an dem, daß er sollte von hinnen fahren, dessen ihn auch ein Freund ein paar Stund vor seinem Abscheid erinnerte und ermahnte sich in Christi Arme zu werffen, allein der arme Sterbende konnte kein Ver- trauen schöpfen aus allem was ihm zu gesprochen war, und bliebe fort und fort in gleichem Zustand, ohne daß, da die Angst sich mehrete, der Tod herantrate, er in der letzten Nacht vor sich betten ließ, bald hernach zeigte ihm GOtt im Geist, was er gesäet bey Leibes Leben, und auch jetzund mit ewiger Schmach und Schande erndten müßte, dann ohngeacht er keines wegs verruckt war, auch nicht das minste Merckzeichen einiger Verruckung sehen ließ, bey gutem Verstand blie- be biß an sein End, und feine Anordnung gab seiner leiblichen Sa- chen halber, dennoch als im Schnapp, in dem er alsobald wieder ins Feuer müßte (dann er eines starcken, gesunden Temperaments ware, als wäre er von Stahel und Eisen.)
§. 9. Jch muß hier etwas erzehlen, das manchem seltzam vorkom-Alles wo- ran er sei- ne Lust ge- habt hat kame ihm zu Sinn und ver- mehrte sei- ne Angst. men möchte, allein lache du nur nicht darab, du weißt ja selbst nicht, was dir noch begegnen wird, und was für ein Schmeltz-Tigel auf dich wartet, es sind noch nicht aller Tagen Abend; darum lasse du das Lachen und Spotten den Kinderen und Thoren über, er sahe ein Truppen Buben mit Rybanden auf den Hüten, um das Bett herum, weil er bey gesunden Tagen an solchen liederlichen Thorheiten und Stempeneyen grosse Lust hatte, wie quälet das den unsterblichen Geist in jener Welt, wann er sich in dieser Zeit an solchen nichts-währten Dingen vergaffet, und durch seines Fleisches Muthwillen GOttes unverwelckliches Erbe verlohren, und so leichtsinnig darum kommen. Ein wenig darnach bate er, man sollte doch die bellende Hunde heraus thun, da doch nicht ein Hündlein gehört war; hierauf antwor- tete ihm ein Freund (so bey ihm ware, und deme auch ein Schauder durch den Leib gienge, in dem ihn dauchte, es seye ein schwartz Heer-Läger böser Geister) nein es sind die bösen Geister die deine Seel so lang gefangen hielten, und meynen du werdest ihnen noch ent- rinnen.
Hier ist merckwürdig, daß er selbigen Winter eine unmäßige Lust hatte mit den Jag-Hünden, und wollte noch ein Jäger abgeben: Welche und viel dergleichen eckelhaffte kindische Lust und Welt-Gelüst
und
eines Kuͤh-Hirten.
an dem, daß er ſollte von hinnen fahren, deſſen ihn auch ein Freund ein paar Stund vor ſeinem Abſcheid erinnerte und ermahnte ſich in Chriſti Arme zu werffen, allein der arme Sterbende konnte kein Ver- trauen ſchoͤpfen aus allem was ihm zu geſprochen war, und bliebe fort und fort in gleichem Zuſtand, ohne daß, da die Angſt ſich mehrete, der Tod herantrate, er in der letzten Nacht vor ſich betten ließ, bald hernach zeigte ihm GOtt im Geiſt, was er geſaͤet bey Leibes Leben, und auch jetzund mit ewiger Schmach und Schande erndten muͤßte, dann ohngeacht er keines wegs verruckt war, auch nicht das minſte Merckzeichen einiger Verruckung ſehen ließ, bey gutem Verſtand blie- be biß an ſein End, und feine Anordnung gab ſeiner leiblichen Sa- chen halber, dennoch als im Schnapp, in dem er alſobald wieder ins Feuer muͤßte (dann er eines ſtarcken, geſunden Temperaments ware, als waͤre er von Stahel und Eiſen.)
