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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841.

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Ehe sie im Galata-Seraj ihren botanischen Garten und
ihre Hochschule zu Stande bringen, sterben ihnen Hunderte
ihrer Soldaten und zwar die besten, die, welche am willig-
sten ins Zeug gehen.

Den 16. Seit drei Tagen und Nächten steigen Rauch
und Flammen von den hohen Felsen empor, und gestern
stürzte die letzte Trümmer des großen Thurms. Wir er-
warten die Befehle des Commandirenden, wohin wir uns
nun zu wenden haben. Die Nachricht von der Wegnahme
des Platzes ist vorgestern in Diarbekr eingetroffen, heut
muß die Antwort kommen.

45.
Die Berge von Kurdistan.

Das ottomanische Reich umfaßt bekanntlich weite Län-
derstrecken, in denen die Pforte thatsächlich gar keine Auto-
rität übt, und es ist gewiß, daß der Padischah im Umfang
seines eigenen Staats ausgedehnte Eroberungen zu machen
hat. Zu diesen gehört das Gebirgsland zwischen der per-
sischen Grenze und dem Tigris; die weiten Flächen zwischen
diesem Strom und dem Euphrat bilden eine Einöde ohne
Wasser, ohne Bäume, ohne irgend eine feste Wohnung.
Einige wenige Trümmer zeugen davon, daß Menschen ver-
sucht haben, sich hier anzubauen, aber die Araber lassen
keine Art von Ansiedelung emporkommen; sie allein schla-
gen ihre Zelte in dieser Wüste auf.

Sobald man aber den Tigris überschritten, erhebt sich
ein köstliches Hügelland und steigt allmählig zum hohen Ge-
birge an, welches noch heute mit Schnee bedeckt ist. Dort
entspringen die Bäche und Flüsse, welche anfangs über
starre Felsblöcke und in tiefe Schluchten hinstürzen, dann
zwischen bewaldeten Berglehnen fortrauschen und endlich
Gärten, Wiesen und Reisfelder tränken. Eichen und Pla-

Ehe ſie im Galata-Seraj ihren botaniſchen Garten und
ihre Hochſchule zu Stande bringen, ſterben ihnen Hunderte
ihrer Soldaten und zwar die beſten, die, welche am willig-
ſten ins Zeug gehen.

Den 16. Seit drei Tagen und Naͤchten ſteigen Rauch
und Flammen von den hohen Felſen empor, und geſtern
ſtuͤrzte die letzte Truͤmmer des großen Thurms. Wir er-
warten die Befehle des Commandirenden, wohin wir uns
nun zu wenden haben. Die Nachricht von der Wegnahme
des Platzes iſt vorgeſtern in Diarbekr eingetroffen, heut
muß die Antwort kommen.

45.
Die Berge von Kurdiſtan.

Das ottomaniſche Reich umfaßt bekanntlich weite Laͤn-
derſtrecken, in denen die Pforte thatſaͤchlich gar keine Auto-
ritaͤt uͤbt, und es iſt gewiß, daß der Padiſchah im Umfang
ſeines eigenen Staats ausgedehnte Eroberungen zu machen
hat. Zu dieſen gehoͤrt das Gebirgsland zwiſchen der per-
ſiſchen Grenze und dem Tigris; die weiten Flaͤchen zwiſchen
dieſem Strom und dem Euphrat bilden eine Einoͤde ohne
Waſſer, ohne Baͤume, ohne irgend eine feſte Wohnung.
Einige wenige Truͤmmer zeugen davon, daß Menſchen ver-
ſucht haben, ſich hier anzubauen, aber die Araber laſſen
keine Art von Anſiedelung emporkommen; ſie allein ſchla-
gen ihre Zelte in dieſer Wuͤſte auf.

Sobald man aber den Tigris uͤberſchritten, erhebt ſich
ein koͤſtliches Huͤgelland und ſteigt allmaͤhlig zum hohen Ge-
birge an, welches noch heute mit Schnee bedeckt iſt. Dort
entſpringen die Baͤche und Fluͤſſe, welche anfangs uͤber
ſtarre Felsbloͤcke und in tiefe Schluchten hinſtuͤrzen, dann
zwiſchen bewaldeten Berglehnen fortrauſchen und endlich
Gaͤrten, Wieſen und Reisfelder traͤnken. Eichen und Pla-

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[268/0278] Ehe ſie im Galata-Seraj ihren botaniſchen Garten und ihre Hochſchule zu Stande bringen, ſterben ihnen Hunderte ihrer Soldaten und zwar die beſten, die, welche am willig- ſten ins Zeug gehen. Den 16. Seit drei Tagen und Naͤchten ſteigen Rauch und Flammen von den hohen Felſen empor, und geſtern ſtuͤrzte die letzte Truͤmmer des großen Thurms. Wir er- warten die Befehle des Commandirenden, wohin wir uns nun zu wenden haben. Die Nachricht von der Wegnahme des Platzes iſt vorgeſtern in Diarbekr eingetroffen, heut muß die Antwort kommen. 45. Die Berge von Kurdiſtan. Sayd-Bey-Kaleſſi, den 18. Mai 1838. Das ottomaniſche Reich umfaßt bekanntlich weite Laͤn- derſtrecken, in denen die Pforte thatſaͤchlich gar keine Auto- ritaͤt uͤbt, und es iſt gewiß, daß der Padiſchah im Umfang ſeines eigenen Staats ausgedehnte Eroberungen zu machen hat. Zu dieſen gehoͤrt das Gebirgsland zwiſchen der per- ſiſchen Grenze und dem Tigris; die weiten Flaͤchen zwiſchen dieſem Strom und dem Euphrat bilden eine Einoͤde ohne Waſſer, ohne Baͤume, ohne irgend eine feſte Wohnung. Einige wenige Truͤmmer zeugen davon, daß Menſchen ver- ſucht haben, ſich hier anzubauen, aber die Araber laſſen keine Art von Anſiedelung emporkommen; ſie allein ſchla- gen ihre Zelte in dieſer Wuͤſte auf. Sobald man aber den Tigris uͤberſchritten, erhebt ſich ein koͤſtliches Huͤgelland und ſteigt allmaͤhlig zum hohen Ge- birge an, welches noch heute mit Schnee bedeckt iſt. Dort entſpringen die Baͤche und Fluͤſſe, welche anfangs uͤber ſtarre Felsbloͤcke und in tiefe Schluchten hinſtuͤrzen, dann zwiſchen bewaldeten Berglehnen fortrauſchen und endlich Gaͤrten, Wieſen und Reisfelder traͤnken. Eichen und Pla-

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Zitationshilfe: Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/278>, abgerufen am 24.11.2024.