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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Der geistliche Frühling.
Braut abbildet: wann das Kindlein JEsus weinete, ware es gleich
einer Rose mit Thau benetzet; O der unbefleckten Lieblichkeit, biß
ins dreyßigste Jahr ware er als eine Blume, hie noch nicht aufge-
gangen, aber hernach erfüllete sie das gantze Land mit ihrem Geruch
wie die Rosen-Stöcke zu Jericho; Wie erfrischete der süsse Gruch
seines Evangelii alle geängstete Hertzen zum ewigen Leben a! alle Be-
gierige, von Sünd, Tod, Teufel, Höll, Gequälte habens empfun-
den, und wann du die Krafft der Gnaden-Verheissungen fühlest, so
halt dir GOTT diese Himmels-Rose an die Nasen in deiner geist-
lichen Ohnmacht: Da die Macht der Finsterniß über JEsum kame,
da schiene er vor aller Welt ausgerottet, aber es gienge mit ihm,
wie mit den Blumen, die sich des Nachts zuschliessen, als wären sie
gar verwelcket, wenn sie aber die Sonnen-Stralen rühren, werden
sie wieder lebendig, also kame JEsus rein und hell ohne Sünd als
der ausgegossene Glantz der Herrlichkeit GOttes aus dem Grab:
Ach wie offt meynt auch eine Seele, wann die schwere Leidens-Nacht
kommt, das Leben JEsu wolle gar in ihr verwelcken; aber es ist nur
eine Erfrischung, am Morgen stehet sie voll Mayen-Thau des H.
Geistes und die Glaubens-Kräfften als zugefallene Blätter öffnen
sich gegen dem Himmel, der sie hervorgebracht. Jn seiner Himmel-
fahrt wurde er vom Felde genommen, ins Paradieß versetzt, dorten
aller Engeln Lust und Freude, und aller Patriarchen und Propheten
Augen-Weid und Hertzens-Wonne zu seyn, GOtt zu Verherrli-
chung und uns armen Pilgrim zur Stärckung, Leben und Wonne
seeliger Erquickung.

§. 3. Ach daß du HErr JEsu, der du so tieff von der Welt ver-Bitt zu
ihme,

achtet und so hoch von GOtt dem Vatter geliebet bist, auch unsere
liebste, edelste Blum seyest, die wir mit sehnlicher Begierd in unser
Hertz zur Zierde setzen, den Gestanck aller Sünden zu vertreiben;
O daß wir dich mit keinen sündlichen Gedancken mehr befleckten,
vielmehr uns Tag und Nacht an dir als unserem wahren allerschön-
sten Himmel ergötzeten, O daß dein heilger Sinn in uns blühete!
Laß uns doch wie Mosi deine Herrlichkeit sehen b, und deine Krafft
riechen wie die Braut c? Ach warum offenbahrestu dich nicht der
Welt d? Da doch um der Menschen willen am Oelberg dich vom

Hagel
a Joh. VI. 68. & 2 Cor. II. 14. & 1 Joh. I. 1.
b Exod. XXXIV.
c Cant. I.
d Joh. XIV.

Der geiſtliche Fruͤhling.
Braut abbildet: wann das Kindlein JEſus weinete, ware es gleich
einer Roſe mit Thau benetzet; O der unbefleckten Lieblichkeit, biß
ins dreyßigſte Jahr ware er als eine Blume, hie noch nicht aufge-
gangen, aber hernach erfuͤllete ſie das gantze Land mit ihrem Geruch
wie die Roſen-Stoͤcke zu Jericho; Wie erfriſchete der ſuͤſſe Gruch
ſeines Evangelii alle geaͤngſtete Hertzen zum ewigen Leben a! alle Be-
gierige, von Suͤnd, Tod, Teufel, Hoͤll, Gequaͤlte habens empfun-
den, und wann du die Krafft der Gnaden-Verheiſſungen fuͤhleſt, ſo
halt dir GOTT dieſe Himmels-Roſe an die Naſen in deiner geiſt-
lichen Ohnmacht: Da die Macht der Finſterniß uͤber JEſum kame,
da ſchiene er vor aller Welt ausgerottet, aber es gienge mit ihm,
wie mit den Blumen, die ſich des Nachts zuſchlieſſen, als waͤren ſie
gar verwelcket, wenn ſie aber die Sonnen-Stralen ruͤhren, werden
ſie wieder lebendig, alſo kame JEſus rein und hell ohne Suͤnd als
der ausgegoſſene Glantz der Herrlichkeit GOttes aus dem Grab:
Ach wie offt meynt auch eine Seele, wann die ſchwere Leidens-Nacht
kommt, das Leben JEſu wolle gar in ihr verwelcken; aber es iſt nur
eine Erfriſchung, am Morgen ſtehet ſie voll Mayen-Thau des H.
Geiſtes und die Glaubens-Kraͤfften als zugefallene Blaͤtter oͤffnen
ſich gegen dem Himmel, der ſie hervorgebracht. Jn ſeiner Himmel-
fahrt wurde er vom Felde genommen, ins Paradieß verſetzt, dorten
aller Engeln Luſt und Freude, und aller Patriarchen und Propheten
Augen-Weid und Hertzens-Wonne zu ſeyn, GOtt zu Verherrli-
chung und uns armen Pilgrim zur Staͤrckung, Leben und Wonne
ſeeliger Erquickung.

