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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Betrachtungen
Heyl verleichtsinniget, jetzt hats, achte ich, schon ein anderer, was
mir angebotten worden, und GOTT hat mich verlassen, wie ichs
verdient. Also hebt der verlohrne, verarmete Sohn seine Augen
auf von ferne, und darff schier nicht mehr an seines Vatters Hause
gedencken wegen seines übelen Verhaltens.

Soll zu
dem Hey-
land trei-
ben.

§. 2. Antw. Petrus sagt: Durch den Glauben werden
die Hertzen gereiniget
a. Traue deinem GOTT, verzage an
dir selbst, aber nicht an GOTTES unendlicher Barmhertzigkeit;
Er wird helffen, wann alles aus, und verdorben zu seyn scheinet;
Das zuversichtliche Hertz zu Christo, trotz der allertieffsten Verderb-
nuß, ist der Brunn und die Wurtzel, daraus Heiligung und
alles Gute fliessen muß; Willt du aber zu erst rein seyn, ehe du JE-
SUM aufnehmest, so verkehrest du die Ordnung des Heyls, stehest
dir selbst im Weg und kanst nicht fort kommen, das ist eine allgemei-
ne und betrübte Verblendung, daß mans allzeit mit Wercken anfa-
hen will. Joseph konnte sich ein neu Grab-Gewölb hauen lassen,
und köstlichen Leinwat kauffen, du aber vermagsts nicht. Darum ist
kein ander Mittel, du must dich JESU übergeben, so elend und
jämmerlich als du bist, damit er dir gebe was du nicht hast, und
würcke was dir unmöglich ist, dich neu und rein mache, und lehre,
was du nicht weist, derohalben brauche getrost die Mittel des Heyls,
fahe allezeit wieder an, wo du es gelassen.

Daß man
ernstlich
seufftze
und bette,

§. 3. Jn solchem Sinn gebrauche fürnemlich auch das dritte Hülff-
Mittel und halte an mit unabläßigem Sehnen und Seufftzen bey
GOTT b, daß er sein Himmelreich in dir anrichte, die Glaubens-
Hand schaffe, JESUM mit seinem Heyl und grossen Güte zu fas-
sen, und diese Perl in heiliger Forcht zu behalten in ihrer Schöne,
in einem reinen Hertzen zu verbergen, ja daß dich diese Perl selbst
bewahre, ewig bey dir bleibe, dich bereichere, und überall voll-
kommen seelig mache.

§. 4. Lasse dichs aber nicht irren, wann GOTT dieses alles nicht

auf
a Ap. Gesch. XV. 9.
b Luc. XVIII. 1-8.

Betrachtungen
Heyl verleichtſinniget, jetzt hats, achte ich, ſchon ein anderer, was
mir angebotten worden, und GOTT hat mich verlaſſen, wie ichs
verdient. Alſo hebt der verlohrne, verarmete Sohn ſeine Augen
auf von ferne, und darff ſchier nicht mehr an ſeines Vatters Hauſe
gedencken wegen ſeines uͤbelen Verhaltens.

Soll zu
dem Hey-
land trei-
ben.

§. 2. Antw. Petrus ſagt: Durch den Glauben werden
die Hertzen gereiniget
a. Traue deinem GOTT, verzage an
dir ſelbſt, aber nicht an GOTTES unendlicher Barmhertzigkeit;
Er wird helffen, wann alles aus, und verdorben zu ſeyn ſcheinet;
Das zuverſichtliche Hertz zu Chriſto, trotz der allertieffſten Verderb-
nuß, iſt der Brunn und die Wurtzel, daraus Heiligung und
alles Gute flieſſen muß; Willt du aber zu erſt rein ſeyn, ehe du JE-
SUM aufnehmeſt, ſo verkehreſt du die Ordnung des Heyls, ſteheſt
dir ſelbſt im Weg und kanſt nicht fort kommen, das iſt eine allgemei-
ne und betruͤbte Verblendung, daß mans allzeit mit Wercken anfa-
hen will. Joſeph konnte ſich ein neu Grab-Gewoͤlb hauen laſſen,
und koͤſtlichen Leinwat kauffen, du aber vermagſts nicht. Darum iſt
kein ander Mittel, du muſt dich JESU uͤbergeben, ſo elend und
jaͤmmerlich als du biſt, damit er dir gebe was du nicht haſt, und
wuͤrcke was dir unmoͤglich iſt, dich neu und rein mache, und lehre,
was du nicht weiſt, derohalben brauche getroſt die Mittel des Heyls,
fahe allezeit wieder an, wo du es gelaſſen.

