So viel unser an Christum glauben, gehen ein in diese Ruh: Seli- ge Wüsteney da GOtt mit der Seel umgehet und sich ihr innwen- dig mittheilt, sie erfüllet, weil sie leer, bekleidet mit Liecht und Lie- be, weil sie nacket, erhebt das niedrig und verwandelt sie in sein Bild, weil er sie allein findet.
O heilige, selige Einsamkeit! allwo GOTT seine geheime Woh- nung hat, und in der Seel lebet und herrschet, sie verändert und ihr ein neu Himmelreich zeiget voll Freud und Wonne, voll inniglicher Ruh und Fried. Ja wohl: nach blutigen Schlachten und Uberwin- dungen, auch Liebes-Ubungen gegen arme gefangene Mitmenschen kommt Melchisedech mit Brodt und Wein entgegen, und erfrischet den matten Kämpfer; Allein dieses ist meist nur eine Zubereitung auf neue Versuchungen, Creutzigungen und Tödtungen deß alten Men- schen; Worauf abermahl andere Erquickungen folgen, die wiederum nicht lang wären; Dann, es ist die Schaar die sonder Ruh auf die- ser Welte leidet.
Aus mancher Trübsal Thränen-Flut Hat sich deß reinen Lämmleins Blut Errettet und gewäschen fein, der helle Schein Wird ewig ihre Kleidung seyn.
Die heilig-machende Mittheilungen geschehen am überflüßigsten in unverdaulichsten Bitterkeiten; in der förchterlichen Nacht im Stall der Verlassung wird JEsus gebohren: Süsse Empfindungen und Vorgeschmäcke der künfftigen Welt werden mehr nur gezeigt als zu stetem Genuß und Besitzung überlassen: Wiewohlen die Verschie- denheit Göttlicher Führung hierinn wunderbar und Anbettungs-wür- dig ist; Das eine Gefäß wird mit Wasser oder Wermuth, das an- dere mit Wein oder Honig angefüllt und sind gleichwohlen beyde dem Hauß-Herren lieb und werth: Je abgestorbener ein Gläubiger sei- nem Eigenwillen, je näher kommt er der unaussprechlichen und ver- herrlichten Freude Christi; welche deß geheimen Umgangs mit GOtt gewürdiget werden, deren innere Seelen-Ruhe bestehet fürnehm- lich in der Gewißheit deß unzertrennlichen Bundes mit GOTT und in einer Glaubens-vollen Göttlichen Versicherung, daß sie nichts von GOttes Liebe in Christo scheiden werde; Weder Tod noch Leben,
weder
F f f f f f f 3
Labſal in Truͤbſal.
So viel unſer an Chriſtum glauben, gehen ein in dieſe Ruh: Seli- ge Wuͤſteney da GOtt mit der Seel umgehet und ſich ihr innwen- dig mittheilt, ſie erfuͤllet, weil ſie leer, bekleidet mit Liecht und Lie- be, weil ſie nacket, erhebt das niedrig und verwandelt ſie in ſein Bild, weil er ſie allein findet.
O heilige, ſelige Einſamkeit! allwo GOTT ſeine geheime Woh- nung hat, und in der Seel lebet und herrſchet, ſie veraͤndert und ihr ein neu Himmelreich zeiget voll Freud und Wonne, voll inniglicher Ruh und Fried. Ja wohl: nach blutigen Schlachten und Uberwin- dungen, auch Liebes-Ubungen gegen arme gefangene Mitmenſchen kommt Melchiſedech mit Brodt und Wein entgegen, und erfriſchet den matten Kaͤmpfer; Allein dieſes iſt meiſt nur eine Zubereitung auf neue Verſuchungen, Creutzigungen und Toͤdtungen deß alten Men- ſchen; Worauf abermahl andere Erquickungen folgen, die wiederum nicht lang waͤren; Dann, es iſt die Schaar die ſonder Ruh auf die- ſer Welte leidet.
Aus mancher Truͤbſal Thraͤnen-Flut Hat ſich deß reinen Laͤmmleins Blut Errettet und gewaͤſchen fein, der helle Schein Wird ewig ihre Kleidung ſeyn.
