Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

Labsal in Trübsal.
wollte ich euch heissen weit von mir weichen, nun aber betrachtet
doch, daß ich dieses Wort, kommt her zu mir! je aus keinem un-
freundlichen Hertzen, sondern aus einem geneigten, brüderlichen und
günstigen Willen zu euch rede, darum verziehet nicht, sondern fin-
det euch schnell, behend und bald zu mir. Sage derohalben nichts
weiters.

Ach es gehet mich nicht an, er meint mich darum nicht? Dann
wisse o lieber Freund! Er rufft uns, dich und mich, die wir unsere
Sünd fühlen und tragen, darum laßt uns zu JESU nahen, die
Ohren aufthun und hören, wie er gern alle, alle haben will bey sich;
siehest du wohl daß er dich nicht ausschließt und verstoßt.

dann er ist
allen Sün-
dern zum
Heyl und
Seegen
gemacht
worden.

§. 4. Einw. Ach JESUS kennt mich allzuwohl, wie untreu,
schalckhafftig und bößartig ich mich bißher gegen ihm verhalten, sei-
ne Heiligkeit läßt ihme nicht zu mit mir Gemeinschafft zu haben?

Antw. GOTTES Sohn hat die Trost-volleste Nahmen vor dich
und deines gleichen, denen die den Richter zu strenger Straff gerei-
tzet, ist er der Gnaden-Thron, denen die den Fluch in sich getruncken
aus dem Sünden-Kelch, ist er der Seegen, denen welche die Ver-
dammniß am verbottenen Versuch-Baum geessen, ist er der See-
ligmacher; Er ist der Artzt derer die an der Seelen tödtlich kranck
und verwundet; Die Stärcke derer die keinen Anfall der Feinden
abzutreiben vermögen wegen äusserster Schwachheit; Der Trost der-
jenigen die von Betrübniß fast verschlungen werden; Die Freud de-
rer die von der grossen Freude am Kinde zu Bethlehem wenig geko-
stet: Der Reichthum derer die sehr arm sind an geistlichen Schä-
tzen und Gaben, ein Labsal derjenigen denen das arme Hertz vor We-
hemuth einschmurren, brechen und versincken will; Das Brodt de-
rer die vor Hunger und Mattigkeit kaum einen Schritt auf dem schma-
len Lebens-Weg fortsetzen können; ein Brunn derer Zunge vor Durst
verschmachtet, in dem sie kümmerlich ein Tröpffgen von den Wassern
deß Heyls kriegen; ein Erlöser derer, die in tausend Banden gefan-
gen sitzen und nicht eines davon auflösen können; ein Liecht derer
die in ängstlicher Finsterniß und Schatten deß Todes sitzen. Der
Weg derer die in einem unseligen Labyrinth allerhand Zorn- und
Ruin drohender Einfällen verirret, und nirgends heraus wissen; die
Zuflucht derjenigen, denen Welt, Sünd, Teufel, Höll auf den Fer-
sen nachrennet, und die keine sichere Stätte wissen, wohin sie ent-

fliehen

Labſal in Truͤbſal.
wollte ich euch heiſſen weit von mir weichen, nun aber betrachtet
doch, daß ich dieſes Wort, kommt her zu mir! je aus keinem un-
freundlichen Hertzen, ſondern aus einem geneigten, bruͤderlichen und
guͤnſtigen Willen zu euch rede, darum verziehet nicht, ſondern fin-
det euch ſchnell, behend und bald zu mir. Sage derohalben nichts
weiters.

Ach es gehet mich nicht an, er meint mich darum nicht? Dann
wiſſe o lieber Freund! Er rufft uns, dich und mich, die wir unſere
Suͤnd fuͤhlen und tragen, darum laßt uns zu JESU nahen, die
Ohren aufthun und hoͤren, wie er gern alle, alle haben will bey ſich;
ſieheſt du wohl daß er dich nicht ausſchließt und verſtoßt.

dann er iſt
allen Suͤn-
dern zum
Heyl und
Seegen
gemacht
worden.

§. 4. Einw. Ach JESUS kennt mich allzuwohl, wie untreu,
ſchalckhafftig und boͤßartig ich mich bißher gegen ihm verhalten, ſei-
ne Heiligkeit laͤßt ihme nicht zu mit mir Gemeinſchafft zu haben?

