Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.und gegen die übrige Gesellschaft, und gieng auf die Seite, um sich wieder zu erholen, und den Schweiß vom glühenden Gesicht zu wischen. Jm ganzen Saal entstand ein freudiges Gemurmel; jedes Herz theilte dem andern seine staunende Be- wunderung mit; jeder Zuhörer sah auf ihn, und war bewegt. Der Hofrath Fischer kam, drückte ihm die Hand, und dankte ihm. Auch der Engel Mariane kam -- ihr Siegwart zitterte. -- Sie habens unaussprechlich gut gemacht, sagte sie; ich dank Jhnen aus dem vollsten Herzen. Sie brin- gen Töne aus der Violine, die ich niemals drinn gesucht hätte. O, Jhr Adagio war göttlich! -- Hier sah sie ihn mit einem unbeschreiblich zärtlichen Blick an; er ward feuerroth, schlug die Augen nieder, und wagt es nicht, sie anzusehen. Er stund da, und konnte sich kaum halten; jedes Auge, glaubte er, bemerk ihn. -- Wo haben sie denn heut den Herrn von Kronhelm gelassen? fieng sie wieder an. -- Diese Frage riß ihn wieder etwas aus der schrecklichen Verlegenheit, in der er sich gewiß verrathen hätte. Er ist . . sagte er, und hub die Augen wieder auf; er ist ... ausgeritten . . weil Herr Gutfried krank ist ... weil ers seinem Va- ter sagen will. Drauf erkundigte sie sich nach und gegen die uͤbrige Geſellſchaft, und gieng auf die Seite, um ſich wieder zu erholen, und den Schweiß vom gluͤhenden Geſicht zu wiſchen. Jm ganzen Saal entſtand ein freudiges Gemurmel; jedes Herz theilte dem andern ſeine ſtaunende Be- wunderung mit; jeder Zuhoͤrer ſah auf ihn, und war bewegt. Der Hofrath Fiſcher kam, druͤckte ihm die Hand, und dankte ihm. Auch der Engel Mariane kam — ihr Siegwart zitterte. — Sie habens unausſprechlich gut gemacht, ſagte ſie; ich dank Jhnen aus dem vollſten Herzen. Sie brin- gen Toͤne aus der Violine, die ich niemals drinn geſucht haͤtte. O, Jhr Adagio war goͤttlich! — Hier ſah ſie ihn mit einem unbeſchreiblich zaͤrtlichen Blick an; er ward feuerroth, ſchlug die Augen nieder, und wagt es nicht, ſie anzuſehen. Er ſtund da, und konnte ſich kaum halten; jedes Auge, glaubte er, bemerk ihn. — Wo haben ſie denn heut den Herrn von Kronhelm gelaſſen? fieng ſie wieder an. — Dieſe Frage riß ihn wieder etwas aus der ſchrecklichen Verlegenheit, in der er ſich gewiß verrathen haͤtte. Er iſt . . ſagte er, und hub die Augen wieder auf; er iſt … ausgeritten . . weil Herr Gutfried krank iſt … weil ers ſeinem Va- ter ſagen will. Drauf erkundigte ſie ſich nach <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0209" n="629"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> und gegen die uͤbrige Geſellſchaft, und gieng auf<lb/> die Seite, um ſich wieder zu erholen, und den<lb/> Schweiß vom gluͤhenden Geſicht zu wiſchen. Jm<lb/> ganzen Saal entſtand ein freudiges Gemurmel;<lb/> jedes Herz theilte dem andern ſeine ſtaunende Be-<lb/> wunderung mit; jeder Zuhoͤrer ſah auf ihn, und<lb/> war bewegt. Der Hofrath Fiſcher kam, druͤckte<lb/> ihm die Hand, und dankte ihm. Auch der Engel<lb/> Mariane kam — ihr Siegwart zitterte. — Sie<lb/> habens unausſprechlich gut gemacht, ſagte ſie; ich<lb/> dank Jhnen aus dem vollſten Herzen. Sie brin-<lb/> gen Toͤne aus der Violine, die ich niemals drinn<lb/> geſucht haͤtte. O, Jhr Adagio war goͤttlich! —<lb/> Hier ſah ſie ihn mit einem unbeſchreiblich zaͤrtlichen<lb/> Blick an; er ward feuerroth, ſchlug die Augen<lb/> nieder, und wagt es nicht, ſie anzuſehen. Er ſtund<lb/> da, und konnte ſich kaum halten; jedes Auge,<lb/> glaubte er, bemerk ihn. — Wo haben ſie denn heut<lb/> den Herrn von Kronhelm gelaſſen? fieng ſie wieder<lb/> an. — Dieſe Frage riß ihn wieder etwas aus der<lb/> ſchrecklichen Verlegenheit, in der er ſich gewiß<lb/> verrathen haͤtte. Er iſt . . ſagte er, und hub die<lb/> Augen wieder auf; er iſt … ausgeritten . . weil<lb/> Herr Gutfried krank iſt … weil ers ſeinem Va-<lb/> ter ſagen will. Drauf erkundigte ſie ſich nach<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [629/0209]
und gegen die uͤbrige Geſellſchaft, und gieng auf
die Seite, um ſich wieder zu erholen, und den
Schweiß vom gluͤhenden Geſicht zu wiſchen. Jm
ganzen Saal entſtand ein freudiges Gemurmel;
jedes Herz theilte dem andern ſeine ſtaunende Be-
wunderung mit; jeder Zuhoͤrer ſah auf ihn, und
war bewegt. Der Hofrath Fiſcher kam, druͤckte
ihm die Hand, und dankte ihm. Auch der Engel
Mariane kam — ihr Siegwart zitterte. — Sie
habens unausſprechlich gut gemacht, ſagte ſie; ich
dank Jhnen aus dem vollſten Herzen. Sie brin-
gen Toͤne aus der Violine, die ich niemals drinn
geſucht haͤtte. O, Jhr Adagio war goͤttlich! —
Hier ſah ſie ihn mit einem unbeſchreiblich zaͤrtlichen
Blick an; er ward feuerroth, ſchlug die Augen
nieder, und wagt es nicht, ſie anzuſehen. Er ſtund
da, und konnte ſich kaum halten; jedes Auge,
glaubte er, bemerk ihn. — Wo haben ſie denn heut
den Herrn von Kronhelm gelaſſen? fieng ſie wieder
an. — Dieſe Frage riß ihn wieder etwas aus der
ſchrecklichen Verlegenheit, in der er ſich gewiß
verrathen haͤtte. Er iſt . . ſagte er, und hub die
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Zitationshilfe: | Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 629. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/209>, abgerufen am 16.02.2025. |