§. 9. Jch muß hier etwas erzehlen, das manchem ſeltzam vorkom-Alles wo- ran er ſei- ne Luſt ge- habt hat kame ihm zu Sinn und ver- mehrte ſei- ne Angſt. men moͤchte, allein lache du nur nicht darab, du weißt ja ſelbſt nicht, was dir noch begegnen wird, und was fuͤr ein Schmeltz-Tigel auf dich wartet, es ſind noch nicht aller Tagen Abend; darum laſſe du das Lachen und Spotten den Kinderen und Thoren uͤber, er ſahe ein Truppen Buben mit Rybanden auf den Huͤten, um das Bett herum, weil er bey geſunden Tagen an ſolchen liederlichen Thorheiten und Stempeneyen groſſe Luſt hatte, wie quaͤlet das den unſterblichen Geiſt in jener Welt, wann er ſich in dieſer Zeit an ſolchen nichts-waͤhrten Dingen vergaffet, und durch ſeines Fleiſches Muthwillen GOttes unverwelckliches Erbe verlohren, und ſo leichtſinnig darum kommen. Ein wenig darnach bate er, man ſollte doch die bellende Hunde heraus thun, da doch nicht ein Huͤndlein gehoͤrt war; hierauf antwor- tete ihm ein Freund (ſo bey ihm ware, und deme auch ein Schauder durch den Leib gienge, in dem ihn dauchte, es ſeye ein ſchwartz Heer-Laͤger boͤſer Geiſter) nein es ſind die boͤſen Geiſter die deine Seel ſo lang gefangen hielten, und meynen du werdeſt ihnen noch ent- rinnen.
Hier iſt merckwuͤrdig, daß er ſelbigen Winter eine unmaͤßige Luſt hatte mit den Jag-Huͤnden, und wollte noch ein Jaͤger abgeben: Welche und viel dergleichen eckelhaffte kindiſche Luſt und Welt-Geluͤſt
und
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0767"n="671"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">eines Kuͤh-Hirten.</hi></fw><lb/>
an dem, daß er ſollte von hinnen fahren, deſſen ihn auch ein Freund<lb/>
ein paar Stund vor ſeinem Abſcheid erinnerte und ermahnte ſich in<lb/>
Chriſti Arme zu werffen, allein der arme Sterbende konnte kein Ver-<lb/>
trauen ſchoͤpfen aus allem was ihm zu geſprochen war, und bliebe fort<lb/>
und fort in gleichem Zuſtand, ohne daß, da die Angſt ſich mehrete,<lb/>
der Tod herantrate, er in der letzten Nacht vor ſich betten ließ, bald<lb/>
hernach zeigte ihm GOtt im Geiſt, was er geſaͤet bey Leibes Leben,<lb/>
und auch jetzund mit ewiger Schmach und Schande erndten muͤßte,<lb/>
dann ohngeacht er keines wegs verruckt war, auch nicht das minſte<lb/>
Merckzeichen einiger Verruckung ſehen ließ, bey gutem Verſtand blie-<lb/>
be biß an ſein End, und feine Anordnung gab ſeiner leiblichen Sa-<lb/>
chen halber, dennoch als im Schnapp, in dem er alſobald wieder ins<lb/>
Feuer muͤßte (dann er eines ſtarcken, geſunden Temperaments ware,<lb/>
als waͤre er von Stahel und Eiſen.)</p><lb/><p>§. 9. Jch muß hier etwas erzehlen, das manchem ſeltzam vorkom-<noteplace="right">Alles wo-<lb/>
ran er ſei-<lb/>
ne Luſt ge-<lb/>
habt hat<lb/>
kame ihm<lb/>
zu Sinn<lb/>
und ver-<lb/>
mehrte ſei-<lb/>
ne Angſt.</note><lb/>
men moͤchte, allein lache du nur nicht darab, du weißt ja ſelbſt nicht,<lb/>
was dir noch begegnen wird, und was fuͤr ein Schmeltz-Tigel auf dich<lb/>
wartet, es ſind noch nicht aller Tagen Abend; darum laſſe du das<lb/>
Lachen und Spotten den Kinderen und Thoren uͤber, er ſahe ein<lb/>
Truppen Buben mit Rybanden auf den Huͤten, um das Bett herum,<lb/>
weil er bey geſunden Tagen an ſolchen liederlichen Thorheiten und<lb/>
Stempeneyen groſſe Luſt hatte, wie quaͤlet das den unſterblichen Geiſt<lb/>
in jener Welt, wann er ſich in dieſer Zeit an ſolchen nichts-waͤhrten<lb/>
Dingen vergaffet, und durch ſeines Fleiſches Muthwillen GOttes<lb/>
unverwelckliches Erbe verlohren, und ſo leichtſinnig darum kommen.<lb/>
Ein wenig darnach bate er, man ſollte doch die bellende Hunde<lb/>
heraus thun, da doch nicht ein Huͤndlein gehoͤrt war; hierauf antwor-<lb/>
tete ihm ein Freund (ſo bey ihm ware, und deme auch ein Schauder<lb/>
durch den Leib gienge, in dem ihn dauchte, es ſeye ein ſchwartz<lb/>
Heer-Laͤger boͤſer Geiſter) nein es ſind die boͤſen Geiſter die deine<lb/>
Seel ſo lang gefangen hielten, und meynen du werdeſt ihnen noch ent-<lb/>
rinnen.</p><lb/><p>Hier iſt merckwuͤrdig, daß er ſelbigen Winter eine unmaͤßige Luſt<lb/>
hatte mit den Jag-Huͤnden, und wollte noch ein Jaͤger abgeben:<lb/>
Welche und viel dergleichen eckelhaffte kindiſche Luſt und Welt-Geluͤſt<lb/><fwplace="bottom"type="catch">und</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[671/0767]
eines Kuͤh-Hirten.
