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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Jämmerlicher Abscheid
JEsum dencken, so war es ihm ein solche Pein, daß er leibhaffte schmertz-
liche Stiche empfande an seinem gantzen Leibe, er fühlte nichts als Zorn
und Unfried, man möchte ihm lang einbläuwen, Christus habe Frie-
den gemacht, und GOtt sey mit dem Sünder versöhnt im Sohn sei-
nes Wohlgefallens; Es ware eben als schüttete man Krafft-Wasser
auf ein Kiselstein, es wollte nichts angehen, der Göttliche probhaltende
Glaub fehlete, freylich ware es ihm grad wie einem der ertrincken will,
er sahe allenthalben sich um, ob er etwas ergreiffen und fassen könnte, sich
aus den Angst-Wirblen und Verzweifflungs-Schlund heraus zu zie-
hen, allein es wollte ihm nichts helffen, er mußte versincken und un-
tergehen, dann es blieb ihm alles in den Händen, woran er sich halten
wollte. Sein und JEsus Hertz wollten sich nun nicht mehr zusammen
verbinden, es gieng ihm, wie jenen in der Sündfluth, die Wasser
der Raach und Vertilgung rauscheten daher. Matth. 5, 7. 27. Und er
müßte die Arch erbärmlich als von weitem ansehen, die hatte ihre Thür
vor ihm zugethan; hieher gehört das Lied, die Welt sagt von der
Welt, und sonderlich das sibende und achte Gesatz.

Neben
diesem so
waren alle
Zusprüch
verge-
bens.

§. 7. Hier möchte mancher Blinder und Ungeübter gedencken, o wä-
re ich bey ihm gewesen, ich hätte ihm diß und das gesagt, und vorge-
schwätzt. Aber wann das rechte Sturm-Wetter kommt, davon Prov.
1. und die gräuliche Püffe im bösen Gewissen, alsdann helffen Men-
schen Wort wenig, wann der Heil. Geist die lang verschmächte Krafft
und Seegen zurück zeucht. Als er ein wenig Aufflüfftung hatte, fragte
ihn jemand was er jetz gedencke, womit er umgehe? Welchem er äng-
stiglich antwortete: es daucht mich, wann ich nur alles könnte auf
einmahl gut machen, was ich verfehlet: Man hielt ihm vor den Schä-
cher am Creutz, aber es halff gleich so viel, als gosse man ein Bächer-
lein mit Wasser in ein liechter- loh brennend und raßlende Feuers-
Brunst.

Die Angst
vermehre-
te sich bey
heranna-
hendem
Lebens-
Ende.

§. 8. Jndessen ruckte sein End herbey, und er klagte jämmerlich und
sprach: Es ist um mich geschehen, ich bin verdammt und ver-
lohren, es ist aus und aus mit mir, es ist kein Gnade mehr vor mich!
O weh mir in Ewigkeit! Er wehrete sich zu sterben, und zwang sich zu
leben, wollte es gern gehindert haben, daß sein Geist nicht ausfahren
müsse, allein es blieben wenig Sand-Körnlein mehr übrig, so wars

an

Jaͤmmerlicher Abſcheid
JEſum dencken, ſo war es ihm ein ſolche Pein, daß er leibhaffte ſchmertz-
liche Stiche empfande an ſeinem gantzen Leibe, er fuͤhlte nichts als Zorn
und Unfried, man moͤchte ihm lang einblaͤuwen, Chriſtus habe Frie-
den gemacht, und GOtt ſey mit dem Suͤnder verſoͤhnt im Sohn ſei-
nes Wohlgefallens; Es ware eben als ſchuͤttete man Krafft-Waſſer
auf ein Kiſelſtein, es wollte nichts angehen, der Goͤttliche probhaltende
Glaub fehlete, freylich ware es ihm grad wie einem der ertrincken will,
er ſahe allenthalben ſich um, ob er etwas ergreiffen und faſſen koͤnnte, ſich
aus den Angſt-Wirblen und Verzweifflungs-Schlund heraus zu zie-
hen, allein es wollte ihm nichts helffen, er mußte verſincken und un-
tergehen, dann es blieb ihm alles in den Haͤnden, woran er ſich halten
wollte. Sein und JEſus Hertz wollten ſich nun nicht mehr zuſammen
verbinden, es gieng ihm, wie jenen in der Suͤndfluth, die Waſſer
der Raach und Vertilgung rauſcheten daher. Matth. 5, 7. 27. Und er
muͤßte die Arch erbaͤrmlich als von weitem anſehen, die hatte ihre Thuͤr
vor ihm zugethan; hieher gehoͤrt das Lied, die Welt ſagt von der
Welt, und ſonderlich das ſibende und achte Geſatz.

Neben
dieſem ſo
waren alle
Zuſpruͤch
verge-
bens.