Die heilig-machende Mittheilungen geſchehen am uͤberfluͤßigſten in unverdaulichſten Bitterkeiten; in der foͤrchterlichen Nacht im Stall der Verlaſſung wird JEſus gebohren: Suͤſſe Empfindungen und Vorgeſchmaͤcke der kuͤnfftigen Welt werden mehr nur gezeigt als zu ſtetem Genuß und Beſitzung uͤberlaſſen: Wiewohlen die Verſchie- denheit Goͤttlicher Fuͤhrung hierinn wunderbar und Anbettungs-wuͤr- dig iſt; Das eine Gefaͤß wird mit Waſſer oder Wermuth, das an- dere mit Wein oder Honig angefuͤllt und ſind gleichwohlen beyde dem Hauß-Herren lieb und werth: Je abgeſtorbener ein Glaͤubiger ſei- nem Eigenwillen, je naͤher kommt er der unausſprechlichen und ver- herrlichten Freude Chriſti; welche deß geheimen Umgangs mit GOtt gewuͤrdiget werden, deren innere Seelen-Ruhe beſtehet fuͤrnehm- lich in der Gewißheit deß unzertrennlichen Bundes mit GOTT und in einer Glaubens-vollen Goͤttlichen Verſicherung, daß ſie nichts von GOttes Liebe in Chriſto ſcheiden werde; Weder Tod noch Leben,
weder
F f f f f f f 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f1245"n="1149"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Labſal in Truͤbſal.</hi></fw><lb/>
So viel unſer an Chriſtum glauben, gehen ein in dieſe Ruh: Seli-<lb/>
ge Wuͤſteney da GOtt mit der Seel umgehet und ſich ihr innwen-<lb/>
dig mittheilt, ſie erfuͤllet, weil ſie leer, bekleidet mit Liecht und Lie-<lb/>
be, weil ſie nacket, erhebt das niedrig und verwandelt ſie in ſein Bild,<lb/>
weil er ſie allein findet.</p><lb/><p>O heilige, ſelige Einſamkeit! allwo GOTT ſeine geheime Woh-<lb/>
nung hat, und in der Seel lebet und herrſchet, ſie veraͤndert und ihr<lb/>
ein neu Himmelreich zeiget voll Freud und Wonne, voll inniglicher<lb/>
Ruh und Fried. Ja wohl: nach blutigen Schlachten und Uberwin-<lb/>
dungen, auch Liebes-Ubungen gegen arme gefangene Mitmenſchen<lb/>
kommt Melchiſedech mit Brodt und Wein entgegen, und erfriſchet<lb/>
den matten Kaͤmpfer; Allein dieſes iſt meiſt nur eine Zubereitung auf<lb/>
neue Verſuchungen, Creutzigungen und Toͤdtungen deß alten Men-<lb/>ſchen; Worauf abermahl andere Erquickungen folgen, die wiederum<lb/>
nicht lang waͤren; Dann, es iſt die Schaar die ſonder Ruh auf die-<lb/>ſer Welte leidet.</p><lb/><lgtype="poem"><l>Aus mancher Truͤbſal Thraͤnen-Flut</l><lb/><l><hirendition="#et">Hat ſich deß reinen Laͤmmleins Blut</hi></l><lb/><l>Errettet und gewaͤſchen fein, der helle Schein</l><lb/><l><hirendition="#et">Wird ewig ihre Kleidung ſeyn.</hi></l></lg><lb/><p>Die heilig-machende Mittheilungen geſchehen am uͤberfluͤßigſten in<lb/>
unverdaulichſten Bitterkeiten; in der foͤrchterlichen Nacht im Stall<lb/>
der Verlaſſung wird JEſus gebohren: Suͤſſe Empfindungen und<lb/>
Vorgeſchmaͤcke der kuͤnfftigen Welt werden mehr nur gezeigt als zu<lb/>ſtetem Genuß und Beſitzung uͤberlaſſen: Wiewohlen die Verſchie-<lb/>
denheit Goͤttlicher Fuͤhrung hierinn wunderbar und Anbettungs-wuͤr-<lb/>
dig iſt; Das eine Gefaͤß wird mit Waſſer oder Wermuth, das an-<lb/>
dere mit Wein oder Honig angefuͤllt und ſind gleichwohlen beyde dem<lb/>
Hauß-Herren lieb und werth: Je abgeſtorbener ein Glaͤubiger ſei-<lb/>
nem Eigenwillen, je naͤher kommt er der unausſprechlichen und ver-<lb/>
herrlichten Freude Chriſti; welche deß geheimen Umgangs mit GOtt<lb/>
gewuͤrdiget werden, deren innere Seelen-Ruhe beſtehet fuͤrnehm-<lb/>
lich in der Gewißheit deß unzertrennlichen Bundes mit GOTT und<lb/>
in einer Glaubens-vollen Goͤttlichen Verſicherung, daß ſie nichts von<lb/>
GOttes Liebe in Chriſto ſcheiden werde; Weder Tod noch Leben,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">F f f f f f f 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">weder</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[1149/1245]
Labſal in Truͤbſal.
