gedultigen, demüthigen, GOtt anklebenden Sinns allenthalben von sich werffend;
§. 9. Was kan da, frage ich, wohl anders seyn, als ein leichter,Jn Anse- hung ihrer Ruhe und Stille. getröster, freudiger Muth und ein stoltze Ruh nach dem inneren Menschen auch in denen grösten Trübsalen, grad eben wie das Gold, wann es von seinen Schlacken gereiniget und genug geläutert ist, so bleibt es im Tigel gantz und ruhig liegen ohne ängst- liches Zaplen, und gläntzet wie ein schönes Sternlein, wurde sich auch nicht ändern, sollte es noch ein gantz Jahr in heissester Glut gelassen werden: Als lange aber was zu reinigen wäre, so müßten sich die Schlacken und das Gold mit einander überwerffen, und könnte das Gold zu keiner unbeweglichen Stille kommen; gleicher- massen wird es keinem gestattet zu einer so gleichmüthigen, seeligen, stillen Willens-Ruh innerlich einzugehen wie die Sternen äus- serlich haben am Firmament, er seye dann durch die enge Pforte ins Himmelreich durchgetrungen, von der reinen Liebe Christi durch- glüet, und von der Weißheit des Heil. Geistes durchläuchtig ge- macht:
§. 10. Es bleibet darbey, daß wer die ruhige Stille der Ster-Wie diese Ruhe zu erlangen und zu be- halten seye. nen auf eine geistliche himmlische Weise haben und behalten will, der muß in der rechten Hand U. H. J. C. unverruckt innen bleiben, dann so bald die geringste, eigensinnige, ungläubige Uberlegung über Ver- gangenes oder Zukünfftiges die Seel einschleichen, und fassen mag, so gebiert es Schlacken, und Unreinigkeiten, diese aber erregen Unruh, Rauch und Dampf, wodurch der Glantz beneblet wird, und die Ruhe weggeht: muß hiemit manches Unlautere und aus dem irrdischen Sinn anklebende abgethan werden! und wie vieles eigene haben, kö- nen, wissen, seyn muß nicht von Zeit zu Zeit immer aufs neue in heisser Angst abgeschmeltzt werden, ehe ein Mensch wie ein helleuchtender Car- funckelstein und schöner Stern an der Hand des wahren Salomons, als seinem rechten, einigen Himmel in ungestörter Ruhe und ewiger Stille schimmern kan; Ach wann es schon das Ansehen hat, man seye von allem auf Erden gantz überall loß und frey, so ist man dennoch heim- lich froh, daß GOtt das einem lasse, was man etwan in strenger Versu- chung hat müssen aufopffern, ja nur nicht so hoch zu steigen, wie leicht er- schleicht uns in der Sicherheit und himmlischen Gnaden-Schein ein Gedancke wir haben nun die Stätte der Ruhe erreichet, weilen uns eben
kein
C c c c c c
ewige Sternen-Himmel.
gedultigen, demuͤthigen, GOtt anklebenden Sinns allenthalben von ſich werffend;
§. 9. Was kan da, frage ich, wohl anders ſeyn, als ein leichter,Jn Anſe- hung ihrer Ruhe und Stille. getroͤſter, freudiger Muth und ein ſtoltze Ruh nach dem inneren Menſchen auch in denen groͤſten Truͤbſalen, grad eben wie das Gold, wann es von ſeinen Schlacken gereiniget und genug gelaͤutert iſt, ſo bleibt es im Tigel gantz und ruhig liegen ohne aͤngſt- liches Zaplen, und glaͤntzet wie ein ſchoͤnes Sternlein, wurde ſich auch nicht aͤndern, ſollte es noch ein gantz Jahr in heiſſeſter Glut gelaſſen werden: Als lange aber was zu reinigen waͤre, ſo muͤßten ſich die Schlacken und das Gold mit einander uͤberwerffen, und koͤnnte das Gold zu keiner unbeweglichen Stille kommen; gleicher- maſſen wird es keinem geſtattet zu einer ſo gleichmuͤthigen, ſeeligen, ſtillen Willens-Ruh innerlich einzugehen wie die Sternen aͤuſ- ſerlich haben am Firmament, er ſeye dann durch die enge Pforte ins Himmelreich durchgetrungen, von der reinen Liebe Chriſti durch- gluͤet, und von der Weißheit des Heil. Geiſtes durchlaͤuchtig ge- macht:
§. 10. Es bleibet darbey, daß wer die ruhige Stille der Ster-Wie dieſe Ruhe zu erlangen und zu be- halten ſeye. nen auf eine geiſtliche himmliſche Weiſe haben und behalten will, der muß in der rechten Hand U. H. J. C. unverruckt innen bleiben, dann ſo bald die geringſte, eigenſinnige, unglaͤubige Uberlegung uͤber Ver- gangenes oder Zukuͤnfftiges die Seel einſchleichen, und faſſen mag, ſo gebiert es Schlacken, und Unreinigkeiten, dieſe aber erregen Unruh, Rauch und Dampf, wodurch der Glantz beneblet wird, und die Ruhe weggeht: muß hiemit manches Unlautere und aus dem irrdiſchen Sinn anklebende abgethan werden! und wie vieles eigene haben, koͤ- nen, wiſſen, ſeyn muß nicht von Zeit zu Zeit immer aufs neue in heiſſer Angſt abgeſchmeltzt werden, ehe ein Menſch wie ein helleuchtender Car- funckelſtein und ſchoͤner Stern an der Hand des wahren Salomons, als ſeinem rechten, einigen Himmel in ungeſtoͤrter Ruhe und ewiger Stille ſchimmern kan; Ach wann es ſchon das Anſehen hat, man ſeye von allem auf Erden gantz uͤberall loß und frey, ſo iſt man dennoch heim- lich froh, daß GOtt das einem laſſe, was man etwan in ſtrenger Verſu- chung hat muͤſſen aufopffern, ja nur nicht ſo hoch zu ſteigen, wie leicht er- ſchleicht uns in der Sicherheit und himmliſchen Gnaden-Schein ein Gedancke wir haben nun die Staͤtte der Ruhe erreichet, weilen uns eben
kein
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ewige Sternen-Himmel.