Antw. GOTTES Sohn hat die Troſt-volleſte Nahmen vor dich
und deines gleichen, denen die den Richter zu ſtrenger Straff gerei-
tzet, iſt er der Gnaden-Thron, denen die den Fluch in ſich getruncken
aus dem Suͤnden-Kelch, iſt er der Seegen, denen welche die Ver-
dammniß am verbottenen Verſuch-Baum geeſſen, iſt er der See-
ligmacher; Er iſt der Artzt derer die an der Seelen toͤdtlich kranck
und verwundet; Die Staͤrcke derer die keinen Anfall der Feinden
abzutreiben vermoͤgen wegen aͤuſſerſter Schwachheit; Der Troſt der-
jenigen die von Betruͤbniß faſt verſchlungen werden; Die Freud de-
rer die von der groſſen Freude am Kinde zu Bethlehem wenig geko-
ſtet: Der Reichthum derer die ſehr arm ſind an geiſtlichen Schaͤ-
tzen und Gaben, ein Labſal derjenigen denen das arme Hertz vor We-
hemuth einſchmurren, brechen und verſincken will; Das Brodt de-
rer die vor Hunger und Mattigkeit kaum einen Schritt auf dem ſchma-
len Lebens-Weg fortſetzen koͤnnen; ein Brunn derer Zunge vor Durſt
verſchmachtet, in dem ſie kuͤmmerlich ein Troͤpffgen von den Waſſern
deß Heyls kriegen; ein Erloͤſer derer, die in tauſend Banden gefan-
gen ſitzen und nicht eines davon aufloͤſen koͤnnen; ein Liecht derer
die in aͤngſtlicher Finſterniß und Schatten deß Todes ſitzen. Der
Weg derer die in einem unſeligen Labyrinth allerhand Zorn- und
Ruin drohender Einfaͤllen verirret, und nirgends heraus wiſſen; die
Zuflucht derjenigen, denen Welt, Suͤnd, Teufel, Hoͤll auf den Fer-
ſen nachrennet, und die keine ſichere Staͤtte wiſſen, wohin ſie ent-

