Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.ins Kloster sollte, aber sie wehrte sich ritterlich, und ward von ihrer Mutter, die eine trefliche Frau ist, unterstützt. -- Sehen Sie, da kommt die Mutter eben auch. -- Dacht ichs nicht? Da fängt er schon wieder einen Zank mit seiner Schwe- ster an. Der verteufelte Kerl! -- Aber warum gehn Sie denn mit ihm um? Jch traf ihn ja schon ein paarmal bey Jhnen an, sagte Siegwart. -- Gutfried zuckte die Achseln. Was muß man nicht alles in der Welt thun, wenn man Absichten erreichen will? Es ist hundsfütisch genug, daß man sich mit solchen Kerls abgeben und ihrer Gnade leben muß! -- Siegwart merkte wohl, wo das hinaus wollte, und suchte das Gespräch abzulenken. -- Und wo ist denn der andre Bruder? sagte er. -- Hier in Jngolstadt, versetzte Gutfried; dort droben wohnt er, an der Ecke. Er ist bey einem Kollegio so viel, als Sekretair, und an sich so toll nicht, wie sein Bruder; aber dafür hat er ein Weib, von dem er sich regieren läst; und das Weib ist nicht einen Hel- ler werth; ein bigottes Ding, das immer fromm seyn will, und es meiner Seel! nicht ist. Da ist sie immer hinter den Hofrath drein, und will, er soll seine Tochter ins Kloster stecken, und ist doch selbst nicht drein gegangen. Der verfluchte Aber- ins Kloſter ſollte, aber ſie wehrte ſich ritterlich, und ward von ihrer Mutter, die eine trefliche Frau iſt, unterſtuͤtzt. — Sehen Sie, da kommt die Mutter eben auch. — Dacht ichs nicht? Da faͤngt er ſchon wieder einen Zank mit ſeiner Schwe- ſter an. Der verteufelte Kerl! — Aber warum gehn Sie denn mit ihm um? Jch traf ihn ja ſchon ein paarmal bey Jhnen an, ſagte Siegwart. — Gutfried zuckte die Achſeln. Was muß man nicht alles in der Welt thun, wenn man Abſichten erreichen will? Es iſt hundsfuͤtiſch genug, daß man ſich mit ſolchen Kerls abgeben und ihrer Gnade leben muß! — Siegwart merkte wohl, wo das hinaus wollte, und ſuchte das Geſpraͤch abzulenken. — Und wo iſt denn der andre Bruder? ſagte er. — Hier in Jngolſtadt, verſetzte Gutfried; dort droben wohnt er, an der Ecke. Er iſt bey einem Kollegio ſo viel, als Sekretair, und an ſich ſo toll nicht, wie ſein Bruder; aber dafuͤr hat er ein Weib, von dem er ſich regieren laͤſt; und das Weib iſt nicht einen Hel- ler werth; ein bigottes Ding, das immer fromm ſeyn will, und es meiner Seel! nicht iſt. Da iſt ſie immer hinter den Hofrath drein, und will, er ſoll ſeine Tochter ins Kloſter ſtecken, und iſt doch ſelbſt nicht drein gegangen. Der verfluchte Aber- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0178" n="598"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> ins Kloſter ſollte, aber ſie wehrte ſich ritterlich,<lb/> und ward von ihrer Mutter, die eine trefliche Frau<lb/> iſt, unterſtuͤtzt. — Sehen Sie, da kommt die<lb/> Mutter eben auch. — Dacht ichs nicht? Da<lb/> faͤngt er ſchon wieder einen Zank mit ſeiner Schwe-<lb/> ſter an. Der verteufelte Kerl! — Aber warum<lb/> gehn Sie denn mit ihm um? Jch traf ihn ja ſchon<lb/> ein paarmal bey Jhnen an, ſagte Siegwart. —<lb/> Gutfried zuckte die Achſeln. Was muß man nicht<lb/> alles in der Welt thun, wenn man Abſichten erreichen<lb/> will? Es iſt hundsfuͤtiſch genug, daß man ſich mit<lb/> ſolchen Kerls abgeben und ihrer Gnade leben muß!<lb/> — Siegwart merkte wohl, wo das hinaus wollte,<lb/> und ſuchte das Geſpraͤch abzulenken. — Und wo<lb/> iſt denn der andre Bruder? ſagte er. — Hier in<lb/> Jngolſtadt, verſetzte Gutfried; dort droben wohnt<lb/> er, an der Ecke. Er iſt bey einem Kollegio ſo viel,<lb/> als Sekretair, und an ſich ſo toll nicht, wie ſein<lb/> Bruder; aber dafuͤr hat er ein Weib, von dem er<lb/> ſich regieren laͤſt; und das Weib iſt nicht einen Hel-<lb/> ler werth; ein bigottes Ding, das immer fromm<lb/> ſeyn will, und es meiner Seel! nicht iſt. Da iſt<lb/> ſie immer hinter den Hofrath drein, und will, er<lb/> ſoll ſeine Tochter ins Kloſter ſtecken, und iſt doch<lb/> ſelbſt nicht drein gegangen. Der verfluchte Aber-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [598/0178]
ins Kloſter ſollte, aber ſie wehrte ſich ritterlich,
und ward von ihrer Mutter, die eine trefliche Frau
iſt, unterſtuͤtzt. — Sehen Sie, da kommt die
Mutter eben auch. — Dacht ichs nicht? Da
faͤngt er ſchon wieder einen Zank mit ſeiner Schwe-
ſter an. Der verteufelte Kerl! — Aber warum
gehn Sie denn mit ihm um? Jch traf ihn ja ſchon
ein paarmal bey Jhnen an, ſagte Siegwart. —
Gutfried zuckte die Achſeln. Was muß man nicht
alles in der Welt thun, wenn man Abſichten erreichen
will? Es iſt hundsfuͤtiſch genug, daß man ſich mit
ſolchen Kerls abgeben und ihrer Gnade leben muß!
— Siegwart merkte wohl, wo das hinaus wollte,
und ſuchte das Geſpraͤch abzulenken. — Und wo
iſt denn der andre Bruder? ſagte er. — Hier in
Jngolſtadt, verſetzte Gutfried; dort droben wohnt
er, an der Ecke. Er iſt bey einem Kollegio ſo viel,
als Sekretair, und an ſich ſo toll nicht, wie ſein
Bruder; aber dafuͤr hat er ein Weib, von dem er
ſich regieren laͤſt; und das Weib iſt nicht einen Hel-
ler werth; ein bigottes Ding, das immer fromm
ſeyn will, und es meiner Seel! nicht iſt. Da iſt
ſie immer hinter den Hofrath drein, und will, er
ſoll ſeine Tochter ins Kloſter ſtecken, und iſt doch
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