Daß man
ernſtlich
ſeufftze
und bette,

§. 3. Jn ſolchem Sinn gebrauche fuͤrnemlich auch das dritte Huͤlff-
Mittel und halte an mit unablaͤßigem Sehnen und Seufftzen bey
GOTT b, daß er ſein Himmelreich in dir anrichte, die Glaubens-
Hand ſchaffe, JESUM mit ſeinem Heyl und groſſen Guͤte zu faſ-
ſen, und dieſe Perl in heiliger Forcht zu behalten in ihrer Schoͤne,
in einem reinen Hertzen zu verbergen, ja daß dich dieſe Perl ſelbſt
bewahre, ewig bey dir bleibe, dich bereichere, und uͤberall voll-
kommen ſeelig mache.

§. 4. Laſſe dichs aber nicht irren, wann GOTT dieſes alles nicht

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a Ap. Geſch. XV. 9.
b Luc. XVIII. 1–8.
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[886/0982] Betrachtungen Heyl verleichtſinniget, jetzt hats, achte ich, ſchon ein anderer, was mir angebotten worden, und GOTT hat mich verlaſſen, wie ichs verdient. Alſo hebt der verlohrne, verarmete Sohn ſeine Augen auf von ferne, und darff ſchier nicht mehr an ſeines Vatters Hauſe gedencken wegen ſeines uͤbelen Verhaltens. §. 2. Antw. Petrus ſagt: Durch den Glauben werden die Hertzen gereiniget a. Traue deinem GOTT, verzage an dir ſelbſt, aber nicht an GOTTES unendlicher Barmhertzigkeit; Er wird helffen, wann alles aus, und verdorben zu ſeyn ſcheinet; Das zuverſichtliche Hertz zu Chriſto, trotz der allertieffſten Verderb- nuß, iſt der Brunn und die Wurtzel, daraus Heiligung und alles Gute flieſſen muß; Willt du aber zu erſt rein ſeyn, ehe du JE- SUM aufnehmeſt, ſo verkehreſt du die Ordnung des Heyls, ſteheſt dir ſelbſt im Weg und kanſt nicht fort kommen, das iſt eine allgemei- ne und betruͤbte Verblendung, daß mans allzeit mit Wercken anfa- hen will. Joſeph konnte ſich ein neu Grab-Gewoͤlb hauen laſſen, und koͤſtlichen Leinwat kauffen, du aber vermagſts nicht. Darum iſt kein ander Mittel, du muſt dich JESU uͤbergeben, ſo elend und jaͤmmerlich als du biſt, damit er dir gebe was du nicht haſt, und wuͤrcke was dir unmoͤglich iſt, dich neu und rein mache, und lehre, was du nicht weiſt, derohalben brauche getroſt die Mittel des Heyls, fahe allezeit wieder an, wo du es gelaſſen. §. 3. Jn ſolchem Sinn gebrauche fuͤrnemlich auch das dritte Huͤlff- Mittel und halte an mit unablaͤßigem Sehnen und Seufftzen bey GOTT b, daß er ſein Himmelreich in dir anrichte, die Glaubens- Hand ſchaffe, JESUM mit ſeinem Heyl und groſſen Guͤte zu faſ- ſen, und dieſe Perl in heiliger Forcht zu behalten in ihrer Schoͤne, in einem reinen Hertzen zu verbergen, ja daß dich dieſe Perl ſelbſt bewahre, ewig bey dir bleibe, dich bereichere, und uͤberall voll- kommen ſeelig mache. §. 4. Laſſe dichs aber nicht irren, wann GOTT dieſes alles nicht auf a Ap. Geſch. XV. 9. b Luc. XVIII. 1–8.

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 886. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/982>, abgerufen am 03.07.2024.