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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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bereits mit meinem Vater gesprochen, und ihn so
weit gebracht, daß nun wegen des Hofraths nicht
weiter in mich gesetzt werden soll. Nur sollen
wir behutsam seyn, und unsre Rechnung nicht
zu gewiß machen! Meine Hand soll gewiß kein
anderer bekommen; das hab ich Jhnen schon so oft
gesagt, und sag es hier auch schriftlich. Jch kann
nicht glauben, daß Gott eine so reine und un-
schuldige Liebe unglücklich machen wird. Bleiben
Sie nur Gott und der Hofnung treu, mein Al-
lerliebster! Jch wünsche sehr, Sie zu sprechen,
denn ich hab Jhnen mancherley zu sagen. Mor-
gen geh ich mit meiner Freundin in ihren Gar-
ten, und da könnten wir uns sehen. Es ist,
wenn Sie bey meinem Garten sich in das Gäß-
chen rechter Hand schlagen, der fünfte Garten
auf der linken Seite, mit einem schwefelgelben
Häuschen. Sie können nicht leicht fehlen, und
ich werd auch heraussehen. Schlag Drey gehen
wir hinaus, wenn das Wetter gut ist. Leben
Sie wohl, mein Allertheurester! Bauen Sie auf
meine Liebe und auf meine Standhaftigkeit; am
meisten aber auf die Vorsehung, die unsre Her-
zen so fest vereinigt hat!

Jch bin ihre, bis in
den Tod getreue
Mariane Fischern.



bereits mit meinem Vater geſprochen, und ihn ſo
weit gebracht, daß nun wegen des Hofraths nicht
weiter in mich geſetzt werden ſoll. Nur ſollen
wir behutſam ſeyn, und unſre Rechnung nicht
zu gewiß machen! Meine Hand ſoll gewiß kein
anderer bekommen; das hab ich Jhnen ſchon ſo oft
geſagt, und ſag es hier auch ſchriftlich. Jch kann
nicht glauben, daß Gott eine ſo reine und un-
ſchuldige Liebe ungluͤcklich machen wird. Bleiben
Sie nur Gott und der Hofnung treu, mein Al-
lerliebſter! Jch wuͤnſche ſehr, Sie zu ſprechen,
denn ich hab Jhnen mancherley zu ſagen. Mor-
gen geh ich mit meiner Freundin in ihren Gar-
ten, und da koͤnnten wir uns ſehen. Es iſt,
wenn Sie bey meinem Garten ſich in das Gaͤß-
chen rechter Hand ſchlagen, der fuͤnfte Garten
auf der linken Seite, mit einem ſchwefelgelben
Haͤuschen. Sie koͤnnen nicht leicht fehlen, und
ich werd auch herausſehen. Schlag Drey gehen
wir hinaus, wenn das Wetter gut iſt. Leben
Sie wohl, mein Allertheureſter! Bauen Sie auf
meine Liebe und auf meine Standhaftigkeit; am
meiſten aber auf die Vorſehung, die unſre Her-
zen ſo feſt vereinigt hat!

Jch bin ihre, bis in
den Tod getreue
Mariane Fiſchern.

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[805/0385] bereits mit meinem Vater geſprochen, und ihn ſo weit gebracht, daß nun wegen des Hofraths nicht weiter in mich geſetzt werden ſoll. Nur ſollen wir behutſam ſeyn, und unſre Rechnung nicht zu gewiß machen! Meine Hand ſoll gewiß kein anderer bekommen; das hab ich Jhnen ſchon ſo oft geſagt, und ſag es hier auch ſchriftlich. Jch kann nicht glauben, daß Gott eine ſo reine und un- ſchuldige Liebe ungluͤcklich machen wird. Bleiben Sie nur Gott und der Hofnung treu, mein Al- lerliebſter! Jch wuͤnſche ſehr, Sie zu ſprechen, denn ich hab Jhnen mancherley zu ſagen. Mor- gen geh ich mit meiner Freundin in ihren Gar- ten, und da koͤnnten wir uns ſehen. Es iſt, wenn Sie bey meinem Garten ſich in das Gaͤß- chen rechter Hand ſchlagen, der fuͤnfte Garten auf der linken Seite, mit einem ſchwefelgelben Haͤuschen. Sie koͤnnen nicht leicht fehlen, und ich werd auch herausſehen. Schlag Drey gehen wir hinaus, wenn das Wetter gut iſt. Leben Sie wohl, mein Allertheureſter! Bauen Sie auf meine Liebe und auf meine Standhaftigkeit; am meiſten aber auf die Vorſehung, die unſre Her- zen ſo feſt vereinigt hat! Jch bin ihre, bis in den Tod getreue Mariane Fiſchern.

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 805. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/385>, abgerufen am 22.11.2024.