an dem, daß er ſollte von hinnen fahren, deſſen ihn auch ein Freund
ein paar Stund vor ſeinem Abſcheid erinnerte und ermahnte ſich in
Chriſti Arme zu werffen, allein der arme Sterbende konnte kein Ver-
trauen ſchoͤpfen aus allem was ihm zu geſprochen war, und bliebe fort
und fort in gleichem Zuſtand, ohne daß, da die Angſt ſich mehrete,
der Tod herantrate, er in der letzten Nacht vor ſich betten ließ, bald
hernach zeigte ihm GOtt im Geiſt, was er geſaͤet bey Leibes Leben,
und auch jetzund mit ewiger Schmach und Schande erndten muͤßte,
dann ohngeacht er keines wegs verruckt war, auch nicht das minſte
Merckzeichen einiger Verruckung ſehen ließ, bey gutem Verſtand blie-
be biß an ſein End, und feine Anordnung gab ſeiner leiblichen Sa-
chen halber, dennoch als im Schnapp, in dem er alſobald wieder ins
Feuer muͤßte (dann er eines ſtarcken, geſunden Temperaments ware,
als waͤre er von Stahel und Eiſen.)
§. 9. Jch muß hier etwas erzehlen, das manchem ſeltzam vorkom-
men moͤchte, allein lache du nur nicht darab, du weißt ja ſelbſt nicht,
was dir noch begegnen wird, und was fuͤr ein Schmeltz-Tigel auf dich
wartet, es ſind noch nicht aller Tagen Abend; darum laſſe du das
Lachen und Spotten den Kinderen und Thoren uͤber, er ſahe ein
Truppen Buben mit Rybanden auf den Huͤten, um das Bett herum,
weil er bey geſunden Tagen an ſolchen liederlichen Thorheiten und
Stempeneyen groſſe Luſt hatte, wie quaͤlet das den unſterblichen Geiſt
in jener Welt, wann er ſich in dieſer Zeit an ſolchen nichts-waͤhrten
Dingen vergaffet, und durch ſeines Fleiſches Muthwillen GOttes
unverwelckliches Erbe verlohren, und ſo leichtſinnig darum kommen.
Ein wenig darnach bate er, man ſollte doch die bellende Hunde
heraus thun, da doch nicht ein Huͤndlein gehoͤrt war; hierauf antwor-
tete ihm ein Freund (ſo bey ihm ware, und deme auch ein Schauder
durch den Leib gienge, in dem ihn dauchte, es ſeye ein ſchwartz
Heer-Laͤger boͤſer Geiſter) nein es ſind die boͤſen Geiſter die deine
Seel ſo lang gefangen hielten, und meynen du werdeſt ihnen noch ent-
rinnen.
Alles wo-
ran er ſei-
ne Luſt ge-
habt hat
kame ihm
zu Sinn
und ver-
mehrte ſei-
ne Angſt.
Hier iſt merckwuͤrdig, daß er ſelbigen Winter eine unmaͤßige Luſt
hatte mit den Jag-Huͤnden, und wollte noch ein Jaͤger abgeben:
Welche und viel dergleichen eckelhaffte kindiſche Luſt und Welt-Geluͤſt
und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 671. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/767>, abgerufen am 30.01.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.