So viel unſer an Chriſtum glauben, gehen ein in dieſe Ruh: Seli-
ge Wuͤſteney da GOtt mit der Seel umgehet und ſich ihr innwen-
dig mittheilt, ſie erfuͤllet, weil ſie leer, bekleidet mit Liecht und Lie-
be, weil ſie nacket, erhebt das niedrig und verwandelt ſie in ſein Bild,
weil er ſie allein findet.
O heilige, ſelige Einſamkeit! allwo GOTT ſeine geheime Woh-
nung hat, und in der Seel lebet und herrſchet, ſie veraͤndert und ihr
ein neu Himmelreich zeiget voll Freud und Wonne, voll inniglicher
Ruh und Fried. Ja wohl: nach blutigen Schlachten und Uberwin-
dungen, auch Liebes-Ubungen gegen arme gefangene Mitmenſchen
kommt Melchiſedech mit Brodt und Wein entgegen, und erfriſchet
den matten Kaͤmpfer; Allein dieſes iſt meiſt nur eine Zubereitung auf
neue Verſuchungen, Creutzigungen und Toͤdtungen deß alten Men-
ſchen; Worauf abermahl andere Erquickungen folgen, die wiederum
nicht lang waͤren; Dann, es iſt die Schaar die ſonder Ruh auf die-
ſer Welte leidet.
Aus mancher Truͤbſal Thraͤnen-Flut
Hat ſich deß reinen Laͤmmleins Blut
Errettet und gewaͤſchen fein, der helle Schein
Wird ewig ihre Kleidung ſeyn.
Die heilig-machende Mittheilungen geſchehen am uͤberfluͤßigſten in
unverdaulichſten Bitterkeiten; in der foͤrchterlichen Nacht im Stall
der Verlaſſung wird JEſus gebohren: Suͤſſe Empfindungen und
Vorgeſchmaͤcke der kuͤnfftigen Welt werden mehr nur gezeigt als zu
ſtetem Genuß und Beſitzung uͤberlaſſen: Wiewohlen die Verſchie-
denheit Goͤttlicher Fuͤhrung hierinn wunderbar und Anbettungs-wuͤr-
dig iſt; Das eine Gefaͤß wird mit Waſſer oder Wermuth, das an-
dere mit Wein oder Honig angefuͤllt und ſind gleichwohlen beyde dem
Hauß-Herren lieb und werth: Je abgeſtorbener ein Glaͤubiger ſei-
nem Eigenwillen, je naͤher kommt er der unausſprechlichen und ver-
herrlichten Freude Chriſti; welche deß geheimen Umgangs mit GOtt
gewuͤrdiget werden, deren innere Seelen-Ruhe beſtehet fuͤrnehm-
lich in der Gewißheit deß unzertrennlichen Bundes mit GOTT und
in einer Glaubens-vollen Goͤttlichen Verſicherung, daß ſie nichts von
GOttes Liebe in Chriſto ſcheiden werde; Weder Tod noch Leben,
weder
F f f f f f f 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1245>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.