§. 3. Ach daß du HErr JEſu, der du ſo tieff von der Welt ver-Bitt zu
ihme,

achtet und ſo hoch von GOtt dem Vatter geliebet biſt, auch unſere
liebſte, edelſte Blum ſeyeſt, die wir mit ſehnlicher Begierd in unſer
Hertz zur Zierde ſetzen, den Geſtanck aller Suͤnden zu vertreiben;
O daß wir dich mit keinen ſuͤndlichen Gedancken mehr befleckten,
vielmehr uns Tag und Nacht an dir als unſerem wahren allerſchoͤn-
ſten Himmel ergoͤtzeten, O daß dein heilger Sinn in uns bluͤhete!
Laß uns doch wie Moſi deine Herrlichkeit ſehen b, und deine Krafft
riechen wie die Braut c? Ach warum offenbahreſtu dich nicht der
Welt d? Da doch um der Menſchen willen am Oelberg dich vom

Hagel
a Joh. VI. 68. & 2 Cor. II. 14. & 1 Joh. I. 1.
b Exod. XXXIV.
c Cant. I.
d Joh. XIV.
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[343/0439] Der geiſtliche Fruͤhling. Braut abbildet: wann das Kindlein JEſus weinete, ware es gleich einer Roſe mit Thau benetzet; O der unbefleckten Lieblichkeit, biß ins dreyßigſte Jahr ware er als eine Blume, hie noch nicht aufge- gangen, aber hernach erfuͤllete ſie das gantze Land mit ihrem Geruch wie die Roſen-Stoͤcke zu Jericho; Wie erfriſchete der ſuͤſſe Gruch ſeines Evangelii alle geaͤngſtete Hertzen zum ewigen Leben a! alle Be- gierige, von Suͤnd, Tod, Teufel, Hoͤll, Gequaͤlte habens empfun- den, und wann du die Krafft der Gnaden-Verheiſſungen fuͤhleſt, ſo halt dir GOTT dieſe Himmels-Roſe an die Naſen in deiner geiſt- lichen Ohnmacht: Da die Macht der Finſterniß uͤber JEſum kame, da ſchiene er vor aller Welt ausgerottet, aber es gienge mit ihm, wie mit den Blumen, die ſich des Nachts zuſchlieſſen, als waͤren ſie gar verwelcket, wenn ſie aber die Sonnen-Stralen ruͤhren, werden ſie wieder lebendig, alſo kame JEſus rein und hell ohne Suͤnd als der ausgegoſſene Glantz der Herrlichkeit GOttes aus dem Grab: Ach wie offt meynt auch eine Seele, wann die ſchwere Leidens-Nacht kommt, das Leben JEſu wolle gar in ihr verwelcken; aber es iſt nur eine Erfriſchung, am Morgen ſtehet ſie voll Mayen-Thau des H. Geiſtes und die Glaubens-Kraͤfften als zugefallene Blaͤtter oͤffnen ſich gegen dem Himmel, der ſie hervorgebracht. Jn ſeiner Himmel- fahrt wurde er vom Felde genommen, ins Paradieß verſetzt, dorten aller Engeln Luſt und Freude, und aller Patriarchen und Propheten Augen-Weid und Hertzens-Wonne zu ſeyn, GOtt zu Verherrli- chung und uns armen Pilgrim zur Staͤrckung, Leben und Wonne ſeeliger Erquickung. §. 3. Ach daß du HErr JEſu, der du ſo tieff von der Welt ver- achtet und ſo hoch von GOtt dem Vatter geliebet biſt, auch unſere liebſte, edelſte Blum ſeyeſt, die wir mit ſehnlicher Begierd in unſer Hertz zur Zierde ſetzen, den Geſtanck aller Suͤnden zu vertreiben; O daß wir dich mit keinen ſuͤndlichen Gedancken mehr befleckten, vielmehr uns Tag und Nacht an dir als unſerem wahren allerſchoͤn- ſten Himmel ergoͤtzeten, O daß dein heilger Sinn in uns bluͤhete! Laß uns doch wie Moſi deine Herrlichkeit ſehen b, und deine Krafft riechen wie die Braut c? Ach warum offenbahreſtu dich nicht der Welt d? Da doch um der Menſchen willen am Oelberg dich vom Hagel Bitt zu ihme, a Joh. VI. 68. & 2 Cor. II. 14. & 1 Joh. I. 1. b Exod. XXXIV. c Cant. I. d Joh. XIV.

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/439>, abgerufen am 10.05.2024.