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Knopff, Albrecht F.: Die über dem Todt der Gläubigen reichlich getröstete Leydtragende. Minden, 1710.

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aus eigener / sondern frembden Krafft / nemlich des HErrn ihres GOttes solches verrichtet. Wie nun also die liebe Martha zwar an Christum gläubete / und ihr Hertz gantz aufrichtig war / so war doch ihr Glaube noch gar unvollkommen und mangelhafftig / indem sie Christum nach seiner Persohn noch nicht recht erkante / und daher seine Krafft ihren gestorbenen und schon in der Verwesung liegenden Bruder zu erwecken in Zweiffel zog / denn obwohl Cyrillus vide Cyr. l. 7. c. 18. in Joh. diese Worte der Marthä ausdeutet als eine Bescheidenheit / so weisen doch die folgende Worte deutlich genug ihren Zweiffel / wie wir aus dem 39. vers. sehen / da sie dem Befehl des HErrn: Hebt den Stein abe / beantwortet: HErr / er stincket schon / denn er ist vier Tage gelegen / was wiltu mit einem stinckenden und schon faulenden Cörper anfangen / das ist vergebens. Daher auch der HErr / der das zerstossene Rohr nicht zerbrechen / und das glimmende Tocht nicht auslöschen solte / zu allererst suchet ihren wanckenden Glauben zu stärcken / und die Hoffnung daß er ihm erwecken werde auffzurichten / mit denen Worten: Dein Bruder soll aufferstehen. Darin er ihr nicht allein auf eine Majestätische Weise die Aufferweckung ihres Bruders versichert / sondern auch nicht undeutlich zu verstehen giebt / daß er solches aus eigener Krafft vermöge / welches ein gantz vollkommener Trost für sie gewesen wäre in dieser ihrer Traurigkeit / wo sie die Worte recht verstanden / da sie itz und / weil sie meynet / der HErr rede von der Aufferstehung am jüngsten Tage / diese Antwort also ansiehet / als suche der HErr nur sie damit abzuweisen / da sie wündschete ihren Bruder noch in diesem Leben wieder zu sehen; also thut sie zwar in denen Worten: Ich weiß wol / daß er aufferstehen wird in der

aus eigener / sondern frembden Krafft / nemlich des HErrn ihres GOttes solches verrichtet. Wie nun also die liebe Martha zwar an Christum gläubete / und ihr Hertz gantz aufrichtig war / so war doch ihr Glaube noch gar unvollkommen und mangelhafftig / indem sie Christum nach seiner Persohn noch nicht recht erkante / und daher seine Krafft ihren gestorbenen und schon in der Verwesung liegenden Bruder zu erwecken in Zweiffel zog / denn obwohl Cyrillus vide Cyr. l. 7. c. 18. in Joh. diese Worte der Marthä ausdeutet als eine Bescheidenheit / so weisen doch die folgende Worte deutlich genug ihren Zweiffel / wie wir aus dem 39. vers. sehen / da sie dem Befehl des HErrn: Hebt den Stein abe / beantwortet: HErr / er stincket schon / denn er ist vier Tage gelegen / was wiltu mit einem stinckenden und schon faulenden Cörper anfangen / das ist vergebens. Daher auch der HErr / der das zerstossene Rohr nicht zerbrechen / und das glimmende Tocht nicht auslöschen solte / zu allererst suchet ihren wanckenden Glauben zu stärcken / und die Hoffnung daß er ihm erwecken werde auffzurichten / mit denen Worten: Dein Bruder soll aufferstehen. Darin er ihr nicht allein auf eine Majestätische Weise die Aufferweckung ihres Bruders versichert / sondern auch nicht undeutlich zu verstehen giebt / daß er solches aus eigener Krafft vermöge / welches ein gantz vollkom̃ener Trost für sie gewesen wäre in dieser ihrer Traurigkeit / wo sie die Worte recht verstanden / da sie itz und / weil sie meynet / der HErr rede von der Aufferstehung am jüngsten Tage / diese Antwort also ansiehet / als suche der HErr nur sie damit abzuweisen / da sie wündschete ihren Bruder noch in diesem Leben wieder zu sehen; also thut sie zwar in denen Worten: Ich weiß wol / daß er aufferstehen wird in der

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[21/0023] aus eigener / sondern frembden Krafft / nemlich des HErrn ihres GOttes solches verrichtet. Wie nun also die liebe Martha zwar an Christum gläubete / und ihr Hertz gantz aufrichtig war / so war doch ihr Glaube noch gar unvollkommen und mangelhafftig / indem sie Christum nach seiner Persohn noch nicht recht erkante / und daher seine Krafft ihren gestorbenen und schon in der Verwesung liegenden Bruder zu erwecken in Zweiffel zog / denn obwohl Cyrillus diese Worte der Marthä ausdeutet als eine Bescheidenheit / so weisen doch die folgende Worte deutlich genug ihren Zweiffel / wie wir aus dem 39. vers. sehen / da sie dem Befehl des HErrn: Hebt den Stein abe / beantwortet: HErr / er stincket schon / denn er ist vier Tage gelegen / was wiltu mit einem stinckenden und schon faulenden Cörper anfangen / das ist vergebens. Daher auch der HErr / der das zerstossene Rohr nicht zerbrechen / und das glimmende Tocht nicht auslöschen solte / zu allererst suchet ihren wanckenden Glauben zu stärcken / und die Hoffnung daß er ihm erwecken werde auffzurichten / mit denen Worten: Dein Bruder soll aufferstehen. Darin er ihr nicht allein auf eine Majestätische Weise die Aufferweckung ihres Bruders versichert / sondern auch nicht undeutlich zu verstehen giebt / daß er solches aus eigener Krafft vermöge / welches ein gantz vollkom̃ener Trost für sie gewesen wäre in dieser ihrer Traurigkeit / wo sie die Worte recht verstanden / da sie itz und / weil sie meynet / der HErr rede von der Aufferstehung am jüngsten Tage / diese Antwort also ansiehet / als suche der HErr nur sie damit abzuweisen / da sie wündschete ihren Bruder noch in diesem Leben wieder zu sehen; also thut sie zwar in denen Worten: Ich weiß wol / daß er aufferstehen wird in der vide Cyr. l. 7. c. 18. in Joh.

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  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
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Zitationshilfe: Knopff, Albrecht F.: Die über dem Todt der Gläubigen reichlich getröstete Leydtragende. Minden, 1710, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knopff_todt_1710/23>, abgerufen am 19.04.2024.