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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841.

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um außer aller Gefahr zu sein, nahe genug, um das Schau-
spiel deutlich mit anzusehen. Sobald der erste heftige Knall
meine Aufmerksamkeit erregte, sah ich eine Feuergarbe aus
dem innern Hof emporsteigen, wo man eben Kisten mit Jn-
fanterie-Munition öffnete; unmittelbar darauf flog das Hann
selbst auf. Eine dichte Rauchsäule erhob sich bis zu einer
unglaublichen Höhe in die klare blaue Luft, aus derselben
aber zuckten helle Blitze, und ein Regen von Gewölbsteinen
und Kugeln rasselte herab; das Platzen mehrerer Hunderte
gefüllter Granaten in derselben Minute verursachte ein Ge-
töse, welches viele Stunden weit in den Bergen wieder-
hallte. Nun mußt Du wissen, daß in einer Entfernung
von 80 Schritten zu beiden Seiten des Hanns 200 gela-
dene Munitions- und Granat-Wagen standen; eine Protze
flog wirklich auf, und doch wurde wunderbarer Weise der
ganze Rest Verderben drohenden Fuhrwerks gerettet. Einer
meiner Cameraden, der Hauptmann L., war in der größ-
ten Gefahr gewesen; er arbeitete zur Zeit der Explosion nur
einige hundert Schritte weit vom Magazin und wurde an
drei Stellen leicht verwundet von den herabfallenden Trüm-
mern und Stücken; dennoch war er der Erste, der mit Hülfe
einiger Artilleristen eine bereits brennende Granat-Protze
wieder löschte. Als wir mit der Jnfanterie herbei kamen,
wurden schnell alle Munitions-Wagen aus der Nähe des
Vulkans fortgezogen; viele Granaten und ganze Kisten mit
Patronen waren, ohne sich zu entzünden, zwischen die Wa-
gen geschleudert, sie wurden von den Soldaten im Arme
fortgetragen. Zum Glück ist, wie es scheint, gleich bei der
ersten Explosion ein Theil des Gewölbes niedergedrückt wor-
den; die Kisten waren sämmtlich sehr sorgfältig in Ueber-
züge von Filz und dann in Leder gepackt, und so war es
möglich, daß eine Feuersbrunst, nur durch Pulver genährt,
vom Mittage bis auf den Abend fortdauern konnte; noch
in der Dunkelheit platzten Granaten, aber seit der ersten
heftigen Explosion nur im Jnnern des Hanns oder seiner
Trümmer. Wenn die ganze Masse Pulver auf einmal sich

