unresolvierten Flatter-Geister geben kan, ist gründliche Hertzens-BußEin siche- res Mittel den Ban- gigkeiten abzukom- men. und ein bitteres Weinen in der Gefängniß Babylons nach der ver- heissenen Herrlichkeit der reinen himmlischen Natur Christi, woge- gen Satan am grimmigsten wütet. Jch kannte eine in GOTT ver- liebte Person, die wollte ihren Sachen rathen und es einmahl recht anfahen, sie bettete und weinete sehr zu Christo mit häuffigen Thrä- nen, sie nahm Papier und Federn, die rothe Dinten mußten ihre Adern hergeben, dann ihr Hertz war also gesinnet, daß sie sich mit ihrem eigenen Blut Christo auf ewig verschreiben wollte; als nun die Handschrifft fertig und sie selbe mit ihrem Nahmen unterzeichnen woll- te, da kracheten alle Wände und sie meinte nichts anders, als das Hauß werd ob ihrem Haupt zusammen fallen, auch nahm der Teufel seinen Abschied mit einem höllischen Gestanck, der Teufel fühlts wo es Ernst ist und er Christo Platz muß machen.
Satan kommet den Glau- bigen bey,
§. 29. Jch habe droben gesagt, daß dergleichen Seelen-Aengsten allen Kindern GOttes gemein sind; die Ursach ist, weil der Feind zu allen dann und wann Acceß findet.
§. 30. Dann (1.) er findet sie je zuweilen im Guten träg, im Ge-wann sie im Guten träg seynd und von JESU. weichen. bett schläfferig, ausgekehrt und vereitlet, da kan er ihnen fürtreff- lich beykommen, und sie entweders in grobe Sünden stürtzen, wie David geschehen 2 Sam. XI. und Petro Matth. XXVI. der wohl um den Glauben kommen wäre, wann Christus nicht für ihn gebet- ten Luc. XXII. 31. 32. oder, mit feurigen Angst-Pfeilen zerquälen, daß der Glaube fast unten ligt. Drum sagt Petrus: Seyd nüch- tern und wachet, dann euer Widersacher etc. 1 Petr. V. 8. der höllisch Bär oder Ketten-Hund ist vom HErren der Herr- lichkeit auf der Welt-Straß hart an der Haußthür angebunden, wilt du nicht von demselben gebissen seyn, so bleib daheim, es gilt nicht GOtt, den Teufel und sich selbst wollen versuchen, es ist wohl man- chem übel abgeloffen, daß er des Aufstehens und Wider-Heimkom- mens vergessen für ein und allemahl. Wo gehet ein arm Schaaf oh- ne Schaden aus seiner Pferch? Entfernet sich auch ein Pilgrim oh- ne Gefahr von der Reise-Gesellschafft entweder zerrissen oder ermor- det zu werden? konnte auch ein Thier aus der Arch lauffen ohne zu ersauffen. Ach man gedenckt nicht, daß das Fleisch in Bekehrten eben so arg sey als in der Welt, man trauet einem schwachen An- fang und bildet sich Wunder ein, man verlaßt sich auf seine Beine, wagt sich aufs Eiß, und wo es GOTT nicht gnädiglich verhütet,
bricht
R r r 3
Gedancken von den Seelen-Aengſten.
unreſolvierten Flatter-Geiſter geben kan, iſt gruͤndliche Hertzens-BußEin ſiche- res Mittel den Ban- gigkeiten abzukom- men. und ein bitteres Weinen in der Gefaͤngniß Babylons nach der ver- heiſſenen Herrlichkeit der reinen himmliſchen Natur Chriſti, woge- gen Satan am grimmigſten wuͤtet. Jch kannte eine in GOTT ver- liebte Perſon, die wollte ihren Sachen rathen und es einmahl recht anfahen, ſie bettete und weinete ſehr zu Chriſto mit haͤuffigen Thraͤ- nen, ſie nahm Papier und Federn, die rothe Dinten mußten ihre Adern hergeben, dann ihr Hertz war alſo geſinnet, daß ſie ſich mit ihrem eigenen Blut Chriſto auf ewig verſchreiben wollte; als nun die Handſchrifft fertig und ſie ſelbe mit ihrem Nahmen unterzeichnen woll- te, da kracheten alle Waͤnde und ſie meinte nichts anders, als das Hauß werd ob ihrem Haupt zuſammen fallen, auch nahm der Teufel ſeinen Abſchied mit einem hoͤlliſchen Geſtanck, der Teufel fuͤhlts wo es Ernſt iſt und er Chriſto Platz muß machen.
Satan kommet den Glau- bigen bey,
§. 29. Jch habe droben geſagt, daß dergleichen Seelen-Aengſten allen Kindern GOttes gemein ſind; die Urſach iſt, weil der Feind zu allen dann und wann Acceß findet.
