niges Nahen des Hertzens zu GOTT, ein wahrhafftiger, unaus- sprechlicher Genuß Christi, welche der entblößte leere Wille allein umarmet. HERR JESU
Wie muß doch einer Seelen seyn! Deren Liebe zu dir rein Die nichts wünschet, nichts verlanget Dann nur dich, dem sie anhanget, Mehr denn alles bist du ihr, Was sie sucht, findt sie in dir.
Diß hohe Gut deß Genusses und der Erkanntniß Christi kan die ewige Majestät allein geben aus lauter Gnaden; alle Wercke und Leyden der Menschen reichen hier nicht zu, daß sie es sich erwerben können.
GOttes unbegreiffliche Barmhertzigkeit tractirt die in Christo verliebte Seele so herrlich in seinem Gnaden-Reich, daß sie in sanff- ter Gemüths-Stille und Klarheit Früchte des ewigen Friedens ha- ben und essen darff, wozu kein Eigenwilliger sein Lebtag den Weg findet a. Diese Morgen-Suppen ist schon was so Glückseliges, daß es ein Vorgeschmack der ruhigen Ewigkeit heissen mag, so mehrentheils in den Schüsseln der Bedrangniß und mancherley Anfechtungen von dem höchsten König und Bräutigam aufgetischet wird, nach dem die erkauffte Seele wohl gepantz erfeget, von unlautern Begierden frey, und von unnützen Gedancken rein worden; Jn diesem Eßsaal ist die Seele vor geistlichen und leiblichen Feinden sicher, weil der starcke GOTT Zebaoth darinn ist.
Da hinein begibt sich die Begnadete als in ihre Vestung, wann sie von der Sünd angegriffen wird: Ein hinein in GOttes Kam- mer, die dir JESUS aufgethan; darinn hält sie sich stille im Wohl- gefallen GOttes, wie Noa im Kasten, biß daß das Ungewitter für- über ist: Hie kan sie das Leyden vergessen, und genießt auch in der grösten Unruh, Schwachheit, Finsterniß, süsse Ruhe; wie eine treue Braut nichts kräfftiger trösten und behertzt machen kan, als der Beystand und Gegenwart ihres Geliebten, dem sie sich gantz an- vertraut, und das Kleinste eben wie das Gröste übergeben: Wann
sie den
aRom. III. 17.
Die geiſtliche Vermaͤhlung JEſu
niges Nahen des Hertzens zu GOTT, ein wahrhafftiger, unaus- ſprechlicher Genuß Chriſti, welche der entbloͤßte leere Wille allein umarmet. HERR JESU
Wie muß doch einer Seelen ſeyn! Deren Liebe zu dir rein Die nichts wuͤnſchet, nichts verlanget Dann nur dich, dem ſie anhanget, Mehr denn alles biſt du ihr, Was ſie ſucht, findt ſie in dir.
Diß hohe Gut deß Genuſſes und der Erkanntniß Chriſti kan die ewige Majeſtaͤt allein geben aus lauter Gnaden; alle Wercke und Leyden der Menſchen reichen hier nicht zu, daß ſie es ſich erwerben koͤnnen.
GOttes unbegreiffliche Barmhertzigkeit tractirt die in Chriſto verliebte Seele ſo herrlich in ſeinem Gnaden-Reich, daß ſie in ſanff- ter Gemuͤths-Stille und Klarheit Fruͤchte des ewigen Friedens ha- ben und eſſen darff, wozu kein Eigenwilliger ſein Lebtag den Weg findet a. Dieſe Morgen-Suppen iſt ſchon was ſo Gluͤckſeliges, daß es ein Vorgeſchmack der ruhigen Ewigkeit heiſſen mag, ſo mehrentheils in den Schuͤſſeln der Bedrangniß und mancherley Anfechtungen von dem hoͤchſten Koͤnig und Braͤutigam aufgetiſchet wird, nach dem die erkauffte Seele wohl gepantz erfeget, von unlautern Begierden frey, und von unnuͤtzen Gedancken rein worden; Jn dieſem Eßſaal iſt die Seele vor geiſtlichen und leiblichen Feinden ſicher, weil der ſtarcke GOTT Zebaoth darinn iſt.