um außer aller Gefahr zu ſein, nahe genug, um das Schau-
ſpiel deutlich mit anzuſehen. Sobald der erſte heftige Knall
meine Aufmerkſamkeit erregte, ſah ich eine Feuergarbe aus
dem innern Hof emporſteigen, wo man eben Kiſten mit Jn-
fanterie-Munition oͤffnete; unmittelbar darauf flog das Hann
ſelbſt auf. Eine dichte Rauchſaͤule erhob ſich bis zu einer
unglaublichen Hoͤhe in die klare blaue Luft, aus derſelben
aber zuckten helle Blitze, und ein Regen von Gewoͤlbſteinen
und Kugeln raſſelte herab; das Platzen mehrerer Hunderte
gefuͤllter Granaten in derſelben Minute verurſachte ein Ge-
toͤſe, welches viele Stunden weit in den Bergen wieder-
hallte. Nun mußt Du wiſſen, daß in einer Entfernung
von 80 Schritten zu beiden Seiten des Hanns 200 gela-
dene Munitions- und Granat-Wagen ſtanden; eine Protze
flog wirklich auf, und doch wurde wunderbarer Weiſe der
ganze Reſt Verderben drohenden Fuhrwerks gerettet. Einer
meiner Cameraden, der Hauptmann L., war in der groͤß-
ten Gefahr geweſen; er arbeitete zur Zeit der Exploſion nur
einige hundert Schritte weit vom Magazin und wurde an
drei Stellen leicht verwundet von den herabfallenden Truͤm-
mern und Stuͤcken; dennoch war er der Erſte, der mit Huͤlfe
einiger Artilleriſten eine bereits brennende Granat-Protze
wieder loͤſchte. Als wir mit der Jnfanterie herbei kamen,
wurden ſchnell alle Munitions-Wagen aus der Naͤhe des
Vulkans fortgezogen; viele Granaten und ganze Kiſten mit
Patronen waren, ohne ſich zu entzuͤnden, zwiſchen die Wa-
gen geſchleudert, ſie wurden von den Soldaten im Arme
fortgetragen. Zum Gluͤck iſt, wie es ſcheint, gleich bei der
erſten Exploſion ein Theil des Gewoͤlbes niedergedruͤckt wor-
den; die Kiſten waren ſaͤmmtlich ſehr ſorgfaͤltig in Ueber-
zuͤge von Filz und dann in Leder gepackt, und ſo war es
moͤglich, daß eine Feuersbrunſt, nur durch Pulver genaͤhrt,
vom Mittage bis auf den Abend fortdauern konnte; noch
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[379/0389] um außer aller Gefahr zu ſein, nahe genug, um das Schau- ſpiel deutlich mit anzuſehen. Sobald der erſte heftige Knall meine Aufmerkſamkeit erregte, ſah ich eine Feuergarbe aus dem innern Hof emporſteigen, wo man eben Kiſten mit Jn- fanterie-Munition oͤffnete; unmittelbar darauf flog das Hann ſelbſt auf. Eine dichte Rauchſaͤule erhob ſich bis zu einer unglaublichen Hoͤhe in die klare blaue Luft, aus derſelben aber zuckten helle Blitze, und ein Regen von Gewoͤlbſteinen und Kugeln raſſelte herab; das Platzen mehrerer Hunderte gefuͤllter Granaten in derſelben Minute verurſachte ein Ge- toͤſe, welches viele Stunden weit in den Bergen wieder- hallte. Nun mußt Du wiſſen, daß in einer Entfernung von 80 Schritten zu beiden Seiten des Hanns 200 gela- dene Munitions- und Granat-Wagen ſtanden; eine Protze flog wirklich auf, und doch wurde wunderbarer Weiſe der ganze Reſt Verderben drohenden Fuhrwerks gerettet. Einer meiner Cameraden, der Hauptmann L., war in der groͤß- ten Gefahr geweſen; er arbeitete zur Zeit der Exploſion nur einige hundert Schritte weit vom Magazin und wurde an drei Stellen leicht verwundet von den herabfallenden Truͤm- mern und Stuͤcken; dennoch war er der Erſte, der mit Huͤlfe einiger Artilleriſten eine bereits brennende Granat-Protze wieder loͤſchte. Als wir mit der Jnfanterie herbei kamen, wurden ſchnell alle Munitions-Wagen aus der Naͤhe des Vulkans fortgezogen; viele Granaten und ganze Kiſten mit Patronen waren, ohne ſich zu entzuͤnden, zwiſchen die Wa- gen geſchleudert, ſie wurden von den Soldaten im Arme fortgetragen. Zum Gluͤck iſt, wie es ſcheint, gleich bei der erſten Exploſion ein Theil des Gewoͤlbes niedergedruͤckt wor- den; die Kiſten waren ſaͤmmtlich ſehr ſorgfaͤltig in Ueber- zuͤge von Filz und dann in Leder gepackt, und ſo war es moͤglich, daß eine Feuersbrunſt, nur durch Pulver genaͤhrt, vom Mittage bis auf den Abend fortdauern konnte; noch in der Dunkelheit platzten Granaten, aber ſeit der erſten heftigen Exploſion nur im Jnnern des Hanns oder ſeiner Truͤmmer. Wenn die ganze Maſſe Pulver auf einmal ſich

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Zitationshilfe: Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/389>, abgerufen am 22.11.2024.