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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Die unter der Kelter des Zorns GOttes.
und so hertzliche Freud an mir habet, daß es scheinet, es sollte uns
nichts können von einander scheiden, und ihr werdet biß auf die äus-
serste Noth bey mir ausdauren, so ist dennoch euer Fleisch schwach,
also daß ihr euch daran mächtig stossen werdet, wann ihr sehet, wie
man mit mir umgehet; darum ihr desto mehr Ursach habt, wider
diese euere Schwachheit zu kämpffen, und nach meines Vatters Gnad
zu dürsten; die aber nicht an Streit wollen, sollen als träge Sol-
daten erwürget, und von dem Himmelreich ausgeschlossen seyn. Da-
rum so wachet, munteret euch auf; thut euerem Fleisch Gewalt an,
damit ihr nicht unten liget.

Welche
auch uns
angehen

§. 9. Dieses gehet auch dich an lieber Mensch, und nicht nur die
Jünger; dann die Gefahr, in deren du steckest, ist eben so groß;
darum hast du eben so grosse, ja vielleicht noch weit grössere Ursach
als sie die Jünger; dann bey ihnen war damahlen JEsus gegenwär-
tig; ob Er aber bey dir seye, stehet dahin; darum wache und bet-
te, dann der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach.
Und
darzu vermahnet JEsus die Jünger zu dreyen mahlen;

und sollen
uns be-
schämt
machen.

§. 10. Mercke hier des HErren grosse Gedult und Sanfftmuth;
Sein Geblüt ware in einer hefftigen Bewegung; Aber sein Geist be-
herschte dennoch den von unbeschreiblicher Höllen-Angst erregten Jast
des Geblüts, daß Er über seine schläfferige Jünger gar nicht ent-
rüstet, oder ungedultig wird, sondern sie mit gröster Sanfftmuth
und Gedult zu dreyenmahlen auf das freundlichste warnet und ver-
mahnet, sprechende zu ihnen, auch das letzte mahl: Ach wollt ihr
nun schlaffen und ruben?
O theurster JEsu! wie machest du mit
dieser deiner ungemeinen Sanfftmuth mich und viele andere zu schan-
den! wann wir jemanden zwey oder dreymahl aber vergeblich gewar-
net, so hat alle Gedult ein End, und können uns bald des Zorns
oder Unmuths nicht enthalten! O theurster Jmmanuel! Ach daß
wir doch deine Lamms-Art an uns hätten! weil wir sie aber noch nicht
haben, so mache uns, ja die gantze Welt derselben bäldigst theilhaff-
tig, damit endlich, nach deiner Verheissung, die zornige Wölffe
und die sanfften Schaaf auf einer Weide seyn mögen.

Theils
sein Ge-
bett, wel-
ches uns
lehret

§. 11. (3.) Bestehet das Verhalten JEsu in seiner Seelen-Angst,
darinn daß Er bettet: Er sucht derselben nicht loß zu werden durch
eitele und weltliche Lustbarkeiten, noch auch durch Artzneyen; dann
Er wußte wohl, daß diese Angst ihne überfallen wegen denen unge-

heuren

Die unter der Kelter des Zorns GOttes.
und ſo hertzliche Freud an mir habet, daß es ſcheinet, es ſollte uns
nichts koͤnnen von einander ſcheiden, und ihr werdet biß auf die aͤuſ-
ſerſte Noth bey mir ausdauren, ſo iſt dennoch euer Fleiſch ſchwach,
alſo daß ihr euch daran maͤchtig ſtoſſen werdet, wann ihr ſehet, wie
man mit mir umgehet; darum ihr deſto mehr Urſach habt, wider
dieſe euere Schwachheit zu kaͤmpffen, und nach meines Vatters Gnad
zu duͤrſten; die aber nicht an Streit wollen, ſollen als traͤge Sol-
daten erwuͤrget, und von dem Himmelreich ausgeſchloſſen ſeyn. Da-
rum ſo wachet, munteret euch auf; thut euerem Fleiſch Gewalt an,
damit ihr nicht unten liget.

Welche
auch uns
angehen

§. 9. Dieſes gehet auch dich an lieber Menſch, und nicht nur die
Juͤnger; dann die Gefahr, in deren du ſteckeſt, iſt eben ſo groß;
darum haſt du eben ſo groſſe, ja vielleicht noch weit groͤſſere Urſach
als ſie die Juͤnger; dann bey ihnen war damahlen JEſus gegenwaͤr-
tig; ob Er aber bey dir ſeye, ſtehet dahin; darum wache und bet-
te, dann der Geiſt iſt willig, aber das Fleiſch iſt ſchwach.
Und
darzu vermahnet JEſus die Juͤnger zu dreyen mahlen;

und ſollen
uns be-
ſchaͤmt
machen.