§. 30. Dann (1.) er findet ſie je zuweilen im Guten traͤg, im Ge-wann ſie im Guten traͤg ſeynd und von JESU. weichen. bett ſchlaͤfferig, ausgekehrt und vereitlet, da kan er ihnen fuͤrtreff- lich beykommen, und ſie entweders in grobe Suͤnden ſtuͤrtzen, wie David geſchehen 2 Sam. XI. und Petro Matth. XXVI. der wohl um den Glauben kommen waͤre, wann Chriſtus nicht fuͤr ihn gebet- ten Luc. XXII. 31. 32. oder, mit feurigen Angſt-Pfeilen zerquaͤlen, daß der Glaube faſt unten ligt. Drum ſagt Petrus: Seyd nuͤch- tern und wachet, dann euer Widerſacher ꝛc. 1 Petr. V. 8. der hoͤlliſch Baͤr oder Ketten-Hund iſt vom HErren der Herr- lichkeit auf der Welt-Straß hart an der Haußthuͤr angebunden, wilt du nicht von demſelben gebiſſen ſeyn, ſo bleib daheim, es gilt nicht GOtt, den Teufel und ſich ſelbſt wollen verſuchen, es iſt wohl man- chem uͤbel abgeloffen, daß er des Aufſtehens und Wider-Heimkom- mens vergeſſen fuͤr ein und allemahl. Wo gehet ein arm Schaaf oh- ne Schaden aus ſeiner Pferch? Entfernet ſich auch ein Pilgrim oh- ne Gefahr von der Reiſe-Geſellſchafft entweder zerriſſen oder ermor- det zu werden? konnte auch ein Thier aus der Arch lauffen ohne zu erſauffen. Ach man gedenckt nicht, daß das Fleiſch in Bekehrten eben ſo arg ſey als in der Welt, man trauet einem ſchwachen An- fang und bildet ſich Wunder ein, man verlaßt ſich auf ſeine Beine, wagt ſich aufs Eiß, und wo es GOTT nicht gnaͤdiglich verhuͤtet,
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Gedancken von den Seelen-Aengſten.
unreſolvierten Flatter-Geiſter geben kan, iſt gruͤndliche Hertzens-Buß
und ein bitteres Weinen in der Gefaͤngniß Babylons nach der ver-
heiſſenen Herrlichkeit der reinen himmliſchen Natur Chriſti, woge-
gen Satan am grimmigſten wuͤtet. Jch kannte eine in GOTT ver-
liebte Perſon, die wollte ihren Sachen rathen und es einmahl recht
anfahen, ſie bettete und weinete ſehr zu Chriſto mit haͤuffigen Thraͤ-
nen, ſie nahm Papier und Federn, die rothe Dinten mußten ihre
Adern hergeben, dann ihr Hertz war alſo geſinnet, daß ſie ſich mit
ihrem eigenen Blut Chriſto auf ewig verſchreiben wollte; als nun die
Handſchrifft fertig und ſie ſelbe mit ihrem Nahmen unterzeichnen woll-
te, da kracheten alle Waͤnde und ſie meinte nichts anders, als das
Hauß werd ob ihrem Haupt zuſammen fallen, auch nahm der Teufel
ſeinen Abſchied mit einem hoͤlliſchen Geſtanck, der Teufel fuͤhlts wo es
Ernſt iſt und er Chriſto Platz muß machen.
Ein ſiche-
res Mittel
den Ban-
gigkeiten
abzukom-
men.
§. 29. Jch habe droben geſagt, daß dergleichen Seelen-Aengſten
allen Kindern GOttes gemein ſind; die Urſach iſt, weil der Feind
zu allen dann und wann Acceß findet.
§. 30. Dann (1.) er findet ſie je zuweilen im Guten traͤg, im Ge-
bett ſchlaͤfferig, ausgekehrt und vereitlet, da kan er ihnen fuͤrtreff-
lich beykommen, und ſie entweders in grobe Suͤnden ſtuͤrtzen, wie
David geſchehen 2 Sam. XI. und Petro Matth. XXVI. der wohl
um den Glauben kommen waͤre, wann Chriſtus nicht fuͤr ihn gebet-
ten Luc. XXII. 31. 32. oder, mit feurigen Angſt-Pfeilen zerquaͤlen,
daß der Glaube faſt unten ligt. Drum ſagt Petrus: Seyd nuͤch-
tern und wachet, dann euer Widerſacher ꝛc. 1 Petr.
V. 8. der hoͤlliſch Baͤr oder Ketten-Hund iſt vom HErren der Herr-
lichkeit auf der Welt-Straß hart an der Haußthuͤr angebunden, wilt
du nicht von demſelben gebiſſen ſeyn, ſo bleib daheim, es gilt nicht
GOtt, den Teufel und ſich ſelbſt wollen verſuchen, es iſt wohl man-
chem uͤbel abgeloffen, daß er des Aufſtehens und Wider-Heimkom-
mens vergeſſen fuͤr ein und allemahl. Wo gehet ein arm Schaaf oh-
ne Schaden aus ſeiner Pferch? Entfernet ſich auch ein Pilgrim oh-
ne Gefahr von der Reiſe-Geſellſchafft entweder zerriſſen oder ermor-
det zu werden? konnte auch ein Thier aus der Arch lauffen ohne zu
erſauffen. Ach man gedenckt nicht, daß das Fleiſch in Bekehrten
eben ſo arg ſey als in der Welt, man trauet einem ſchwachen An-
fang und bildet ſich Wunder ein, man verlaßt ſich auf ſeine Beine,
wagt ſich aufs Eiß, und wo es GOTT nicht gnaͤdiglich verhuͤtet,
bricht
wann ſie
im Guten
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weichen.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 501. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/597>, abgerufen am 22.11.2024.
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