ist mir eben ausgegangen, und da wollt ich ... Gut, gut! rief Siegwart, wie viel braucht Er? -- O Herr, Sie sind auch gar zu gut, sagte Marr ganz bewegt. Jch dächte, wenn ich sechszehn Batzen hätt. Jch wollts Jhnen in vier Wochen wieder schicken; da krieg ich meinen Monatslohn. -- Siegwart gab ihm zwey Gulden, und sagte, daß er sie ihm schenke. Der Kerl wollte das Geld nicht geschenkt annehmen, und ließ sich erst da- durch beruhigen, daß ihm Siegwart sagte: Er sey seinem Herrn das Geld schuldig und wolle mit ihm abrechnen. Endlich nahm Marr mit Thränen Abschied.
Den folgenden Tag brachte Marianens Mäd- chen unserm Siegwart seinen Kleist wieder. Es war ein Papier um das Buch geschlagen, und als ers wegnahm, fiel ihm dieser Zettel in die Hände:
Mein Allerliebster!
Entreissen Sie sich Jhrer Unruh! Es ist wie- der Hofnung für uns da. Meine Mutter hat aufs neu mit mir gesprochen. Sie ist sehr für Sie, und versprach mir, alles, was zu unserm Besten dienen könnte, zu versuchen. Sie hat
iſt mir eben ausgegangen, und da wollt ich … Gut, gut! rief Siegwart, wie viel braucht Er? — O Herr, Sie ſind auch gar zu gut, ſagte Marr ganz bewegt. Jch daͤchte, wenn ich ſechszehn Batzen haͤtt. Jch wollts Jhnen in vier Wochen wieder ſchicken; da krieg ich meinen Monatslohn. — Siegwart gab ihm zwey Gulden, und ſagte, daß er ſie ihm ſchenke. Der Kerl wollte das Geld nicht geſchenkt annehmen, und ließ ſich erſt da- durch beruhigen, daß ihm Siegwart ſagte: Er ſey ſeinem Herrn das Geld ſchuldig und wolle mit ihm abrechnen. Endlich nahm Marr mit Thraͤnen Abſchied.
Den folgenden Tag brachte Marianens Maͤd- chen unſerm Siegwart ſeinen Kleiſt wieder. Es war ein Papier um das Buch geſchlagen, und als ers wegnahm, fiel ihm dieſer Zettel in die Haͤnde:
Mein Allerliebſter!
Entreiſſen Sie ſich Jhrer Unruh! Es iſt wie- der Hofnung fuͤr uns da. Meine Mutter hat aufs neu mit mir geſprochen. Sie iſt ſehr fuͤr Sie, und verſprach mir, alles, was zu unſerm Beſten dienen koͤnnte, zu verſuchen. Sie hat
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iſt mir eben ausgegangen, und da wollt ich …
Gut, gut! rief Siegwart, wie viel braucht Er? —
O Herr, Sie ſind auch gar zu gut, ſagte Marr
ganz bewegt. Jch daͤchte, wenn ich ſechszehn
Batzen haͤtt. Jch wollts Jhnen in vier Wochen
wieder ſchicken; da krieg ich meinen Monatslohn. —
Siegwart gab ihm zwey Gulden, und ſagte, daß
er ſie ihm ſchenke. Der Kerl wollte das Geld
nicht geſchenkt annehmen, und ließ ſich erſt da-
durch beruhigen, daß ihm Siegwart ſagte: Er
ſey ſeinem Herrn das Geld ſchuldig und wolle
mit ihm abrechnen. Endlich nahm Marr mit
Thraͤnen Abſchied.
Den folgenden Tag brachte Marianens Maͤd-
chen unſerm Siegwart ſeinen Kleiſt wieder. Es
war ein Papier um das Buch geſchlagen, und
als ers wegnahm, fiel ihm dieſer Zettel in die
Haͤnde:
Mein Allerliebſter!
Entreiſſen Sie ſich Jhrer Unruh! Es iſt wie-
der Hofnung fuͤr uns da. Meine Mutter hat
aufs neu mit mir geſprochen. Sie iſt ſehr fuͤr
Sie, und verſprach mir, alles, was zu unſerm
Beſten dienen koͤnnte, zu verſuchen. Sie hat
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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 804. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/384>, abgerufen am 22.11.2024.
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