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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 1. Berlin, 1785.

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einigen wahrscheinlichen Gründen hätte vorhersehn können, aber ich erhielt von meiner Untersuchung nur aufs Neue die Ueberzeugung, daß dieß auf keine Art möglich gewesen sei.

Allein vielleicht, dacht' ich, hat sie irgend einen andern verdrüßlichen Vorfall vermuthet, und diese Vermuthung hat ihre damalige Traurigkeit und Angst verursacht, in welchem Fall denn ihre Ahndung sehr erklärbar wäre. Um auch hierüber etwas Zuverlässiges zu erfahren, dacht' ich erst selbst hin und her, ob ich nicht dieß oder jenes auffinden könnte, davon meine Freundin hätte vermuthen können, daß es ihr oder ihrem Vetter zustoßen würde, aber ungeachtet ich sehr gut mit der ganzen Verfassung und fast mit allen Personen dieser Familie bekannt war, könnt' ich doch nichts dergleichen ausfindig machen.

Jch befragte sie nun durch allerlei Umwege selbst darum, aber auch hier war das Resultat meiner Bemühung dasselbe.

Versichert, daß ich nun das Faktum ziemlich ausser Zweifel gesetzt hatte, wußt' ich anfangs selbst nicht, was ich davon halten sollte. Alle Umstände genau erwogen, schien es, daß ich nicht anders umhin könnte, ich müßte diese Erscheinung für eine wirkliche Ahndung halten, deren Ursprung ich in nichts andern, als in einem Ahndungsvermögen der Seele zu setzen hätte.



einigen wahrscheinlichen Gruͤnden haͤtte vorhersehn koͤnnen, aber ich erhielt von meiner Untersuchung nur aufs Neue die Ueberzeugung, daß dieß auf keine Art moͤglich gewesen sei.

Allein vielleicht, dacht' ich, hat sie irgend einen andern verdruͤßlichen Vorfall vermuthet, und diese Vermuthung hat ihre damalige Traurigkeit und Angst verursacht, in welchem Fall denn ihre Ahndung sehr erklaͤrbar waͤre. Um auch hieruͤber etwas Zuverlaͤssiges zu erfahren, dacht' ich erst selbst hin und her, ob ich nicht dieß oder jenes auffinden koͤnnte, davon meine Freundin haͤtte vermuthen koͤnnen, daß es ihr oder ihrem Vetter zustoßen wuͤrde, aber ungeachtet ich sehr gut mit der ganzen Verfassung und fast mit allen Personen dieser Familie bekannt war, koͤnnt' ich doch nichts dergleichen ausfindig machen.

Jch befragte sie nun durch allerlei Umwege selbst darum, aber auch hier war das Resultat meiner Bemuͤhung dasselbe.

Versichert, daß ich nun das Faktum ziemlich ausser Zweifel gesetzt hatte, wußt' ich anfangs selbst nicht, was ich davon halten sollte. Alle Umstaͤnde genau erwogen, schien es, daß ich nicht anders umhin koͤnnte, ich muͤßte diese Erscheinung fuͤr eine wirkliche Ahndung halten, deren Ursprung ich in nichts andern, als in einem Ahndungsvermoͤgen der Seele zu setzen haͤtte.


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[60/0062] einigen wahrscheinlichen Gruͤnden haͤtte vorhersehn koͤnnen, aber ich erhielt von meiner Untersuchung nur aufs Neue die Ueberzeugung, daß dieß auf keine Art moͤglich gewesen sei. Allein vielleicht, dacht' ich, hat sie irgend einen andern verdruͤßlichen Vorfall vermuthet, und diese Vermuthung hat ihre damalige Traurigkeit und Angst verursacht, in welchem Fall denn ihre Ahndung sehr erklaͤrbar waͤre. Um auch hieruͤber etwas Zuverlaͤssiges zu erfahren, dacht' ich erst selbst hin und her, ob ich nicht dieß oder jenes auffinden koͤnnte, davon meine Freundin haͤtte vermuthen koͤnnen, daß es ihr oder ihrem Vetter zustoßen wuͤrde, aber ungeachtet ich sehr gut mit der ganzen Verfassung und fast mit allen Personen dieser Familie bekannt war, koͤnnt' ich doch nichts dergleichen ausfindig machen. Jch befragte sie nun durch allerlei Umwege selbst darum, aber auch hier war das Resultat meiner Bemuͤhung dasselbe. Versichert, daß ich nun das Faktum ziemlich ausser Zweifel gesetzt hatte, wußt' ich anfangs selbst nicht, was ich davon halten sollte. Alle Umstaͤnde genau erwogen, schien es, daß ich nicht anders umhin koͤnnte, ich muͤßte diese Erscheinung fuͤr eine wirkliche Ahndung halten, deren Ursprung ich in nichts andern, als in einem Ahndungsvermoͤgen der Seele zu setzen haͤtte.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 1. Berlin, 1785, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0301_1785/62>, abgerufen am 30.04.2024.