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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Das Haus GOTTES,

Diß ist allen Menschen ein Paradoxum und widersinniger Wun-
derspruch: Sie meynen, wann sie nur sonst also leben wie es ihnen
gefalle, so habe es kein Noth, sie wollen auch in Himmel, es müßt
ein Wunder seyn; man muß den Himmel eben nicht so eng machen;
allein die elende Leut sollten es ja mit Händen greiffen, daß sie die über-
aus herrlichen Sachen, welche das Alt und Neue Testament denen
Kindern GOttes zueignet und welche das Reich Meßiä als die ver-
sprochene Güter des Neuen Testaments ausmachen, nicht in sich
haben, da sollten sie nachsinnen, woran es doch fehle, da würden
ihnen je bald die Worte Christi einfallen und sie deutlich sehen, es
fehle ihnen nirgends als an der neuen Geburt, da würden sie nicht nur
JEsu auf den Knyen dancken vor so hohe Offenbahrung sondern GOtt
hoch preisen, daß auch unsere Zubereitung zur Ewigkeit in seinen
Händen ist und daß JEsus in eigener hoher Person der Anfänger und
Vollender dieses so herrlichen Gnaden-Wercks in uns seyn will;
aber also gut wird es den wenigsten, theils weil ihr unseelige Men-
schen auch euern natürlichen Verstand nicht einmahl brauchet in
dieser allerwichtigsten Sach; theils weilen euch Teuffel und Welt
weder Weile noch Musse darzu lassen. JEsus wußte, daß die
Pharisäer mit einer Schein-Frommkeit zu frieden waren, sie wuß-
ten das Gesätz, sie gaben viel Allmosen, betteten offt, hüteten sich
vor groben Ausbrüchen in Sünd und Laster, ja sie führten einen recht
strengen Orden, also daß sie auch beym Volck sehr hoch angesehen
waren; Setze nun, es lebte jemand also unter uns, wurde er nicht
meynen, er seye in einem guten Zustand: und just gerad solchen ist
am wenigsten zu helffen, darum ware es nöthig, daß JEsus diesen
Eydschwur darzu thäte. Aber was verachtest du den Heyls-be-
gierigen Nicodemum? Führwahr, wann JEsus heutigs Tags wie-
der auf Erden käme in unsere Häuser und Tempel, ja grad jetzt in
diese Versammlung, müßte er diese Grund-Wahrheit nicht auch
eydlich bestätigen und sagen: Amen/ Amen ich sage euch allen/
wo ihr nicht von oben herab wiedergebohren werdet aus Wasser
und Geist/ so könnet ihr nicht ins Himmelreich eingehen.
So
sind die Leut in einer guten Meynung von ihnen selber, und meynen
es habe nichts zu bedeuten; Lassen ihnen traumen bey ihrem Land-
üblichen Glauben, es stehe wohl, aber höret, der Mund der Wahr-
heit betheuret es mit so vielen Worten. Glaubst du diß hiemit oder

nicht?
Das Haus GOTTES,

Diß iſt allen Menſchen ein Paradoxum und widerſinniger Wun-
derſpruch: Sie meynen, wann ſie nur ſonſt alſo leben wie es ihnen
gefalle, ſo habe es kein Noth, ſie wollen auch in Himmel, es muͤßt
ein Wunder ſeyn; man muß den Himmel eben nicht ſo eng machen;
allein die elende Leut ſollten es ja mit Haͤnden greiffen, daß ſie die uͤber-
aus herrlichen Sachen, welche das Alt und Neue Teſtament denen
Kindern GOttes zueignet und welche das Reich Meßiaͤ als die ver-
ſprochene Guͤter des Neuen Teſtaments ausmachen, nicht in ſich
haben, da ſollten ſie nachſinnen, woran es doch fehle, da wuͤrden
ihnen je bald die Worte Chriſti einfallen und ſie deutlich ſehen, es
fehle ihnen nirgends als an der neuen Geburt, da wuͤrden ſie nicht nur
JEſu auf den Knyen dancken vor ſo hohe Offenbahrung ſondern GOtt
hoch preiſen, daß auch unſere Zubereitung zur Ewigkeit in ſeinen
Haͤnden iſt und daß JEſus in eigener hoher Perſon der Anfaͤnger und
Vollender dieſes ſo herrlichen Gnaden-Wercks in uns ſeyn will;
aber alſo gut wird es den wenigſten, theils weil ihr unſeelige Men-
ſchen auch euern natuͤrlichen Verſtand nicht einmahl brauchet in
dieſer allerwichtigſten Sach; theils weilen euch Teuffel und Welt
weder Weile noch Muſſe darzu laſſen. JEſus wußte, daß die
Phariſaͤer mit einer Schein-Frommkeit zu frieden waren, ſie wuß-
ten das Geſaͤtz, ſie gaben viel Allmoſen, betteten offt, huͤteten ſich
vor groben Ausbruͤchen in Suͤnd und Laſter, ja ſie fuͤhrten einen recht
ſtrengen Orden, alſo daß ſie auch beym Volck ſehr hoch angeſehen
waren; Setze nun, es lebte jemand alſo unter uns, wurde er nicht
meynen, er ſeye in einem guten Zuſtand: und juſt gerad ſolchen iſt
am wenigſten zu helffen, darum ware es noͤthig, daß JEſus dieſen
Eydſchwur darzu thaͤte. Aber was verachteſt du den Heyls-be-
gierigen Nicodemum? Fuͤhrwahr, wann JEſus heutigs Tags wie-
der auf Erden kaͤme in unſere Haͤuſer und Tempel, ja grad jetzt in
dieſe Verſammlung, muͤßte er dieſe Grund-Wahrheit nicht auch
eydlich beſtaͤtigen und ſagen: Amen/ Amen ich ſage euch allen/
wo ihr nicht von oben herab wiedergebohren werdet aus Waſſer
und Geiſt/ ſo koͤnnet ihr nicht ins Himmelreich eingehen.
So
ſind die Leut in einer guten Meynung von ihnen ſelber, und meynen
es habe nichts zu bedeuten; Laſſen ihnen traumen bey ihrem Land-
uͤblichen Glauben, es ſtehe wohl, aber hoͤret, der Mund der Wahr-
heit betheuret es mit ſo vielen Worten. Glaubſt du diß hiemit oder