§. 10. Mercke hier des HErren groſſe Gedult und Sanfftmuth;
Sein Gebluͤt ware in einer hefftigen Bewegung; Aber ſein Geiſt be-
herſchte dennoch den von unbeſchreiblicher Hoͤllen-Angſt erregten Jaſt
des Gebluͤts, daß Er uͤber ſeine ſchlaͤfferige Juͤnger gar nicht ent-
ruͤſtet, oder ungedultig wird, ſondern ſie mit groͤſter Sanfftmuth
und Gedult zu dreyenmahlen auf das freundlichſte warnet und ver-
mahnet, ſprechende zu ihnen, auch das letzte mahl: Ach wollt ihr
nun ſchlaffen und ruben?
O theurſter JEſu! wie macheſt du mit
dieſer deiner ungemeinen Sanfftmuth mich und viele andere zu ſchan-
den! wann wir jemanden zwey oder dreymahl aber vergeblich gewar-
net, ſo hat alle Gedult ein End, und koͤnnen uns bald des Zorns
oder Unmuths nicht enthalten! O theurſter Jmmanuel! Ach daß
wir doch deine Lamms-Art an uns haͤtten! weil wir ſie aber noch nicht
haben, ſo mache uns, ja die gantze Welt derſelben baͤldigſt theilhaff-
tig, damit endlich, nach deiner Verheiſſung, die zornige Woͤlffe
und die ſanfften Schaaf auf einer Weide ſeyn moͤgen.

Theils
ſein Ge-
bett, wel-
ches uns
lehret

§. 11. (3.) Beſtehet das Verhalten JEſu in ſeiner Seelen-Angſt,
darinn daß Er bettet: Er ſucht derſelben nicht loß zu werden durch
eitele und weltliche Luſtbarkeiten, noch auch durch Artzneyen; dann
Er wußte wohl, daß dieſe Angſt ihne uͤberfallen wegen denen unge-

heuren
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[428/0524] Die unter der Kelter des Zorns GOttes. und ſo hertzliche Freud an mir habet, daß es ſcheinet, es ſollte uns nichts koͤnnen von einander ſcheiden, und ihr werdet biß auf die aͤuſ- ſerſte Noth bey mir ausdauren, ſo iſt dennoch euer Fleiſch ſchwach, alſo daß ihr euch daran maͤchtig ſtoſſen werdet, wann ihr ſehet, wie man mit mir umgehet; darum ihr deſto mehr Urſach habt, wider dieſe euere Schwachheit zu kaͤmpffen, und nach meines Vatters Gnad zu duͤrſten; die aber nicht an Streit wollen, ſollen als traͤge Sol- daten erwuͤrget, und von dem Himmelreich ausgeſchloſſen ſeyn. Da- rum ſo wachet, munteret euch auf; thut euerem Fleiſch Gewalt an, damit ihr nicht unten liget. §. 9. Dieſes gehet auch dich an lieber Menſch, und nicht nur die Juͤnger; dann die Gefahr, in deren du ſteckeſt, iſt eben ſo groß; darum haſt du eben ſo groſſe, ja vielleicht noch weit groͤſſere Urſach als ſie die Juͤnger; dann bey ihnen war damahlen JEſus gegenwaͤr- tig; ob Er aber bey dir ſeye, ſtehet dahin; darum wache und bet- te, dann der Geiſt iſt willig, aber das Fleiſch iſt ſchwach. Und darzu vermahnet JEſus die Juͤnger zu dreyen mahlen; §. 10. Mercke hier des HErren groſſe Gedult und Sanfftmuth; Sein Gebluͤt ware in einer hefftigen Bewegung; Aber ſein Geiſt be- herſchte dennoch den von unbeſchreiblicher Hoͤllen-Angſt erregten Jaſt des Gebluͤts, daß Er uͤber ſeine ſchlaͤfferige Juͤnger gar nicht ent- ruͤſtet, oder ungedultig wird, ſondern ſie mit groͤſter Sanfftmuth und Gedult zu dreyenmahlen auf das freundlichſte warnet und ver- mahnet, ſprechende zu ihnen, auch das letzte mahl: Ach wollt ihr nun ſchlaffen und ruben? O theurſter JEſu! wie macheſt du mit dieſer deiner ungemeinen Sanfftmuth mich und viele andere zu ſchan- den! wann wir jemanden zwey oder dreymahl aber vergeblich gewar- net, ſo hat alle Gedult ein End, und koͤnnen uns bald des Zorns oder Unmuths nicht enthalten! O theurſter Jmmanuel! Ach daß wir doch deine Lamms-Art an uns haͤtten! weil wir ſie aber noch nicht haben, ſo mache uns, ja die gantze Welt derſelben baͤldigſt theilhaff- tig, damit endlich, nach deiner Verheiſſung, die zornige Woͤlffe und die ſanfften Schaaf auf einer Weide ſeyn moͤgen. §. 11. (3.) Beſtehet das Verhalten JEſu in ſeiner Seelen-Angſt, darinn daß Er bettet: Er ſucht derſelben nicht loß zu werden durch eitele und weltliche Luſtbarkeiten, noch auch durch Artzneyen; dann Er wußte wohl, daß dieſe Angſt ihne uͤberfallen wegen denen unge- heuren

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/524>, abgerufen am 22.11.2024.