gedultigen, demuͤthigen, GOtt anklebenden Sinns allenthalben von
ſich werffend;
§. 9. Was kan da, frage ich, wohl anders ſeyn, als ein leichter,
getroͤſter, freudiger Muth und ein ſtoltze Ruh nach
dem inneren Menſchen auch in denen groͤſten Truͤbſalen, grad eben
wie das Gold, wann es von ſeinen Schlacken gereiniget und genug
gelaͤutert iſt, ſo bleibt es im Tigel gantz und ruhig liegen ohne aͤngſt-
liches Zaplen, und glaͤntzet wie ein ſchoͤnes Sternlein, wurde ſich
auch nicht aͤndern, ſollte es noch ein gantz Jahr in heiſſeſter Glut
gelaſſen werden: Als lange aber was zu reinigen waͤre, ſo muͤßten
ſich die Schlacken und das Gold mit einander uͤberwerffen, und
koͤnnte das Gold zu keiner unbeweglichen Stille kommen; gleicher-
maſſen wird es keinem geſtattet zu einer ſo gleichmuͤthigen, ſeeligen,
ſtillen Willens-Ruh innerlich einzugehen wie die Sternen aͤuſ-
ſerlich haben am Firmament, er ſeye dann durch die enge Pforte ins
Himmelreich durchgetrungen, von der reinen Liebe Chriſti durch-
gluͤet, und von der Weißheit des Heil. Geiſtes durchlaͤuchtig ge-
macht:
Jn Anſe-
hung ihrer
Ruhe und
Stille.
§. 10. Es bleibet darbey, daß wer die ruhige Stille der Ster-
nen auf eine geiſtliche himmliſche Weiſe haben und behalten will, der
muß in der rechten Hand U. H. J. C. unverruckt innen bleiben, dann
ſo bald die geringſte, eigenſinnige, unglaͤubige Uberlegung uͤber Ver-
gangenes oder Zukuͤnfftiges die Seel einſchleichen, und faſſen mag,
ſo gebiert es Schlacken, und Unreinigkeiten, dieſe aber erregen Unruh,
Rauch und Dampf, wodurch der Glantz beneblet wird, und die Ruhe
weggeht: muß hiemit manches Unlautere und aus dem irrdiſchen
Sinn anklebende abgethan werden! und wie vieles eigene haben, koͤ-
nen, wiſſen, ſeyn muß nicht von Zeit zu Zeit immer aufs neue in heiſſer
Angſt abgeſchmeltzt werden, ehe ein Menſch wie ein helleuchtender Car-
funckelſtein und ſchoͤner Stern an der Hand des wahren Salomons,
als ſeinem rechten, einigen Himmel in ungeſtoͤrter Ruhe und ewiger
Stille ſchimmern kan; Ach wann es ſchon das Anſehen hat, man ſeye
von allem auf Erden gantz uͤberall loß und frey, ſo iſt man dennoch heim-
lich froh, daß GOtt das einem laſſe, was man etwan in ſtrenger Verſu-
chung hat muͤſſen aufopffern, ja nur nicht ſo hoch zu ſteigen, wie leicht er-
ſchleicht uns in der Sicherheit und himmliſchen Gnaden-Schein ein
Gedancke wir haben nun die Staͤtte der Ruhe erreichet, weilen uns eben
kein
Wie dieſe
Ruhe zu
erlangen
und zu be-
halten
ſeye.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 937. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1033>, abgerufen am 22.11.2024.
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