§. 7. Hier moͤchte mancher Blinder und Ungeuͤbter gedencken, o waͤ-
re ich bey ihm geweſen, ich haͤtte ihm diß und das geſagt, und vorge-
ſchwaͤtzt. Aber wann das rechte Sturm-Wetter kommt, davon Prov.
1. und die graͤuliche Puͤffe im boͤſen Gewiſſen, alsdann helffen Men-
ſchen Wort wenig, wann der Heil. Geiſt die lang verſchmaͤchte Krafft
und Seegen zuruͤck zeucht. Als er ein wenig Auffluͤfftung hatte, fragte
ihn jemand was er jetz gedencke, womit er umgehe? Welchem er aͤng-
ſtiglich antwortete: es daucht mich, wann ich nur alles koͤnnte auf
einmahl gut machen, was ich verfehlet: Man hielt ihm vor den Schaͤ-
cher am Creutz, aber es halff gleich ſo viel, als goſſe man ein Baͤcher-
lein mit Waſſer in ein liechter- loh brennend und raßlende Feuers-
Brunſt.

Die Angſt
vermehre-
te ſich bey
heranna-
hendem
Lebens-
Ende.

§. 8. Jndeſſen ruckte ſein End herbey, und er klagte jaͤmmerlich und
ſprach: Es iſt um mich geſchehen, ich bin verdammt und ver-
lohren, es iſt aus und aus mit mir, es iſt kein Gnade mehr vor mich!
O weh mir in Ewigkeit! Er wehrete ſich zu ſterben, und zwang ſich zu
leben, wollte es gern gehindert haben, daß ſein Geiſt nicht ausfahren
muͤſſe, allein es blieben wenig Sand-Koͤrnlein mehr uͤbrig, ſo wars

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[670/0766] Jaͤmmerlicher Abſcheid JEſum dencken, ſo war es ihm ein ſolche Pein, daß er leibhaffte ſchmertz- liche Stiche empfande an ſeinem gantzen Leibe, er fuͤhlte nichts als Zorn und Unfried, man moͤchte ihm lang einblaͤuwen, Chriſtus habe Frie- den gemacht, und GOtt ſey mit dem Suͤnder verſoͤhnt im Sohn ſei- nes Wohlgefallens; Es ware eben als ſchuͤttete man Krafft-Waſſer auf ein Kiſelſtein, es wollte nichts angehen, der Goͤttliche probhaltende Glaub fehlete, freylich ware es ihm grad wie einem der ertrincken will, er ſahe allenthalben ſich um, ob er etwas ergreiffen und faſſen koͤnnte, ſich aus den Angſt-Wirblen und Verzweifflungs-Schlund heraus zu zie- hen, allein es wollte ihm nichts helffen, er mußte verſincken und un- tergehen, dann es blieb ihm alles in den Haͤnden, woran er ſich halten wollte. Sein und JEſus Hertz wollten ſich nun nicht mehr zuſammen verbinden, es gieng ihm, wie jenen in der Suͤndfluth, die Waſſer der Raach und Vertilgung rauſcheten daher. Matth. 5, 7. 27. Und er muͤßte die Arch erbaͤrmlich als von weitem anſehen, die hatte ihre Thuͤr vor ihm zugethan; hieher gehoͤrt das Lied, die Welt ſagt von der Welt, und ſonderlich das ſibende und achte Geſatz. §. 7. Hier moͤchte mancher Blinder und Ungeuͤbter gedencken, o waͤ- re ich bey ihm geweſen, ich haͤtte ihm diß und das geſagt, und vorge- ſchwaͤtzt. Aber wann das rechte Sturm-Wetter kommt, davon Prov. 1. und die graͤuliche Puͤffe im boͤſen Gewiſſen, alsdann helffen Men- ſchen Wort wenig, wann der Heil. Geiſt die lang verſchmaͤchte Krafft und Seegen zuruͤck zeucht. Als er ein wenig Auffluͤfftung hatte, fragte ihn jemand was er jetz gedencke, womit er umgehe? Welchem er aͤng- ſtiglich antwortete: es daucht mich, wann ich nur alles koͤnnte auf einmahl gut machen, was ich verfehlet: Man hielt ihm vor den Schaͤ- cher am Creutz, aber es halff gleich ſo viel, als goſſe man ein Baͤcher- lein mit Waſſer in ein liechter- loh brennend und raßlende Feuers- Brunſt. §. 8. Jndeſſen ruckte ſein End herbey, und er klagte jaͤmmerlich und ſprach: Es iſt um mich geſchehen, ich bin verdammt und ver- lohren, es iſt aus und aus mit mir, es iſt kein Gnade mehr vor mich! O weh mir in Ewigkeit! Er wehrete ſich zu ſterben, und zwang ſich zu leben, wollte es gern gehindert haben, daß ſein Geiſt nicht ausfahren muͤſſe, allein es blieben wenig Sand-Koͤrnlein mehr uͤbrig, ſo wars an

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 670. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/766>, abgerufen am 23.11.2024.