nicht?
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[192/0288] Das Haus GOTTES, Diß iſt allen Menſchen ein Paradoxum und widerſinniger Wun- derſpruch: Sie meynen, wann ſie nur ſonſt alſo leben wie es ihnen gefalle, ſo habe es kein Noth, ſie wollen auch in Himmel, es muͤßt ein Wunder ſeyn; man muß den Himmel eben nicht ſo eng machen; allein die elende Leut ſollten es ja mit Haͤnden greiffen, daß ſie die uͤber- aus herrlichen Sachen, welche das Alt und Neue Teſtament denen Kindern GOttes zueignet und welche das Reich Meßiaͤ als die ver- ſprochene Guͤter des Neuen Teſtaments ausmachen, nicht in ſich haben, da ſollten ſie nachſinnen, woran es doch fehle, da wuͤrden ihnen je bald die Worte Chriſti einfallen und ſie deutlich ſehen, es fehle ihnen nirgends als an der neuen Geburt, da wuͤrden ſie nicht nur JEſu auf den Knyen dancken vor ſo hohe Offenbahrung ſondern GOtt hoch preiſen, daß auch unſere Zubereitung zur Ewigkeit in ſeinen Haͤnden iſt und daß JEſus in eigener hoher Perſon der Anfaͤnger und Vollender dieſes ſo herrlichen Gnaden-Wercks in uns ſeyn will; aber alſo gut wird es den wenigſten, theils weil ihr unſeelige Men- ſchen auch euern natuͤrlichen Verſtand nicht einmahl brauchet in dieſer allerwichtigſten Sach; theils weilen euch Teuffel und Welt weder Weile noch Muſſe darzu laſſen. JEſus wußte, daß die Phariſaͤer mit einer Schein-Frommkeit zu frieden waren, ſie wuß- ten das Geſaͤtz, ſie gaben viel Allmoſen, betteten offt, huͤteten ſich vor groben Ausbruͤchen in Suͤnd und Laſter, ja ſie fuͤhrten einen recht ſtrengen Orden, alſo daß ſie auch beym Volck ſehr hoch angeſehen waren; Setze nun, es lebte jemand alſo unter uns, wurde er nicht meynen, er ſeye in einem guten Zuſtand: und juſt gerad ſolchen iſt am wenigſten zu helffen, darum ware es noͤthig, daß JEſus dieſen Eydſchwur darzu thaͤte. Aber was verachteſt du den Heyls-be- gierigen Nicodemum? Fuͤhrwahr, wann JEſus heutigs Tags wie- der auf Erden kaͤme in unſere Haͤuſer und Tempel, ja grad jetzt in dieſe Verſammlung, muͤßte er dieſe Grund-Wahrheit nicht auch eydlich beſtaͤtigen und ſagen: Amen/ Amen ich ſage euch allen/ wo ihr nicht von oben herab wiedergebohren werdet aus Waſſer und Geiſt/ ſo koͤnnet ihr nicht ins Himmelreich eingehen. So ſind die Leut in einer guten Meynung von ihnen ſelber, und meynen es habe nichts zu bedeuten; Laſſen ihnen traumen bey ihrem Land- uͤblichen Glauben, es ſtehe wohl, aber hoͤret, der Mund der Wahr- heit betheuret es mit ſo vielen Worten. Glaubſt du diß hiemit oder nicht?

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/288>, abgerufen am 22.11.2024.