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Leibniz, Gottfried Wilhelm: Unvorgreiffliche Gedancken, betreffend die Ausübung und Verbesserung der Teutschen Sprache. In: Pietsch, Paul (Hg.), Leibniz und die deutsche Sprache. Berlin, 1908 (= Wissenschaftliche Beihefte zur Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins, Vierte Reihe), S. 327-356.

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desto besser zu erkennen, davon auch bereits der tieffsinnige Claubergius
seine eigene Gedancken gehabt, und davon etwas in einem kleinen
Büchlein angezeiget.

51. Ich habe auch bereits vor vielen Jahren einen sehr gelehrten
Mann dahin vermocht, dass er auff die Arbeit eines Sächsischen
Glossarii die Gedancken gerichtet, und etwas davon hinterlassen, und
sind mir noch einige andere treffliche Leute bekandt, so mit dergleichen
umgehen, theils auch von mir dazu bracht worden, also dass wenn sie
und andere durch kräfftige Hülffe und nahe Zusammensetzung auffge-
muntert würden, etwas schönes herfürkommen dürffte.

52. So viel aber einen Teutschen Wörter-Schatz betreffen würde,
gehöreten Leute dazu, so in der Natur der Dinge, sonderlich der
Kräuter und Thiere, Feuer-Kunst (oder Chymi) Wiss-Kunst oder
Mathematic und daran hangenden Bau-Künsten und andern Kunst-Wercken,
Weberey und so genannten Manufacturen, Handel, Schiffarth,
Berg- und Saltzwercks-Sachen, und was dergleichen mehr, erfahren.
Welche Personen dann, weil einer allem nicht gewachsen, die deutliche
Nachrichtungen durch gewisses Verständniss unter einander zu-
sammen bringen könten, und zumahl in grossen Städten die beste
Gelegenheit dazu finden würden. So auch wohl vor sich gehen dürffte,
wenn einige Beförderung von hoher Hand nicht ermangeln solte.

53. Man hat bereits absonderliche Teutsche Werke verschiedener
Professionen, so hierinn zu statten kämen und zu ergäntzen wären;
so würde auch was von den Frantzosen und Engländern geschehen,
einige Hülffe und Anlass zur Nachfrage geben; das meiste aber müste
von den Leuten jeder Profession selbst erfraget werden, wie mich dann
erinnere, dass zu Zeiten berühmte Prediger in die Kram-Winckel oder
Läden und Werckstätte gangen, um die rechten Nahmen und Be-
deutungen zu erfahren, und so wohl richtig als verständig von allen
Dingen zu reden.

54. Es ist auch bekandt, dass viel Worte in gemeinen Gebrauch
kommen seyn, die von den Künsten entlehnet, oder doch eine ge-
wisse Bedeutung von ihnen bekommen, deren Ursach diejenigen nicht
verstehen, so von solcher Kunst oder Profession nichts wissen, als zum

desto besser zu erkennen, davon auch bereits der tieffsinnige Claubergius
seine eigene Gedancken gehabt, und davon etwas in einem kleinen
Büchlein angezeiget.

51. Ich habe auch bereits vor vielen Jahren einen sehr gelehrten
Mann dahin vermocht, dass er auff die Arbeit eines Sächsischen
Glossarii die Gedancken gerichtet, und etwas davon hinterlassen, und
sind mir noch einige andere treffliche Leute bekandt, so mit dergleichen
umgehen, theils auch von mir dazu bracht worden, also dass wenn sie
und andere durch kräfftige Hülffe und nahe Zusammensetzung auffge-
muntert würden, etwas schönes herfürkommen dürffte.

52. So viel aber einen Teutschen Wörter-Schatz betreffen würde,
gehöreten Leute dazu, so in der Natur der Dinge, sonderlich der
Kräuter und Thiere, Feuer-Kunst (oder Chymi) Wiss-Kunst oder
Mathematic und daran hangenden Bau-Künsten und andern Kunst-Wercken,
Weberey und so genannten Manufacturen, Handel, Schiffarth,
Berg- und Saltzwercks-Sachen, und was dergleichen mehr, erfahren.
Welche Personen dann, weil einer allem nicht gewachsen, die deutliche
Nachrichtungen durch gewisses Verständniss unter einander zu-
sammen bringen könten, und zumahl in grossen Städten die beste
Gelegenheit dazu finden würden. So auch wohl vor sich gehen dürffte,
wenn einige Beförderung von hoher Hand nicht ermangeln solte.