Da hinein begibt ſich die Begnadete als in ihre Veſtung, wann ſie von der Suͤnd angegriffen wird: Ein hinein in GOttes Kam- mer, die dir JESUS aufgethan; darinn haͤlt ſie ſich ſtille im Wohl- gefallen GOttes, wie Noa im Kaſten, biß daß das Ungewitter fuͤr- uͤber iſt: Hie kan ſie das Leyden vergeſſen, und genießt auch in der groͤſten Unruh, Schwachheit, Finſterniß, ſuͤſſe Ruhe; wie eine treue Braut nichts kraͤfftiger troͤſten und behertzt machen kan, als der Beyſtand und Gegenwart ihres Geliebten, dem ſie ſich gantz an- vertraut, und das Kleinſte eben wie das Groͤſte uͤbergeben: Wann
ſie den
aRom. III. 17.
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Die geiſtliche Vermaͤhlung JEſu
niges Nahen des Hertzens zu GOTT, ein wahrhafftiger, unaus-
ſprechlicher Genuß Chriſti, welche der entbloͤßte leere Wille allein
umarmet. HERR JESU
Wie muß doch einer Seelen ſeyn!
Deren Liebe zu dir rein
Die nichts wuͤnſchet, nichts verlanget
Dann nur dich, dem ſie anhanget,
Mehr denn alles biſt du ihr,
Was ſie ſucht, findt ſie in dir.
Diß hohe Gut deß Genuſſes und der Erkanntniß Chriſti kan die
ewige Majeſtaͤt allein geben aus lauter Gnaden; alle Wercke und
Leyden der Menſchen reichen hier nicht zu, daß ſie es ſich erwerben
koͤnnen.
GOttes unbegreiffliche Barmhertzigkeit tractirt die in Chriſto
verliebte Seele ſo herrlich in ſeinem Gnaden-Reich, daß ſie in ſanff-
ter Gemuͤths-Stille und Klarheit Fruͤchte des ewigen Friedens ha-
ben und eſſen darff, wozu kein Eigenwilliger ſein Lebtag den Weg
findet a. Dieſe Morgen-Suppen iſt ſchon was ſo Gluͤckſeliges, daß es
ein Vorgeſchmack der ruhigen Ewigkeit heiſſen mag, ſo mehrentheils
in den Schuͤſſeln der Bedrangniß und mancherley Anfechtungen von
dem hoͤchſten Koͤnig und Braͤutigam aufgetiſchet wird, nach dem
die erkauffte Seele wohl gepantz erfeget, von unlautern Begierden
frey, und von unnuͤtzen Gedancken rein worden; Jn dieſem Eßſaal
iſt die Seele vor geiſtlichen und leiblichen Feinden ſicher, weil der
ſtarcke GOTT Zebaoth darinn iſt.
Da hinein begibt ſich die Begnadete als in ihre Veſtung, wann
ſie von der Suͤnd angegriffen wird: Ein hinein in GOttes Kam-
mer, die dir JESUS aufgethan; darinn haͤlt ſie ſich ſtille im Wohl-
gefallen GOttes, wie Noa im Kaſten, biß daß das Ungewitter fuͤr-
uͤber iſt: Hie kan ſie das Leyden vergeſſen, und genießt auch in der
groͤſten Unruh, Schwachheit, Finſterniß, ſuͤſſe Ruhe; wie eine
treue Braut nichts kraͤfftiger troͤſten und behertzt machen kan, als
der Beyſtand und Gegenwart ihres Geliebten, dem ſie ſich gantz an-
vertraut, und das Kleinſte eben wie das Groͤſte uͤbergeben: Wann
ſie den
a Rom. III. 17.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1404>, abgerufen am 21.11.2024.
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