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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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ster zu verdanken hatte. Der Offizier, und der
Kondukteur fiengen an, den armen Juden auf alle
Art zu necken. Keine halbe Stunde durfte er auf
seiner Stelle sitzen bleiben. Bald fiels dem Offizier
ein, vorwärts, bald wieder rückwärts zu fahren.
Der Jude ließ sich alles gefallen, und setzte sich
stillschweigend hin, wohin mans wollte. Endlich
fiel dem Kondukteur ein, daß er ein wildes Schwein
auf dem Wagen habe. Er sagte dem Juden, er
soll sich weiter hinten hin im Postwagen setzen. Der
Jude thats. Hierauf fieng der Kondukteur mit
dem Offizier ein lautes Gelächter an. Mauschel,
Mauschel, hast du Gelust zu Schweinefleisch?
Seht mir doch, da setzt er sich neben die Bache
hin! Jndem zog der Kondukteur die Decke weg,
unter der das Schwein lag. Der Jude sprang
mit grossem Geschrey aus dem Postwagen: O weh,
o weh! Jch bin verunreinigt! Bin ein armer
Mann! Unserm Siegwart that das in der Seele
weh. Man sollt' ihn doch in Ruhe lassen! sagte
er, und wurde feuerroth im Gesicht, weil er noch
ziemlich erschreckt war. Ey was! junger Herr,
sagte der Offizier. Er versteht das nicht! Das
ist Postwagenrecht. Siegwart schwieg, weil er
das grimmige Gesicht des Offiziers für Tapferkeit



ſter zu verdanken hatte. Der Offizier, und der
Kondukteur fiengen an, den armen Juden auf alle
Art zu necken. Keine halbe Stunde durfte er auf
ſeiner Stelle ſitzen bleiben. Bald fiels dem Offizier
ein, vorwaͤrts, bald wieder ruͤckwaͤrts zu fahren.
Der Jude ließ ſich alles gefallen, und ſetzte ſich
ſtillſchweigend hin, wohin mans wollte. Endlich
fiel dem Kondukteur ein, daß er ein wildes Schwein
auf dem Wagen habe. Er ſagte dem Juden, er
ſoll ſich weiter hinten hin im Poſtwagen ſetzen. Der
Jude thats. Hierauf fieng der Kondukteur mit
dem Offizier ein lautes Gelaͤchter an. Mauſchel,
Mauſchel, haſt du Geluſt zu Schweinefleiſch?
Seht mir doch, da ſetzt er ſich neben die Bache
hin! Jndem zog der Kondukteur die Decke weg,
unter der das Schwein lag. Der Jude ſprang
mit groſſem Geſchrey aus dem Poſtwagen: O weh,
o weh! Jch bin verunreinigt! Bin ein armer
Mann! Unſerm Siegwart that das in der Seele
weh. Man ſollt’ ihn doch in Ruhe laſſen! ſagte
er, und wurde feuerroth im Geſicht, weil er noch
ziemlich erſchreckt war. Ey was! junger Herr,
ſagte der Offizier. Er verſteht das nicht! Das
iſt Poſtwagenrecht. Siegwart ſchwieg, weil er
das grimmige Geſicht des Offiziers fuͤr Tapferkeit

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[538/0118] ſter zu verdanken hatte. Der Offizier, und der Kondukteur fiengen an, den armen Juden auf alle Art zu necken. Keine halbe Stunde durfte er auf ſeiner Stelle ſitzen bleiben. Bald fiels dem Offizier ein, vorwaͤrts, bald wieder ruͤckwaͤrts zu fahren. Der Jude ließ ſich alles gefallen, und ſetzte ſich ſtillſchweigend hin, wohin mans wollte. Endlich fiel dem Kondukteur ein, daß er ein wildes Schwein auf dem Wagen habe. Er ſagte dem Juden, er ſoll ſich weiter hinten hin im Poſtwagen ſetzen. Der Jude thats. Hierauf fieng der Kondukteur mit dem Offizier ein lautes Gelaͤchter an. Mauſchel, Mauſchel, haſt du Geluſt zu Schweinefleiſch? Seht mir doch, da ſetzt er ſich neben die Bache hin! Jndem zog der Kondukteur die Decke weg, unter der das Schwein lag. Der Jude ſprang mit groſſem Geſchrey aus dem Poſtwagen: O weh, o weh! Jch bin verunreinigt! Bin ein armer Mann! Unſerm Siegwart that das in der Seele weh. Man ſollt’ ihn doch in Ruhe laſſen! ſagte er, und wurde feuerroth im Geſicht, weil er noch ziemlich erſchreckt war. Ey was! junger Herr, ſagte der Offizier. Er verſteht das nicht! Das iſt Poſtwagenrecht. Siegwart ſchwieg, weil er das grimmige Geſicht des Offiziers fuͤr Tapferkeit

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 538. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart02_1776/118>, abgerufen am 26.11.2024.