53. Man hat bereits absonderliche Teutsche Werke verschiedener
Professionen, so hierinn zu statten kämen und zu ergäntzen wären;
so würde auch was von den Frantzosen und Engländern geschehen,
einige Hülffe und Anlass zur Nachfrage geben; das meiste aber müste
von den Leuten jeder Profession selbst erfraget werden, wie mich dann
erinnere, dass zu Zeiten berühmte Prediger in die Kram-Winckel oder
Läden und Werckstätte gangen, um die rechten Nahmen und Be-
deutungen zu erfahren, und so wohl richtig als verständig von allen
Dingen zu reden.

54. Es ist auch bekandt, dass viel Worte in gemeinen Gebrauch
kommen seyn, die von den Künsten entlehnet, oder doch eine ge-
wisse Bedeutung von ihnen bekommen, deren Ursach diejenigen nicht
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[342/0016] desto besser zu erkennen, davon auch bereits der tieffsinnige Claubergius seine eigene Gedancken gehabt, und davon etwas in einem kleinen Büchlein angezeiget. 51. Ich habe auch bereits vor vielen Jahren einen sehr gelehrten Mann dahin vermocht, dass er auff die Arbeit eines Sächsischen Glossarii die Gedancken gerichtet, und etwas davon hinterlassen, und sind mir noch einige andere treffliche Leute bekandt, so mit dergleichen umgehen, theils auch von mir dazu bracht worden, also dass wenn sie und andere durch kräfftige Hülffe und nahe Zusammensetzung auffge- muntert würden, etwas schönes herfürkommen dürffte. 52. So viel aber einen Teutschen Wörter-Schatz betreffen würde, gehöreten Leute dazu, so in der Natur der Dinge, sonderlich der Kräuter und Thiere, Feuer-Kunst (oder Chymi) Wiss-Kunst oder Mathematic und daran hangenden Bau-Künsten und andern Kunst-Wercken, Weberey und so genannten Manufacturen, Handel, Schiffarth, Berg- und Saltzwercks-Sachen, und was dergleichen mehr, erfahren. Welche Personen dann, weil einer allem nicht gewachsen, die deutliche Nachrichtungen durch gewisses Verständniss unter einander zu- sammen bringen könten, und zumahl in grossen Städten die beste Gelegenheit dazu finden würden. So auch wohl vor sich gehen dürffte, wenn einige Beförderung von hoher Hand nicht ermangeln solte. 53. Man hat bereits absonderliche Teutsche Werke verschiedener Professionen, so hierinn zu statten kämen und zu ergäntzen wären; so würde auch was von den Frantzosen und Engländern geschehen, einige Hülffe und Anlass zur Nachfrage geben; das meiste aber müste von den Leuten jeder Profession selbst erfraget werden, wie mich dann erinnere, dass zu Zeiten berühmte Prediger in die Kram-Winckel oder Läden und Werckstätte gangen, um die rechten Nahmen und Be- deutungen zu erfahren, und so wohl richtig als verständig von allen Dingen zu reden. 54. Es ist auch bekandt, dass viel Worte in gemeinen Gebrauch kommen seyn, die von den Künsten entlehnet, oder doch eine ge- wisse Bedeutung von ihnen bekommen, deren Ursach diejenigen nicht verstehen, so von solcher Kunst oder Profession nichts wissen, als zum

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Gloning: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-10-05T14:54:07Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-10-05T14:54:07Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • langes s (?): als s transkribiert
  • Vollständigkeit: teilweise erfasst

Die Transkription beruht auf dem Abdruck in Pietsch, Paul (Hg.): Leibniz und die deutsche Sprache. Berlin, 1908 (= Wissenschaftliche Beihefte zur Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins, Vierte Reihe), S. 327-356.

Pietsch stützte sich vor allem auf den Druck von 1717, zog für die Textherstellung aber auch die drei Handschriften A, B, C, alle in Hannover,heran. Der abweichende Schluß der ältesten Handschrift A wird unten in den Paragraphen A114 bis A119 wiedergegeben. Digitale Fassung bearbeitet von Thomas Gloning, Stand 22.7.2000. Korrekturhinweis 20.9.2013: hospes korr. zu hostes (freundlicher Hinweis von Dieter Maue). In A118, Z. 2 wurde "uach" zu "auch" korrigiert, in A119,4 "vermitttelst" zu "vermittelst" (Druckfehler).




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Zitationshilfe: Leibniz, Gottfried Wilhelm: Unvorgreiffliche Gedancken, betreffend die Ausübung und Verbesserung der Teutschen Sprache. In: Pietsch, Paul (Hg.), Leibniz und die deutsche Sprache. Berlin, 1908 (= Wissenschaftliche Beihefte zur Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins, Vierte Reihe), S. 327-356, hier S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/leibniz_sprache_1717/16>, abgerufen am 22.11.2024.