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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.

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der St. Marienkirche und dessen Kollegen Meinung darüber verlanget, auch von jenem belehret worden, daß es nicht aus Gottes Eingebung, sondern des bösen Feindes List und Antriebe geschehen wäre, der auch, mit göttlicher Zulassung, die Allerheiligsten, wie den König David, verführen könnte, so hätte ihn Gott auf sein Gebet endlich erleuchtet, daß er nunmehro die That für Sünde hielte, selbige erkenne, und herzlich bereue. Die Jnquisitional-Artikel bejahete, oder verneinete er übrigens, so ferne sie seinem vorigen und jetzigem Geständnisse gemäß oder zuwider, und bat sich am Schlusse einen Menschen aus, dem er etwas zu seiner Vertheidigung in ie Feder diktiren könnte, weil es ihm wegen seiner Schwachheit und der Wunden am Arm unmöglich wäre, aufzusetzen.

Die bis zu obigem Verhör standhafte Aeusserung des Jnquisiten, daß er lediglich aus göttlicher Eingebung und Antrieb die Mordthat begangen, muste dem Wallensteinschen Ministerio selbst nicht ganz unerheblich geschienen haben; wenigstens ward durch ein Schreiben des Stadthalters vom 27sten Januar das gemeinsame Erachten der theologischen Fakultät, des Superintendenten und der gesammten Prediger in Rostock darüber verlangt. Dieses erfolgte unterm 3ten Februar. Wäre es nicht zu weitläuftig, so möchte es vielleicht, wegen der darin angebrachten Gründe, ganz gelesen zu werden verdienen; aber die Geduld des Lesers nicht zu ermü-


der St. Marienkirche und dessen Kollegen Meinung daruͤber verlanget, auch von jenem belehret worden, daß es nicht aus Gottes Eingebung, sondern des boͤsen Feindes List und Antriebe geschehen waͤre, der auch, mit goͤttlicher Zulassung, die Allerheiligsten, wie den Koͤnig David, verfuͤhren koͤnnte, so haͤtte ihn Gott auf sein Gebet endlich erleuchtet, daß er nunmehro die That fuͤr Suͤnde hielte, selbige erkenne, und herzlich bereue. Die Jnquisitional-Artikel bejahete, oder verneinete er uͤbrigens, so ferne sie seinem vorigen und jetzigem Gestaͤndnisse gemaͤß oder zuwider, und bat sich am Schlusse einen Menschen aus, dem er etwas zu seiner Vertheidigung in ie Feder diktiren koͤnnte, weil es ihm wegen seiner Schwachheit und der Wunden am Arm unmoͤglich waͤre, aufzusetzen.

Die bis zu obigem Verhoͤr standhafte Aeusserung des Jnquisiten, daß er lediglich aus goͤttlicher Eingebung und Antrieb die Mordthat begangen, muste dem Wallensteinschen Ministerio selbst nicht ganz unerheblich geschienen haben; wenigstens ward durch ein Schreiben des Stadthalters vom 27sten Januar das gemeinsame Erachten der theologischen Fakultaͤt, des Superintendenten und der gesammten Prediger in Rostock daruͤber verlangt. Dieses erfolgte unterm 3ten Februar. Waͤre es nicht zu weitlaͤuftig, so moͤchte es vielleicht, wegen der darin angebrachten Gruͤnde, ganz gelesen zu werden verdienen; aber die Geduld des Lesers nicht zu ermuͤ-

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[13/0013] der St. Marienkirche und dessen Kollegen Meinung daruͤber verlanget, auch von jenem belehret worden, daß es nicht aus Gottes Eingebung, sondern des boͤsen Feindes List und Antriebe geschehen waͤre, der auch, mit goͤttlicher Zulassung, die Allerheiligsten, wie den Koͤnig David, verfuͤhren koͤnnte, so haͤtte ihn Gott auf sein Gebet endlich erleuchtet, daß er nunmehro die That fuͤr Suͤnde hielte, selbige erkenne, und herzlich bereue. Die Jnquisitional-Artikel bejahete, oder verneinete er uͤbrigens, so ferne sie seinem vorigen und jetzigem Gestaͤndnisse gemaͤß oder zuwider, und bat sich am Schlusse einen Menschen aus, dem er etwas zu seiner Vertheidigung in ie Feder diktiren koͤnnte, weil es ihm wegen seiner Schwachheit und der Wunden am Arm unmoͤglich waͤre, aufzusetzen. Die bis zu obigem Verhoͤr standhafte Aeusserung des Jnquisiten, daß er lediglich aus goͤttlicher Eingebung und Antrieb die Mordthat begangen, muste dem Wallensteinschen Ministerio selbst nicht ganz unerheblich geschienen haben; wenigstens ward durch ein Schreiben des Stadthalters vom 27sten Januar das gemeinsame Erachten der theologischen Fakultaͤt, des Superintendenten und der gesammten Prediger in Rostock daruͤber verlangt. Dieses erfolgte unterm 3ten Februar. Waͤre es nicht zu weitlaͤuftig, so moͤchte es vielleicht, wegen der darin angebrachten Gruͤnde, ganz gelesen zu werden verdienen; aber die Geduld des Lesers nicht zu ermuͤ-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0302_1785/13>, abgerufen am 18.04.2024.