gemacht? -- Aus mir selber hab ichs; ich habs ge- macht. Das war dir eine Freude, als ichs fertig hatte. O Bruder, ich kann nichts anders thun und denken! -- Du daurst mich, armer Junge! Jch hoffte, die Zeit würd es ändern. -- Da kennst du die Liebe recht. Wer einmal liebt, liebt ewig. -- Hierauf erkundigte er sich mit Aengstlichkeit nach Theresen. Siegwart wich seinen Fragen aus, so gut er konnte, und antwortete immer nur ins Allgemeine. Bey Kronhelm wachte der ganze, etwas eingeschlummerte Schmerz wieder auf. Alles war ihm wieder neu. Es kam ihm vor, als ob er Theresen erst gestern gesehen, und ver- lohren hätte. Alle Bilder der Vergangenheit stell- ten sich ihm wieder dar. Er betrachtete seinen Siegwart genau, eilte dann zum Portrait hin, und brachte sogleich einen Zug drinn an, den The- rese mit ihrem Bruder gemein hatte. Das hat noch gefehlt, sagte er, das konnt ich nicht treffen; nun ists noch ähnlicher. Und wirklich hatte die Aehnlichkeit des Bildes durch diese Aenderung sehr gewonnen.
Sieh, das Zimmer wäre groß genug, sagte Kronhelm, daß wir bey einander wohnen könnten. Aber ich habs besser überlegt. Du hast in der letz-
gemacht? — Aus mir ſelber hab ichs; ich habs ge- macht. Das war dir eine Freude, als ichs fertig hatte. O Bruder, ich kann nichts anders thun und denken! — Du daurſt mich, armer Junge! Jch hoffte, die Zeit wuͤrd es aͤndern. — Da kennſt du die Liebe recht. Wer einmal liebt, liebt ewig. — Hierauf erkundigte er ſich mit Aengſtlichkeit nach Thereſen. Siegwart wich ſeinen Fragen aus, ſo gut er konnte, und antwortete immer nur ins Allgemeine. Bey Kronhelm wachte der ganze, etwas eingeſchlummerte Schmerz wieder auf. Alles war ihm wieder neu. Es kam ihm vor, als ob er Thereſen erſt geſtern geſehen, und ver- lohren haͤtte. Alle Bilder der Vergangenheit ſtell- ten ſich ihm wieder dar. Er betrachtete ſeinen Siegwart genau, eilte dann zum Portrait hin, und brachte ſogleich einen Zug drinn an, den The- reſe mit ihrem Bruder gemein hatte. Das hat noch gefehlt, ſagte er, das konnt ich nicht treffen; nun iſts noch aͤhnlicher. Und wirklich hatte die Aehnlichkeit des Bildes durch dieſe Aenderung ſehr gewonnen.
Sieh, das Zimmer waͤre groß genug, ſagte Kronhelm, daß wir bey einander wohnen koͤnnten. Aber ich habs beſſer uͤberlegt. Du haſt in der letz-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0136"n="556"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
gemacht? — Aus mir ſelber hab ichs; ich habs ge-<lb/>
macht. Das war dir eine Freude, als ichs fertig<lb/>
hatte. O Bruder, ich kann nichts anders thun und<lb/>
denken! — Du daurſt mich, armer Junge! Jch<lb/>
hoffte, die Zeit wuͤrd es aͤndern. — Da kennſt<lb/>
du die Liebe recht. Wer einmal liebt, liebt ewig. —<lb/>
Hierauf erkundigte er ſich mit Aengſtlichkeit nach<lb/>
Thereſen. Siegwart wich ſeinen Fragen aus, ſo<lb/>
gut er konnte, und antwortete immer nur ins<lb/>
Allgemeine. Bey Kronhelm wachte der ganze,<lb/>
etwas eingeſchlummerte Schmerz wieder auf.<lb/>
Alles war ihm wieder neu. Es kam ihm vor,<lb/>
als ob er Thereſen erſt geſtern geſehen, und ver-<lb/>
lohren haͤtte. Alle Bilder der Vergangenheit ſtell-<lb/>
ten ſich ihm wieder dar. Er betrachtete ſeinen<lb/>
Siegwart genau, eilte dann zum Portrait hin,<lb/>
und brachte ſogleich einen Zug drinn an, den The-<lb/>
reſe mit ihrem Bruder gemein hatte. Das hat<lb/>
noch gefehlt, ſagte er, das konnt ich nicht treffen;<lb/>
nun iſts noch aͤhnlicher. Und wirklich hatte die<lb/>
Aehnlichkeit des Bildes durch dieſe Aenderung ſehr<lb/>
gewonnen.</p><lb/><p>Sieh, das Zimmer waͤre groß genug, ſagte<lb/>
Kronhelm, daß wir bey einander wohnen koͤnnten.<lb/>
Aber ich habs beſſer uͤberlegt. Du haſt in der letz-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[556/0136]
gemacht? — Aus mir ſelber hab ichs; ich habs ge-
macht. Das war dir eine Freude, als ichs fertig
hatte. O Bruder, ich kann nichts anders thun und
denken! — Du daurſt mich, armer Junge! Jch
hoffte, die Zeit wuͤrd es aͤndern. — Da kennſt
du die Liebe recht. Wer einmal liebt, liebt ewig. —
Hierauf erkundigte er ſich mit Aengſtlichkeit nach
Thereſen. Siegwart wich ſeinen Fragen aus, ſo
gut er konnte, und antwortete immer nur ins
Allgemeine. Bey Kronhelm wachte der ganze,
etwas eingeſchlummerte Schmerz wieder auf.
Alles war ihm wieder neu. Es kam ihm vor,
als ob er Thereſen erſt geſtern geſehen, und ver-
lohren haͤtte. Alle Bilder der Vergangenheit ſtell-
ten ſich ihm wieder dar. Er betrachtete ſeinen
Siegwart genau, eilte dann zum Portrait hin,
und brachte ſogleich einen Zug drinn an, den The-
reſe mit ihrem Bruder gemein hatte. Das hat
noch gefehlt, ſagte er, das konnt ich nicht treffen;
nun iſts noch aͤhnlicher. Und wirklich hatte die
Aehnlichkeit des Bildes durch dieſe Aenderung ſehr
gewonnen.
Sieh, das Zimmer waͤre groß genug, ſagte
Kronhelm, daß wir bey einander wohnen koͤnnten.
Aber ich habs beſſer uͤberlegt. Du haſt in der letz-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 556. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/136>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.