fliehen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1238" n="1142"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Lab&#x017F;al in Tru&#x0364;b&#x017F;al.</hi></fw><lb/>
wollte ich euch hei&#x017F;&#x017F;en weit von mir weichen, nun aber betrachtet<lb/>
doch, daß ich die&#x017F;es Wort, kommt her zu mir! je aus keinem un-<lb/>
freundlichen Hertzen, &#x017F;ondern aus einem geneigten, bru&#x0364;derlichen und<lb/>
gu&#x0364;n&#x017F;tigen Willen zu euch rede, darum verziehet nicht, &#x017F;ondern fin-<lb/>
det euch &#x017F;chnell, behend und bald zu mir. Sage derohalben nichts<lb/>
weiters.</p><lb/>
          <p>Ach es gehet mich nicht an, er meint mich darum nicht? Dann<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;e o lieber Freund! Er rufft uns, dich und mich, die wir un&#x017F;ere<lb/>
Su&#x0364;nd fu&#x0364;hlen und tragen, darum laßt uns zu JESU nahen, die<lb/>
Ohren aufthun und ho&#x0364;ren, wie er gern alle, alle haben will bey &#x017F;ich;<lb/>
&#x017F;iehe&#x017F;t du wohl daß er dich nicht aus&#x017F;chließt und ver&#x017F;toßt.</p><lb/>
          <note place="left">dann er i&#x017F;t<lb/>
allen Su&#x0364;n-<lb/>
dern zum<lb/>
Heyl und<lb/>
Seegen<lb/>
gemacht<lb/>
worden.</note>
          <p>§. 4. Einw. Ach JESUS kennt mich allzuwohl, wie untreu,<lb/>
&#x017F;chalckhafftig und bo&#x0364;ßartig ich mich bißher gegen ihm verhalten, &#x017F;ei-<lb/>
ne Heiligkeit la&#x0364;ßt ihme nicht zu mit mir Gemein&#x017F;chafft zu haben?</p><lb/>
          <p>Antw. GOTTES Sohn hat die Tro&#x017F;t-volle&#x017F;te Nahmen vor dich<lb/>
und deines gleichen, denen die den Richter zu &#x017F;trenger Straff gerei-<lb/>
tzet, i&#x017F;t er der Gnaden-Thron, denen die den Fluch in &#x017F;ich getruncken<lb/>
aus dem Su&#x0364;nden-Kelch, i&#x017F;t er der Seegen, denen welche die Ver-<lb/>
dammniß am verbottenen Ver&#x017F;uch-Baum gee&#x017F;&#x017F;en, i&#x017F;t er der See-<lb/>
ligmacher; Er i&#x017F;t der Artzt derer die an der Seelen to&#x0364;dtlich kranck<lb/>
und verwundet; Die Sta&#x0364;rcke derer die keinen Anfall der Feinden<lb/>
abzutreiben vermo&#x0364;gen wegen a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ter Schwachheit; Der Tro&#x017F;t der-<lb/>
jenigen die von Betru&#x0364;bniß fa&#x017F;t ver&#x017F;chlungen werden; Die Freud de-<lb/>
rer die von der gro&#x017F;&#x017F;en Freude am Kinde zu Bethlehem wenig geko-<lb/>
&#x017F;tet: Der Reichthum derer die &#x017F;ehr arm &#x017F;ind an gei&#x017F;tlichen Scha&#x0364;-<lb/>
tzen und Gaben, ein Lab&#x017F;al derjenigen denen das arme Hertz vor We-<lb/>
hemuth ein&#x017F;chmurren, brechen und ver&#x017F;incken will; Das Brodt de-<lb/>
rer die vor Hunger und Mattigkeit kaum einen Schritt auf dem &#x017F;chma-<lb/>
len Lebens-Weg fort&#x017F;etzen ko&#x0364;nnen; ein Brunn derer Zunge vor Dur&#x017F;t<lb/>
ver&#x017F;chmachtet, in dem &#x017F;ie ku&#x0364;mmerlich ein Tro&#x0364;pffgen von den Wa&#x017F;&#x017F;ern<lb/>
deß Heyls kriegen; ein Erlo&#x0364;&#x017F;er derer, die in tau&#x017F;end Banden gefan-<lb/>
gen &#x017F;itzen und nicht eines davon auflo&#x0364;&#x017F;en ko&#x0364;nnen; ein Liecht derer<lb/>
die in a&#x0364;ng&#x017F;tlicher Fin&#x017F;terniß und Schatten deß Todes &#x017F;itzen. Der<lb/>
Weg derer die in einem un&#x017F;eligen Labyrinth allerhand Zorn- und<lb/>
Ruin drohender Einfa&#x0364;llen verirret, und nirgends heraus wi&#x017F;&#x017F;en; die<lb/>
Zuflucht derjenigen, denen Welt, Su&#x0364;nd, Teufel, Ho&#x0364;ll auf den Fer-<lb/>
&#x017F;en nachrennet, und die keine &#x017F;ichere Sta&#x0364;tte wi&#x017F;&#x017F;en, wohin &#x017F;ie ent-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">fliehen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1142/1238] Labſal in Truͤbſal. wollte ich euch heiſſen weit von mir weichen, nun aber betrachtet doch, daß ich dieſes Wort, kommt her zu mir! je aus keinem un- freundlichen Hertzen, ſondern aus einem geneigten, bruͤderlichen und guͤnſtigen Willen zu euch rede, darum verziehet nicht, ſondern fin- det euch ſchnell, behend und bald zu mir. Sage derohalben nichts weiters. Ach es gehet mich nicht an, er meint mich darum nicht? Dann wiſſe o lieber Freund! Er rufft uns, dich und mich, die wir unſere Suͤnd fuͤhlen und tragen, darum laßt uns zu JESU nahen, die Ohren aufthun und hoͤren, wie er gern alle, alle haben will bey ſich; ſieheſt du wohl daß er dich nicht ausſchließt und verſtoßt. §. 4. Einw. Ach JESUS kennt mich allzuwohl, wie untreu, ſchalckhafftig und boͤßartig ich mich bißher gegen ihm verhalten, ſei- ne Heiligkeit laͤßt ihme nicht zu mit mir Gemeinſchafft zu haben? Antw. GOTTES Sohn hat die Troſt-volleſte Nahmen vor dich und deines gleichen, denen die den Richter zu ſtrenger Straff gerei- tzet, iſt er der Gnaden-Thron, denen die den Fluch in ſich getruncken aus dem Suͤnden-Kelch, iſt er der Seegen, denen welche die Ver- dammniß am verbottenen Verſuch-Baum geeſſen, iſt er der See- ligmacher; Er iſt der Artzt derer die an der Seelen toͤdtlich kranck und verwundet; Die Staͤrcke derer die keinen Anfall der Feinden abzutreiben vermoͤgen wegen aͤuſſerſter Schwachheit; Der Troſt der- jenigen die von Betruͤbniß faſt verſchlungen werden; Die Freud de- rer die von der groſſen Freude am Kinde zu Bethlehem wenig geko- ſtet: Der Reichthum derer die ſehr arm ſind an geiſtlichen Schaͤ- tzen und Gaben, ein Labſal derjenigen denen das arme Hertz vor We- hemuth einſchmurren, brechen und verſincken will; Das Brodt de- rer die vor Hunger und Mattigkeit kaum einen Schritt auf dem ſchma- len Lebens-Weg fortſetzen koͤnnen; ein Brunn derer Zunge vor Durſt verſchmachtet, in dem ſie kuͤmmerlich ein Troͤpffgen von den Waſſern deß Heyls kriegen; ein Erloͤſer derer, die in tauſend Banden gefan- gen ſitzen und nicht eines davon aufloͤſen koͤnnen; ein Liecht derer die in aͤngſtlicher Finſterniß und Schatten deß Todes ſitzen. Der Weg derer die in einem unſeligen Labyrinth allerhand Zorn- und Ruin drohender Einfaͤllen verirret, und nirgends heraus wiſſen; die Zuflucht derjenigen, denen Welt, Suͤnd, Teufel, Hoͤll auf den Fer- ſen nachrennet, und die keine ſichere Staͤtte wiſſen, wohin ſie ent- fliehen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1238
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1238>, abgerufen am 20.05.2024.