und wir sollten Pelz, Säbel und Patent überliefern, sonst würde es der Regimentsadjutant abfordern, dem er anbefohlen, es zu holen. Vielleicht trug der Stand der beiden Wächter, die Soldaten waren, zu dieser Phantasie auch etwas bei. Dieselbe Lage und Aeußerungen verblieben am nächstfolgenden Tage; zeither hatte sich kein Schlaf eingefunden, Tag und Nacht sprach er ohne Unterlaß mit schreyendem Ton von Liebe, dem Soldatenstand, exercirte und kommandirte sehr laut, wobei Schimpfen und Verachtung, ja Haß gegen uns fortdauerte: dieß war indessen die erste Nacht,
Hierzu mochte etwa ein Freund, der ihn besuchte, einige Veranlassung gegeben haben, welcher, durch seinen freundlichen Empfang getaͤuscht, ihn zur Zerstreuung von diesem und jenem, also auch unter andern vom Soldatenstande unterhalten hatte, das er sogleich mit freudiger Regung ergriff, da er so nun nicht mehr studiren koͤnne, hoͤchstens etwa eine der niedrigsten Stufen bei einem Collegio zu erhalten vermoͤchte, und also Soldat zu werden das beste sey; und von der Zeit an blieb diese Jdee die herrschende waͤhrend der Krankheit; seine Schlafmuͤtze war die Husarenmuͤtze, die Waͤrter mußten ihm Knoten in die Haare knuͤpfen, und wir sollten Pelz, Saͤbel und Patent uͤberliefern, sonst wuͤrde es der Regimentsadjutant abfordern, dem er anbefohlen, es zu holen. Vielleicht trug der Stand der beiden Waͤchter, die Soldaten waren, zu dieser Phantasie auch etwas bei. Dieselbe Lage und Aeußerungen verblieben am naͤchstfolgenden Tage; zeither hatte sich kein Schlaf eingefunden, Tag und Nacht sprach er ohne Unterlaß mit schreyendem Ton von Liebe, dem Soldatenstand, exercirte und kommandirte sehr laut, wobei Schimpfen und Verachtung, ja Haß gegen uns fortdauerte: dieß war indessen die erste Nacht, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0033" n="33"/><lb/> Cornet vom Koͤnig nebst dem Saͤbel und Tasche erhalten zu haben glaubte, die wir Eltern ihm nur immer vorenthielten und weshalb er wiederholt den Waͤchtern anbefahl, alles bei uns abzufordern. </p> <p>Hierzu mochte etwa ein Freund, der ihn besuchte, einige Veranlassung gegeben haben, welcher, durch seinen freundlichen Empfang getaͤuscht, ihn zur Zerstreuung von diesem und jenem, also auch unter andern vom Soldatenstande unterhalten hatte, das er sogleich mit freudiger Regung ergriff, da er so nun nicht mehr studiren koͤnne, hoͤchstens etwa eine der niedrigsten Stufen bei einem Collegio zu erhalten vermoͤchte, und also Soldat zu werden das beste sey; und von der Zeit an blieb diese Jdee die herrschende waͤhrend der Krankheit; seine Schlafmuͤtze war die Husarenmuͤtze, die Waͤrter mußten ihm Knoten in die Haare knuͤpfen, und wir sollten Pelz, Saͤbel und Patent uͤberliefern, sonst wuͤrde es der Regimentsadjutant abfordern, dem er anbefohlen, es zu holen. </p> <p>Vielleicht trug der Stand der beiden Waͤchter, die Soldaten waren, zu dieser Phantasie auch etwas bei. Dieselbe Lage und Aeußerungen verblieben am naͤchstfolgenden Tage; zeither hatte sich kein Schlaf eingefunden, Tag und Nacht sprach er ohne Unterlaß mit schreyendem Ton von Liebe, dem Soldatenstand, exercirte und kommandirte sehr laut, wobei Schimpfen und Verachtung, ja Haß gegen uns fortdauerte: dieß war indessen die erste Nacht,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [33/0033]
Cornet vom Koͤnig nebst dem Saͤbel und Tasche erhalten zu haben glaubte, die wir Eltern ihm nur immer vorenthielten und weshalb er wiederholt den Waͤchtern anbefahl, alles bei uns abzufordern.
Hierzu mochte etwa ein Freund, der ihn besuchte, einige Veranlassung gegeben haben, welcher, durch seinen freundlichen Empfang getaͤuscht, ihn zur Zerstreuung von diesem und jenem, also auch unter andern vom Soldatenstande unterhalten hatte, das er sogleich mit freudiger Regung ergriff, da er so nun nicht mehr studiren koͤnne, hoͤchstens etwa eine der niedrigsten Stufen bei einem Collegio zu erhalten vermoͤchte, und also Soldat zu werden das beste sey; und von der Zeit an blieb diese Jdee die herrschende waͤhrend der Krankheit; seine Schlafmuͤtze war die Husarenmuͤtze, die Waͤrter mußten ihm Knoten in die Haare knuͤpfen, und wir sollten Pelz, Saͤbel und Patent uͤberliefern, sonst wuͤrde es der Regimentsadjutant abfordern, dem er anbefohlen, es zu holen.
Vielleicht trug der Stand der beiden Waͤchter, die Soldaten waren, zu dieser Phantasie auch etwas bei. Dieselbe Lage und Aeußerungen verblieben am naͤchstfolgenden Tage; zeither hatte sich kein Schlaf eingefunden, Tag und Nacht sprach er ohne Unterlaß mit schreyendem Ton von Liebe, dem Soldatenstand, exercirte und kommandirte sehr laut, wobei Schimpfen und Verachtung, ja Haß gegen uns fortdauerte: dieß war indessen die erste Nacht,
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0302_1785/33>, abgerufen am 16.02.2025. |